Die ISTE-Fachtagung zeigt, dass in den Bereichen Naturschutzrecht und Umweltverwaltungsrecht umfangreiche Veränderungen anstehen, die massive Auswirkungen für die Zulassung von Vorhaben der Steine- und Erdenindustrie haben werden.
Die geplante Kompensationsverordnung des Bundes sieht neue Bewertungsmaßstäbe für den Ausgleich von Eingriffen in Natur und Landschaft vor, die teilweise über die bisherige Praxis der Eingriffsregelung hinausgehen. So sieht die Bundeskompensationsverordnung vor, dass strengere Anforderungen an die Abarbeitung der einzelnen Schutzgüter in den Zulassungsverfahren gestellt werden.
Die Verordnung gibt einen Rahmen für die Zustands- und Beeinträchtigungsbewertung vor. Sie enthält eine mit Wertpunkten versehene Biotoptypenliste, die auch als Referenz für die Umsetzung der Eingriffsregelung in den Ländern herangezogen werden kann, wie Michael Heugel vom BMUB ausführte. Im Bereich der funktionsspezifischen Kompensationen gibt es dem Vertreter des Bundesumweltministeriums zufolge Ausnahmen. Die strengen Anforderungen können dann aufgelockert werden, wenn z.B. durch den Abbau höherwertige Biotope geschaffen werden können", so Michael Heugel.
Umweltverwaltungsgesetz fordert frühe Öffentlichkeitsbeteiligung bei Rohstoffgewinnung
Jutta Lück vom Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft stellte die wesentlichen Inhalte der im neuen Umweltverwaltungsgesetz gebündelten Regelungen dar. Insbesondere die frühe Öffentlichkeitsbeteiligung stellt eine wesentliche formelle Neuerung dar. „Viele Betriebe praktizieren dies seit Jahren entsprechend der örtlichen Gepflogenheiten, hierzu lässt das Gesetz weiterhin Raum“, so die Abteilungsleiterin im UM. Im Umkehrschluss bedeutet dies für die anderen Unternehmen, dass vor Antragsstellung ein weiterer Schritt im Genehmigungsverfahren erforderlich wird. Die Ausgestaltung der Beteiligung wird weitgehend den Vorhabensträgern überlassen. Zur Steigerung der Transparenz von Genehmigungsverfahren privater und öffentlicher Vorahaben wird mit dem neuen Gesetz der Scopingtermin für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. „Damit soll die Bevölkerung erfahren wie intensiv Unternehmen und Genehmigungsbehörden um gute Lösungen ringen und so die Akzeptanz von Vorhaben gesteigert werden“, so Jutta Lück.
Das neue Umweltverwaltungsgesetz wurde vom Landtag bereits beschlossen und tritt am 01.01.2015 in Kraft. Frau Lück teilte hierzu noch mit, dass bereits laufende Verfahren von der frühen Öffentlichkeitsbeteiligung nicht mehr betroffen sind.
Weitgehende Veränderungen im Landesnaturschutzrecht
Das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR) Baden-Württemberg sieht sich bei der Novellierung des Landesnaturschutzgesetzes enormen Herausforderungen gegenüber. Ziel der Novellierung ist es Heinz Reinöhl vom MLR zufolge das Landesrecht an das BNatSchG 2010 anzupassen. Wobei dessen Schutzstandard nicht herabgesetzt und Abweichungen vom Bundesrecht nur dann erfolgen, wenn sich bewährte landesrechtliche Standards aus naturschutzfachlicher Sicht als die bessere Variante erwiesen haben. Gleichzeitig sollen Teile der Landesnaturschutzstrategie Eingang finden. "Darüber hinaus haben wir uns vorgenommen den Gesetzesvollzug zu erleichtern", so Reinöhl weiter. "Die Schutzgebietsausweisungsverfahren sollen zumindest in manchen Bereichen auf elektronische Verfahren umgestellt werden, damit wir nicht mit Tonnen von Papier in die Auslegung gehen müssen. Hier herrsche allerdings noch Einigungsbedarf.“
Der Ministeriumsvertreter betonte, dass nach Inkrafttreten des Gesetzes eine Handreichung erarbeitet wird, die eine zusammenfassende Übersicht liefert, so dass eine praxisgerechte Handhabung der Regelungen aus Landes- und Bundesrecht gewährleistet wird. Derzeit befinde sich die Novelle in der Ressortabstimmung. Unter Vorbehalt stellte der Ministeriumsvertreter deshalb einige Inhalte des Entwurfs vor.
Grüne Infrastruktur soll nachhaltige Förderung erfahren
Darüber hinaus soll die Ausformung und Sicherung des Biotopverbundes in den Landschaftsrahmen- und Landschaftsplänen verankert werden. Es sei ein Vermeidungsgebot von Maßnahmen vorgesehen, die die Landschaft zerschneiden", so der Experte. "Zerschneidungen, die sich nicht vermeiden lassen, müssen in geeigneter Form ausgeglichen werden."
Bezüglich der Ersatzmaßnahmen im Rahmen der Eingriffsregelung soll der Raum zur Suche von Ersatzmaßnahmen in den Naturräumen Fränkisches Keuper-Lias-Land, Hochrheingebiet und Mainfränkische Platten auf benachbarte Naturräume dritter Ordnung in Baden-Württemberg erweitert werden. Der Vertreter des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz ging beim 17. Steine- und Erden-Seminar davon aus, dass der Gesetzesentwurf noch vor der Sommerpause 2015 im baden-württembergischen Landtag verabschiedet wird.
Landesweite Waldausgleichsbörse soll helfen Eingriffe im Forst zu kompensieren
Matthias Schappert vom Regierungspräsidium Tübingen und Katrin Büttner von der Flächenagentur Baden-Württemberg stellten im Rahmen der Fachtagung die neue landesweite Waldausgleichbörse vor. Der Waldflächenzuwachs soll künftig gezielt für den forstrechtlichen Ausgleich eingesetzt werden, sodass gleichzeitig produktive landwirtschaftliche Nutzflächen eine Schonung erfahren. Ähnlich dem naturschutzrechtlichen Ökokonto werden dabei Erstaufforstungen als forstrechtliche Ausgleichsfläche bevorratet und bei Eingriffen in Waldgebieten zum Ausgleich herangezogen. Antragsteller von Erstaufforstungen werden zukünftig um Zustimmung gebeten, ihre forstrechtlichen Flächen für den Ausgleich zur Verfügung zu stellen. Wobei die Mindestanforderung an eine Erstaufforstung ein naturnaher Mischbestand ist auch Sukzessionsflächen finden Eingang in die Waldausgleichsbörse.
Die landweite Waldausgleichsbörse wurde in die Flächenagentur Baden-Württemberg integriert. Sie vermittelt Ökopunkte, Ökokonto-Maßnahmen, aufwertungsfähige Flächen und Ersatzaufforstungsflächen. Freiwillig aufforstende Landnutzer können so ihre Aufforstungsflächen für den forstrechtlichen Ausgleich vermitteln lassen. Voraussetzung für die Aufnahme in die Börse ist, dass eine Aufforstungsgenehmigung der unteren Landwirtschaftsbehörde vorliegt.
Die Aufnahme von Aufforstungsmaßnahmen in das Ökokonto und die Vermittlung für den naturschutzrechtlichen Ausgleich ist möglich, wenn die Vorgaben der Ökokontoverordnung erfüllt sind. Bei entsprechender Konzipierung der Kompensationsmaßnahme ist es auch möglich, dass diese als forst- und naturschutzrechtlicher Ausgleich angerechnet wird.