FondsSuperMarkt: Herr Motsch, in unserem letzten Interview Anfang Oktober letzten Jahres haben Sie die Inflation zwar kommen sehen, ihre Größenordnung jedoch ausdrücklich geringer eingeschätzt als der Markt. Inflationsindexierte Anleihen erschienen Ihnen seinerzeit zu teuer. Natürlich konnten Sie den Ukraine-Krieg nicht vorhersehen. Sind Sie rückblickend doch vom Ausmaß und der Hartnäckigkeit der Inflation überrascht?
Thomas Motsch: Wir haben damals die Inflation schon kommen sehen. Nur haben wir zu lange auf den Notenbanknarrativ von der vorübergehenden Inflation gehört und das Ausmaß des Inflationsanstiegs unterschätzt. Dementsprechend haben wir inflationsindexierte Anleihen als bereits zu teuer erachtet. Ungeachtet dessen, setzten wir jedoch im gesamten Jahr 2022 auf weiter steigende Renditen und setzten diese Meinung im Fonds über Zinsderivate um. Zuletzt veranlasste uns die Verbreiterung der Inflation auf viele Kernbereiche zu weiteren Durationsreduzierungen. Dies wurde ebenfalls nicht über inflationsindexierte Anleihen, sondern über Zinsderivate, vor allem Bundfutures, abgebildet.
FondsSuperMarkt: Vergleicht man Ihre Angaben zur Vermögensaufteilung in besagtem Interview mit den Angaben des Factsheets per Ende Oktober 2022, scheint sich äußerlich wenig geändert zu haben. Welche Anpassungen haben Sie seit letztem Winter im Portfolio vorgenommen, um Verluste zu vermeiden, zumal Aktien und Anleihen gleichermaßen Kursrückgänge verzeichneten?
Thomas Motsch: Auf den ersten Blick hat sich an der Asset Allocation sicher wenig geändert. Eine fixe Aufteilung von ca. 50 % Aktien und ca. 50 % Anleihen ist ein wesentliches Charakteristikum dieses Fonds. Dadurch, dass wir auch immer wieder zu dieser Gleichgewichtung rebalancieren, nehmen wir auch laufend Gewinne mit, beziehungsweise investieren in den Teil des Portfolios, der relatives Aufholpotential hat.
Unter der Oberfläche, also innerhalb des Aktienportfolios bzw. des Anleiheportfolios, waren wir allerdings sehr wohl aktiv.
Im Aktienteil haben wir einzelne Positionen getrimmt, bzw. Korrekturen zu Aufstockungen genutzt.
Wir sind in unserem Aktienportfolio stärker in Richtung Qualitätstitel investiert, das heißt Unternehmen mit relativ stabilen und vor allem positiven Earnings. Solche Unternehmen werden üblicherweise mit einem Bewertungspremium gehandelt. In den letzten Jahren waren wir mit unserem Investmentstil sehr erfolgreich. In diesem Jahr kamen in den ersten drei Quartalen allerdings höher bewertete Unternehmen stärker unter Druck. Wir bleiben aber unserem Investmentstil treu, denn wir sind überzeugt, dass Qualitätstitel langfristig ein lohnendes Investment darstellen.
Im Anleiheteil war die dauerhafte und teilweise recht deutliche Absicherung von Fixkuponanleihen durch Zinsderivate die deutlichste Maßnahme, um weitere Verluste durch Renditeanstiege abzufedern. Zusätzlich war die Fokussierung der Anleihelaufzeiten auf mittlere Fälligkeiten, und die geringere Gewichtung von langen Laufzeiten im Fonds ein Mittel, um weitergehende Verluste zu verringern.
FondsSuperMarkt: Nur rund ein Drittel des Aktienportfolios (ein Sechstel des Fondsvermögens insgesamt) ist aktuell laut Angabe Ihrer Website in Titeln europäischer Unternehmen investiert. Welche anderen Regionen sind aus Ihrer Sicht derzeit aussichtsreicher, und warum?
Thomas Motsch: Der größte Teil des Aktienportfolios ist in US-Unternehmen investiert. Hier sehen wir in vielen Fällen eine starke Innovationskraft, höhere Flexibilität der Unternehmen und besonders auch eine gesicherte Energieversorgung. Viele Unternehmen, die in ihren Branchen führend sind, kommen aus den USA. Insbesondere der Technologiebereich wird in vielen Fällen von US-Unternehmen dominiert. Auch die Nachhaltigkeitsaktivitäten vieler US-Unternehmen verbessern sich in letzter Zeit. Zusätzlich halten wir auch einige japanische Aktien in unserem Portfolio. Auch hier gibt es viel Innovation und interessante Unternehmen.
FondsSuperMarkt: Obwohl europäische Aktien untergewichtet sind, liegt der Anteil Euro-notierter Wertpapiere am Portfolio per Ende Oktober bei gut 46 Prozent. Rund 30 Prozent müssten demnach (ohne Berücksichtigung der liquiden Mittel) auf Euro-notierte Anleihen entfallen. Was spricht aus Ihrer Sicht für europäische Zinstitel? Immerhin hinkt die EZB im Zinserhöhungszyklus bislang hinter der US-amerikanischen Notenbank hinterher.
Thomas Motsch: Der Markt preiste zwischenzeitlich Leitzinserhöhungen der EZB auf über 3 % ein. Angesichts bereits deutlich zurückgekommener Inflationserwartungen auf der einen Seite, sowie aufkommender Rezessionssorgen auf der anderen Seite, ist es aus unserer Sicht fraglich, ob dieser Pfad so umgesetzt werden kann, und teilweise erscheinen die Renditen bereits als guter Boden für mittelfristig attraktives Investment. Hier wirkt natürlich auch die bereits vorhandene Renditebasis als guter Puffer zur Abfederung etwaiger weiterer Renditeanstiege. Dies ist auch einer der großen Unterschiede zum Start des Jahres 2022.
Der USD-Anleihenmarkt lockt zwar mit höheren Renditen als der EUR-Raum, hier muss aber auch bedacht werden, dass der USD-Kurs bereits weit gelaufen ist, und Rückschläge nicht ausgeschlossen werden können.
FondsSuperMarkt: Beim Blick in den zuletzt veröffentlichten Halbjahresbericht des Raiffeisen-Nachhaltigkeit-Mix fällt auf, dass das Anleiheportfolio extrem breit gestreut ist. Der Portfolioanteil vieler Titel liegt unter einem Promille. Welche strategische Überlegung steckt dahinter?
Thomas Motsch: Der Fonds nimmt laufend an Neuemissionen teil, wo in gewissen Marktphasen aufgrund starker Überzeichnung der Emissionen, nur sehr geringe Zuteilungen in den Fonds gebucht werden können. Diese werden dann im Normalfall nicht wieder sofort verkauft, sondern verbleiben oftmals mit geringer Gewichtung im Fonds. Die Strategie, aktiv an vielen Neuemissionen zu partizipieren, hat vor allem in Zeiten von starken Fondszuflüssen deutlichen Nutzen für den Fonds gebracht.
FondsSuperMarkt: Obwohl Sie gemäß Verkaufsprospekt auch in Asien investieren können, sind Aktien und Anleihen aus Schwellenländern so gut wie nicht im Portfolio vertreten. Hat das mit der Kapitalflucht in die USA und dem starken US-Dollar zu tun?
Thomas Motsch: Unser Fonds fokussiert ganz klar auf die entwickelten Märkte, das heißt im Wesentlichen Europa, Nordamerika und Japan. Dieser regionale Fokus ist Teil unserer Produktkonzeption.
FondsSuperMarkt: Der Westen distanziert sich momentan nicht nur von Russland, sondern auch von anderen Ländern, speziell auch von China, immerhin Nummer 2 der Weltwirtschaft. Glauben Sie, dass sich diese Entwicklung fortsetzt, und welche Schlüsse ziehen Sie aus Ihrer Einschätzung für den Fonds?
Thomas Motsch: Generell hat die geopolitische Komplexität in letzter Zeit zugenommen. Ich denke schon, dass man zwischen Russland und China unterscheiden muss. China ist nach wie vor ein wichtiger Markt für den Westen. Es sind eher die USA, die sich mit China um die Dominanz in verschiedenen Märkten matchen. Im Fonds überlegen wir uns sehr genau, in welche Titel wir investieren. Wir sehen uns dabei auch die Zulieferkette und die Absatzmärkte der Unternehmen an.
FondsSuperMarkt: Wie beurteilen Sie die mittlerweile erreichten Bewertungen der Aktien- und Rentenmärkte?
Thomas Motsch: Die Bewertung an den Aktienmärkten ist im Lauf des Jahres wieder attraktiver geworden. Europa handelt mit einem Bewertungsabschlag zu den USA, das hat sich im Vergleich zu den letzten Jahren auch nicht geändert. Nur das Ausmaß der Bewertungslücke hat sich durch Ukraine-Krieg und Energiekrise weiter ausgedehnt. In einzelnen Sektoren haben Aktien sehr deutlich korrigiert, sodass es schon wieder ganz interessante Einstiegsmöglichkeiten gibt.
Anleihen erscheinen sowohl auf Seiten der Staatsanleihen als auch bei Corporate Bonds mittelfristig bereits wieder deutlich attraktiver. Vor allem bei Corporates war eine Rezession bereits klar eingepreist, die Cashbestände vieler Investoren hoch, die Fundamentaldaten der Unternehmen jedoch noch in sehr gutem Zustand. Entscheidend wird sein, ob, und wie stark die kommende Rezession ausfällt, bzw. wie stark die EZB von weiteren Zinserhöhungen Gebrauch machen wird. Insgesamt ist aus unserer Sicht jedoch – nicht zuletzt aufgrund der nun deutlich attraktiveren Renditen bei Unternehmensanleihen – ein mittelfristig attraktives Umfeld für Corporates gegeben. Auf Staatsanleiheseite gilt weiterhin, dass wir davon ausgehen, dass die Inflation mittelfristig deutlich zurückkommen wird, und somit der eingepreiste Pfad der EZB nicht überschritten werden muss, wodurch auch hier möglicherweise die Renditehochs bereits gesehen worden sind. Besonders interessant erscheinen für uns swapkorrelierte Instrumente wie Covered Bonds oder Supras und Agencies, die aufgrund des derzeit sehr hohen Swapspreads zu Staatsanleihen deutliche Aufschläge bieten und somit trotz teilweise besserer Ratings Renditeaufschläge zu Staatsanleihen bieten. Wir haben swapkorrelierte Instrumente daher deutlich beigemischt, diese sind mit 40 % des EUR-Anleiheteils ein sehr ausgeprägter Performancetreiber, den wir mittelfristig sehr positiv einschätzen.
FondsSuperMarkt: Wie fällt Ihre Einschätzung für die nächsten Monate und das kommende Jahr aus? Wo sehen Sie die größten Chancen und Risiken für den von Ihnen gemanagten Fonds?
Thomas Motsch: Für den Aktienteil sehen wir eine Rückkehr zu Qualitätstiteln als große Chance für den Fonds. Sollte sich die Sektordivergenz – also Energietitel als einzige Outperformer, während alle anderen Sektoren negativ performen – noch stärker ausweiten, dann wäre das für den Aktienteil sicher eine Herausforderung.
Für den Anleiheteil sehen wir die größten Chancen bei swapkorrelierten Anleihen (v.a. AAA) und Corporates. Der Renditeaufschlag zu Staatsanleihen, sowie die bereits deutlich attraktiveren Renditen von Staatsanleihen, sollten einen guten Boden für attraktive Performance bieten.
Fondsdetails: Raiffeisen-Nachhaltigkeit-Mix (R) VTA
ISIN (R) V: AT0000785381
(RD) V*: AT0000A2SL16
WKN 622865 (=AT0000785381)
Fondskategorie Ausgewogener nachhaltiger Mischfonds
Ausgabeaufschlag Max. 3 % (RD-Tranche*) (FondsSuperMarkt-Rabatt 100%)
Ertragsverwendung (Voll)Thesaurierer
Performancegebühr Keine
Laufende Kosten 1,40 % (1,25% Verwaltungsgebühr)
Auflegung 25.08.1986
Fondsvolumen 5.062,52 Mio. EUR (31.10.2022)
Performance seit Auflage** - 25.08.1986 - 31.10.2022
- Total Return indexiert in EUR: 488,58% / 5,02% p.a.
Seit Umstellung auf Nachhaltigkeit: 30.09.2014 - 31.10.2022
Total Return indexiert in EUR: 35,95% / 3,87% p.a.
Risiko- und Ertragsprofil (SRRI) 4 von 7
*Die RD-Tranche ist ausschließlich in Deutschland registriert, hier kann ein Ausgabeaufschlag von max. 3% erhoben werden.
**Die Wertentwicklung der Vergangenheit lässt keine verlässlichen Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung des Fonds zu. Die Wertentwicklung wird von der Raiffeisen KAG auf Basis der veröffentlichten Fondspreise nach der OeKB-Methode berechnet. Details zur Berechnung finden Sie unter „Wichtige Hinweise“.
Über Raiffeisen Capital Management
Mit einem verwalteten Gesamtvolumen von 39,4 Mrd. Euro und einem Marktanteil von 19,7 % (10/2022) ist Raiffeisen Capital Management eine der führenden Fondsgesellschaften in Österreich. Rund die Hälfte des Gesamtvolumens, 20,4 Mrd. Euro, wird bereits nachhaltig gemanagt. Die Komponenten, die diese hervorragende Positionierung ermöglichen, sind ein klares Bekenntnis zu hoher Qualität, Vertriebsstärke, ein exzellenter Kundenservice sowie die Zusammenarbeit mit hervorragenden Partnern. Nachhaltigkeit ist und bleibt Programm: Mittelfristig möchte Raiffeisen Capital Management die gesamte Fondspalette nach ESG-Kriterien verwalten.
Thomas Motsch, MSC CEFA CIIA
Senior Fondsmanager und stellvertretender Leiter Aktien Entwickelte Märkte, Raiffeisen Kapitalanlage-Gesellschaft m.b.H.
Thomas Motsch ist seit 2013 bei der Raiffeisen KAG beschäftigt. Er ist stellvertretender Leiter der Abteilung Aktien entwickelte Märkte (seit 2021) und dort für die Gestionierung globaler nachhaltiger Fonds verantwortlich, darunter der Raiffeisen-Nachhaltigkeit-Mix und der Raiffeisen-Nachhaltigkeit-Aktien. Thomas Motsch hat wesentlich am Auf- und Ausbau der Nachhaltigkeitskompetenz der Raiffeisen KAG mitgewirkt.
Wichtige Hinweise
Veranlagungen in Fonds sind mit höheren Risiken verbunden, bis hin zu Kapitalverlusten. Hinweis für Anlegerinnen und Anleger mit anderer Heimatwährung als der Fondswährung: Wir machen darauf aufmerksam, dass die Rendite infolge von Währungsschwankungen steigen oder fallen kann.
Die veröffentlichten Prospekte bzw. die Informationen für Anleger gemäß § 21 AIFMG sowie die Kundeninformationsdokumente bzw. ab 01. 01. 2023 die Basisinformationsblätter der Fonds der Raiffeisen Kapitalanlage-Gesellschaft m.b.H. stehen unter www.rcm.at unter der Rubrik „Kurse und Dokumente“ in deutscher Sprache (bei manchen Fonds die Kundeninformationsdokumente / die Basisinformationsblätter zusätzlich auch in englischer Sprache) bzw. im Fall des Vertriebs von Anteilen im Ausland unter rcm-international.com unter der Rubrik „Kurse und Dokumente“ in englischer (gegebenenfalls in deutscher) Sprache bzw. in ihrer Landessprache zur Verfügung. Eine Zusammenfassung der Anlegerrechte steht in deutscher und englischer Sprache unter folgendem Link: rcm.at/corporategovernance zur Verfügung. Beachten Sie, dass die Raiffeisen Kapitalanlage-Gesellschaft m.b.H. die Vorkehrungen für den Vertrieb der Fondsanteilscheine außerhalb des Fondsdomizillandes Österreich aufheben kann.
Die Wertentwicklung wird von der Raiffeisen KAG auf Basis der veröffentlichten Fondspreise nach der OeKB-Methode berechnet. Bei der Berechnung der Wertentwicklung werden individuelle Kosten wie beispielsweise Transaktionsgebühren, Ausgabeaufschlag, Rücknahmeabschlag, Depotgebühren des Anlegers sowie Steuern, nicht berücksichtigt. Diese würden sich bei Berücksichtigung mindernd auf die Wertentwicklung auswirken. Die Wertentwicklung der Vergangenheit lässt keine verlässlichen Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung des Fonds zu. Hinweis für Anleger mit anderer Heimatwährung als der Fondswährung: Wir weisen darauf hin, dass die Rendite infolge von Währungsschwankungen steigen oder fallen kann.
Die „Laufenden Kosten“ wurden auf Basis der Zahlen zum 31.12.2021 unter Berücksichtigung der vorherigen 12 Monate berechnet. Die „Laufenden Kosten“ beinhalten die Verwaltungsvergütung und alle Gebühren, die im vergangenen Jahr erhoben wurden. Fremde Transaktionskosten und erfolgsabhängige Gebühren sind nicht Bestandteil der „Laufenden Kosten“. Die „Laufenden Kosten“ können von Jahr zu Jahr voneinander abweichen. Eine genaue Darstellung der in den „Laufenden Kosten“ enthaltenen Kostenbestandteile findet sich im aktuellen Rechenschaftsbericht, Unterpunkt „Aufwendungen“.
Das ist eine Marketingmitteilung der Raiffeisen KAG, 1190 Wien. Die Inhalte dieser Unterlage stellen weder ein Angebot-, eine Kauf- oder Verkaufsempfehlung noch eine Anlageanalyse dar. Stand: 11/2022
Raiffeisen Capital Management steht für Raiffeisen Kapitalanlage GmbH
ESG steht für Umwelt, Soziales & Unternehmensführung