G-BA beauftragte erneute Bewertung
Nachdem die IQWiG-Bewertung von 2007 der Balneofototherapie bei Psoriasis einen höheren Nutzen bescheinigt hatte, beschloss der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) 2008, die Therapie in dieser Indikation durch die gesetzliche Krankenversicherung im ambulanten Sektor erstatten zu lassen. Bei der Neurodermitis war die Situation dagegen unsicherer, weshalb die Licht-Bade-Therapie hier von der Erstattung ausgenommen blieb.
Da inzwischen die Ergebnisse einer weiteren randomisierten klinischen Studie (RCT) vorlagen, die die synchrone Balneofototherapie mit der trockenen UV-Bestrahlung beim atopischem Ekzem verglich, beauftragte der G-BA das IQWiG erneut, Nutzen und Schaden zu bewerten.
Zwei Studien ausgewertet
Weil die erste Studie mit 180 Patientinnen und Patienten noch recht klein war, waren auf Basis ihrer Daten 2007 noch keine sicheren Aussagen möglich. In der Folgestudie wurden dagegen über 500 Betroffene behandelt, sodass die neueren Ergebnisse deutlich präziser sind.
Beide Studien wurden in Bayern durchgeführt. Um die zweite Studie zu ermöglichen, hatten mehrere Krankenkassen, die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns, die Ludwig-Maximilians-Universität München und ein Industriepartner ein gemeinsames Modellvorhaben gestartet: Die Patientinnen und Patienten mit atopischem Ekzem wurden mindestens einen Monat lang behandelt, meist dermatologisch überwacht. In der Regel erfolgten zwischen 10 und 35 Behandlungen mit einer Dauer von jeweils etwa einer Viertelstunde.
Klinisch relevanter Unterschied bei Hautzustand
Bezieht man beide Studien in die Auswertung ein, fallen die Ergebnisse beim Endpunkt „Hautzustand“ zugunsten der synchronen Balneofototherapie aus. Dabei umfasst der Hautzustand auch die Symptome, etwa Juckreiz oder Schlaflosigkeit. Das Institut sieht hier einen Hinweis auf einen höheren Nutzen. Die höchste Kategorie, nämlich „Beleg“, wird allerdings auch mit den neuen Daten nicht erreicht: Denn die Ergebnisse könnten verzerrt sein, unter anderem weil viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Studien aus unbekannten Gründen abbrachen und für eine erhebliche Zahl die Werte fehlten.
Keine Aussagen zu Lebensqualität und Nebenwirkungen möglich
Bedauerlicherweise sind Aussagen zu anderen für Patientinnen und Patienten wichtigen Zielkriterien nach wie vor nicht möglich. Bei der Lebensqualität hatten sich bei der ersten Studie 2006 keine Unterschiede zwischen den Behandlungsgruppen gezeigt. Bei der Folgestudie wurde sie überhaupt nicht erhoben. Fehlanzeige auch bei Nebenwirkungen, die etwa in Form von sonnenbrandartigen Hautreizungen auftreten können: Weil unklar ist, ob solche sogenannten unerwünschten Ereignisse bei der zweiten Studie vollständig erhoben und berichtet wurden, sind die Daten letztlich nicht verwertbar.
In der Gesamtschau sieht das IQWiG einen Hinweis auf einen höheren Nutzen, der sich allerdings allein auf die Ergebnisse beim Hautzustand stützt. Auch lassen die Studien offen, wie nachhaltig die Therapieeffekte sind. Bei der zweiten Studie hatte man von vornherein auf Nachbeobachtungen verzichtet.
Mehr Forschung im Kur- und Badewesen notwendig
Das medizinische Badewesen hat in Deutschland eine lange Tradition, zu der vor über 100 Jahren auch Sebastian Kneipp mit seinen „Wasserkuren“ beitrug. Bei vielen Behandlungsverfahren ist jedoch bis heute unklar, ob sie tatsächlich nutzen oder eher einem Wohlgefühl, also Wellness dienen. Tradition, fehlendes Wissen und fehlende Finanzierung erschweren die klinische Forschung in diesem Feld. „Es ist schade, dass zur Kombination aus Salzbad und UV-Licht nur zwei Studien zum atopischen Ekzem vorliegen, obwohl diese Behandlung schon so lange bekannt ist und vielfach angewendet wird“, meint Stefan Sauerland, Leiter des Ressorts Nichtmedikamentöse Verfahren im IQWiG – und ergänzt: „Hochwertige Studien zu Fragen des medizinischen Kur- und Badewesens wären wichtig, damit man auch hier Nützliches von Unnützem trennen kann.“