Große Teile der Wirtschaft stehen aufgrund der derzeitigen Finanz- und Wirtschaftskrise vor einem Scherbenhaufen. Seit der Lehmann-Pleite im September vergangenen Jahres ist nichts mehr so wie es war. So ist es kaum verwunderlich, dass die Frage nach Werten und dem Platz, den die Ethik in unserem Wirtschaftssystem einnimmt, aktueller ist denn je.
Entsprechend groß war das Interesse an der IHK-Veranstaltungsreihe Kirche und Wirtschaft zum Thema "Führen mit Werten". 270 Gäste waren ins Heilbronner Haus der Wirtschaft (IHK) gekommen, um den Ausführungen von Audi-Werkleiter Dipl.-Ing. Albrecht Reimold und Bischof Dr. Gebhard Fürst von der Diözese Rottenburg-Stuttgart zu folgen. In seiner Begrüßung machte IHK-Präsident Thomas Philippiak klar, dass Unternehmen selbstverständlich zunächst einmal das Ziel hätten, Gewinne zu erzielen. "Das ist keineswegs unmoralisch oder verwerflich. So geben Unternehmen ihren Mitarbeitern und deren Familien Lebensperspektiven, sorgen für Ausbildung und die Chance sich zu entfalten und zu verwirklichen." Dabei müsse allerdings über Werte geführt werden, die als Orientierung im Wirtschaftsleben notwendig seien, betonte Philippiak.
"Wer entscheidet denn darüber, was moralisches und ethisches Führungsverhalten ausmacht?" Eine Frage, die Albrecht Reimold aufwarf, um sogleich zu betonen, dass es für ihn dabei kein Patentrezept gebe. "Führen heißt fragen, nicht antworten", sagte der Audi-Werkleiter und verdeutlichte am Beispiel seines Unternehmens, was in seinen Augen ethische Leitlinien sein könnten. Reimold: "Verantwortung, Glaubwürdigkeit, Motivation, Erneuerungsbereitschaft und Nachhaltigkeit sind Schlüssel zum Erfolg." So sei der schonende Umgang mit Ressourcen und der richtige Einsatz von Fähigkeiten und Begabungen Kern unter-nehmerischen Handelns. Reimold: "Bei uns steht deshalb der Mitarbeiter im Mittelpunkt, nicht der Profit."
Dass diese Mitarbeiter allerdings auch in die Wertediskussion einbezogen werden müssen, machte Bischof Dr. Gebhard Fürst unmissverständlich klar. Fürst: "Es braucht eine Grund-orientierung des Menschen, auf die Industrie, Handel und Hand-werk angewiesen sind. Diese Grundwerte können die Unter-nehmen allerdings nicht selbst produzieren, sie müssen aus der Gesellschaft selbst kommen." Dabei bezeichnete er die Familie als Biotop, als Quellgrund für das Zusammenleben und die Leistungsfähigkeit. Weg von der Kuschelpädagogik - Erziehung ist das Stichwort, so sein Credo. Bischof: "Ich höre immer 'Be-gleitung und Betreuung'". Eltern sind keine Betreuer. Eltern sind verantwortlich für die charakterliche Entfaltung, die Wertorien-tierung ihrer Kinder." So sei Erziehung anhand von christlichen Werten keine Beschränkung des Individuums, sondern basiere auf der langen Geschichte menschlichen Zusammenlebens.
So prägnant die Aussagen der Akteure auf dem Podium - so an-geregt auch die anschließende Diskussion im Haus der Wirt-schaft. Wie lässt sich der Werteverfall stoppen, welche Rolle spielt dabei die Globalisierung, wie kann sich der einzelne Unternehmer verhalten? Viele Fragen, die bei der Veranstaltung nur ansatzweise beantwortet werden konnten, die aber zeigten, wie groß das Bedürfnis nach Orientierung gerade in der heutigen Zeit ist.
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