Die penile Traktionstherapie soll ein Fortschreiten der Erkrankung verhindern, die Krümmung reduzieren und die Sexualfunktion wiederherstellen. Aus den vorliegenden Studienergebnissen lässt sich allerdings kein Nutzen der Traktionstherapie ableiten. Es bleibt daher unklar, ob und wie gut die Traktionstherapie hilft.
So lautet das vorläufige Fazit des jetzt veröffentlichten Vorberichts zur Nutzenbewertung. Der Gemeinsame Bundesausschusses (G-BA) hatte das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) damit beauftragt, die penile Traktionstherapie bei Personen mit einer Induratio penis plastica im Vergleich zu einer Behandlung mit anderen in Deutschland verfügbaren Therapien oder keiner Behandlung zu untersuchen.
Da die bisherigen Studienergebnisse jedoch ein Potenzial und damit weiteren Forschungsbedarf andeuten, sollte man nun mit einer aussagekräftigen Studie die Vor- und Nachteile der Traktionstherapie definitiv klären. Das IQWiG hat dafür im Vorbericht einen Vorschlag gemacht.
Stellungnahmen zum Vorbericht sind möglich bis zum 31.07.2023.
Bindegewebe verliert Elastizität in zwei Phasen
Die Induratio penis plastica (IPP) ist eine gutartige, erworbene Erkrankung der Bindegewebsschicht, die den Penisschwellkörper umgibt. Im Penis bilden sich Plaques aus kollagenhaltigem Bindegewebe, die verkalken können. Deshalb verliert das Gewebe an Elastizität und der Penis verformt sich. Typischerweise äußert sich dies durch eine Krümmung des Penis bei der Erektion.
Die Krankheitsursache ist nicht abschließend geklärt. Man geht davon aus, dass sich das Gewebe durch kleine Verletzungen entzündet, die zum Beispiel beim Geschlechtsverkehr auftreten können, und diese zu einer örtlich überschießenden Narbenbildung führen. Eine genetische Veranlagung dafür gilt als wahrscheinlich.
In der akuten (entzündlichen) Phase treten häufig Schmerzen am Penisschaft auf, vor allem im erigierten Zustand. Wenn die Entzündung abgeklungen ist und sich kein weiteres Narbengewebe mehr bildet, setzt die stabile (chronische) Phase ein: Schmerzen sind dann seltener und der Penis verformt sich nicht mehr weiter. Zur spontanen Rückbildung kommt es nur in drei bis 13 Prozent der Fälle.
Hoher Leidensdruck und bisher keine wirksame konservative Heilbehandlung
Studienergebnisse lassen vermuten, dass die Erkrankung häufiger vorkommt als bisher bekannt und meist zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr auftritt. Die IPP kann die Sexualfunktion erheblich beeinträchtigen und kann psychische Probleme zur Folge haben bis hin zu Angststörungen und Depressionen. Zudem berichten viele Betroffene von Beziehungsproblemen.
Mangels wirksamer konservativer (medikamentöser) Therapien wird die Krümmung des Penis in der stabilen Phase zum Teil operativ behandelt, um die sexuelle Funktion wiederherzustellen. Allerdings können die Operationen selbst zu Funktionsstörungen, beispielsweise zu erektiler Dysfunktion führen.
Bei der penilen Traktionstherapie dagegen wird der Penis mittels kontrollierter Dehnung mechanisch mithilfe von Stangen-Expander-Systemen gestreckt, um das Bindegewebe über verschiedene Prozesse auf zellulärer Ebene zu remodellieren und dadurch die Krümmung zu reduzieren.
Dünne Studienlage lässt Potenzial erkennen
Das IQWiG hat zwei randomisierte kontrollierte Studien (RCT) identifiziert, in denen die Traktionstherapie mit keiner Behandlung verglichen wurde. In einer dieser RCT zeigt sich nach einer dreimonatigen Traktionstherapie, dass die Behandlung eine Peniskrümmung reduzieren kann. Offen bleibt aber, ob dieser Effekt anhält. Auch zu anderen Zielgrößen wie Schmerzen, sexueller Funktion, Belastung durch Symptome und Nebenwirkungen liefern die Studiendaten keine eindeutigen Ergebnisse. Daten zur psychischen Beeinträchtigung und gesundheitsbezogenen Lebensqualität fehlen. Deshalb sind nach aktuellem Kenntnisstand insgesamt Vor- und Nachteile der penilen Traktionstherapie unklar.
Aus den Studienergebnissen zur kurzfristigen Reduktion der Peniskrümmung nach dreimonatiger Behandlung lässt sich allerdings für die Traktionstherapie bei IPP ein Potenzial als erforderliche Behandlungsalternative ableiten: Derzeit steht für die Behandlung der IPP in Deutschland keine nachweislich wirksame konservative Therapie zur Verfügung. Die Traktionstherapie könnte eine Alternative für diejenigen Patienten darstellen, die wegen ihrer Krankheitsphase (noch) nicht für eine chirurgische Behandlung infrage kommen, oder für Patienten, die einen invasiven Eingriff aufgrund der damit verbundenen Risiken ablehnen.
Um den Nutzen der Traktionstherapie anhand aussagekräftiger Daten zu bewerten, sollte eine zweiarmige, multizentrische RCT mit einjähriger Nachbeobachtung durchgeführt werden. Zu prüfen ist damit die Überlegenheit einer Traktionstherapie gegenüber keiner Behandlung hinsichtlich patientenrelevanter Zielgrößen zu Symptomen und Beschwerden, zu Nebenwirkungen sowie zur Lebensqualität.
Zum Ablauf der Berichterstellung
Den Berichtsplan für dieses Projekt hatte das IQWiG im Februar 2023 veröffentlicht. Stellungnahmen zum Vorbericht werden nach Ablauf der Frist ab dem 31.07.2023 gesichtet. Sofern sie Fragen offenlassen, werden die Stellungnehmenden zu einer mündlichen Erörterung eingeladen.