Das Einfrieren von Eizellen ohne medizinische Indikation sorgte erstmals im Herbst 2014 für Schlagzeilen, als der amerikanische Fernsehsender NBC meldete, die IT-Riesen „Facebook“ und „Apple“ zahlten weiblichen Angestellten bis zu 20.000 US-Dollar, wenn diese ihre Eizellen einfrören und ihren Kinderwunsch aufschöben, um sich in jungen, fruchtbaren Jahren ganz ihrer Karriere in den Konzernen zu widmen (4). Rund 10.000 Dollar kostet das Verfahren, bei denen Frauen sich zunächst einer Hormonbehandlung unterziehen, um statt der einen Eizelle binnen eines Zyklus möglichst viele Eizellen heranreifen zu lassen. Dabei wird das Wachstum der Follikel laufend mittels Ultraschall kontrolliert. Am Ende der Hormonbehandlung werden die Eierstöcke der Frauen über die Scheide mit einer Nadel punktiert und die Eizellen abgesaugt. Anschließend werden diese einer Qualitätsprüfung unterzogen und schließlich bei –196 Grad Celsius in flüssigem Stickstoff nach einem relativ neuen Verfahren schockgefroren. Die Kosten für die anschließende Lagerung der Eizellen betragen in den USA rund 500 Dollar pro Jahr (5).
Geht es nach Carl Djerassi, wird das „SocialFreezing“ die menschliche Fortpflanzung binnen weniger Jahre noch einmal radikal verändern. Der 2015 verstorbene amerikanische Chemiker, der mit der Synthetisierung des Sexualhormons Norethisteron die Voraussetzungen für die Entwicklung der Anti-Baby-Pille schuf, war fest davon überzeugt, dass auf den von ihm ermöglichten „Sex ohne Zeugung“ schon bald eine weitere gesellschaftliche Revolution folgen werde: „Die Zeugung ohne Sex“. Mittels „Social Freezing“ würden Männer und Frauen in fruchtbaren Jahren ihre Spermien und Eizellen einfrieren lassen, um sie später – wenn sie den passenden Partner gefunden und ihre berufliche Karriere hinreichend vorangetrieben hätten – von Reproduktionsmedizinern auftauen und im Labor befruchten zu lassen (6).
Eine These die auch der Zukunftsforscher Sven Gabor Janszky vertritt. „Der Trend zu den späten Eltern ist schon in der Vergangenheit seit vielen Jahren zu beobachten. Er wird sich aufgrund der Verlängerung der Lebenserwartungen nochmals verstärken“, erklärt Janszky. In seinen Büchern prognostiziert der Trendforscher eine Zunahme so genannter „später Familien“. „Besonders für die späten Familien“ sei die Reproduktionsmedizin „ein Segen“. Denn es sei erwiesen, „dass die Qualität der menschlichen Ei- und Samenzellen über die Jahre nachlässt.“ In fortgeschrittenem Alter seien die Keimzellen „von zahlreichen Mutationen gezeichnet, die die Chance auf ein gesundes Kind verringern. Dies ist der Grund, warum es für viele Eltern eine lohnenswerte und sehr menschliche Konsequenz sein wird, in jungen Jahren ihre Ei- und Samenzellen für eine spätere Nutzung einzufrieren“, so Janszky (7). Inwiefern solche Methoden noch menschlich sind und ob überhaupt das Diktat des Marktes auch diese Bereiche des Lebens besetzen sollte, sind nur zwei von vielen Fragen, die in der Woche des Lebens kritisch debattiert werden sollten.