Benjamin Brittens War Requiem, das vom Festivalensemble unter Leitung von Helmuth Rilling zum Abschluss des diesjährigen Festivals am 9. September musiziert wird, setzte bei der Uraufführung 1962 in der zerbombten Kathedrale in Coventry ein nachdrückliches Zeichen der Versöhnung. Rilling ist überzeugt, dass diese Idee an Aktualität nicht eingebüßt hat: Es ist mir wichtig, dass die jungen Leute unseres Festivalensembles, die aus der ganzen Welt hierher kommen, sich mit dem Thema des War Requiems auseinandersetzen. Rilling wird Brittens zentrales Werk in zwei Gesprächskonzerten erläutern. Bei Mahlers 5. Symphonie übernimmt erstmals ein Gast die Einstudierung und Leitung des Festivalensembles.
Die Aufführung am 3. September wird Christoph Poppen dirigieren. Der der Arbeit der Internationalen Bachakademie seit langer Zeit verbundene Musiker ist seit dieser Spielzeit Chefdirigent des RSO Saarbrücken,das im kommenden Jahr mit dem SWR-Rundfunkorchester Kaiserslautern fusionieren wird. Zuvor war Poppen Chef des Münchener Kammerorchesters; er leitete ferner die Musikhochschule Hanns Eisler in Berlin und den renommierten ARD-Wettbewerb. Eines der besten und bekanntesten Orchester der Welt wird das Musikfest eröffnen – ebenfalls mit Werken von Gustav Mahler. Das Israel Phiharmonic Orchestra spielt unter Leitung seines Chefdirigenten Zubin Mehta an drei Abenden (26., 27. und 28. August) Mahlers 1., 2. und 7. Symphonie. Im Rahmen einer Europa-Tournee sind diese Programme exklusiv in Stuttgart zu hören.
Damit setzen die Bachakademie und das in Tel Aviv beheimatete Orchester eine bereits dreißig Jahre währende Zusammenarbeit fort. Die Gächinger Kantorei war mit Helmuth Rilling bereits neun Mal zu Gast in Israel. Das Orchester spielte 1995 in Stuttgart die Uraufführung des Requiem der Versöhnung.
Auch diesmal werden Chor und Orchester zusammen musizieren: in der 2. Auferstehungssymphonie am 28. August. Als Solisten wirken mit: Margarita De Arellano und Marjana Lipovšek.
Weitere bekannte Namen im Programm des Musikfestes sind Angela Hewitt und Daniel Müller-Schott, deren kammermusikalische Verbindung die Bachakademie gestiftet hat (8. September), die Tallis Scholars mit einem Programm des spanischen Barock (29. August), mit je einem Liederabend Diana Damrau und Dietrich Henschel (7. und 8. September) sowie Baiba und Lauma Skride (28. August).
Die Geschwister aus Lettland sind auch musikalische Partnerinnen des Mandelring Quartett, das insgesamt drei Konzerte mit bekannten und unbekannten Werken verschiedener Epochen spielt (29., 30. und 31. August).
Die Mittagskonzerte an den Wochentagen um 13.00 Uhr setzen in diesem Jahr auf bunte, stürmisch bewegte Vielfalt: An wechselnden Orten treten u. a. das Loeki Stardust Quartet mit vier Blockflöten und das Alliage Quartett mit ebenso vielen Saxophonen auf (4. und 5. September). Auch Hille Perl und Lee Santana (29. August) widmen sich älterer Musik. Den Bogen von Bach zu Benjamin Britten schlägt der Cellist Jean-Guihen Queyras am 7. September. Dazu kommen drei Orgel- sowie zwei attraktive Klavier-Duo-Konzerte (GrauSchuhmacher am 31. August, Gebrüder Stenzl am 6. September). Die Stuttgarter Musikszene ist mit dem ensemble ascolta vertreten, das am 30. August Werke von Paul Hindemith und Viktor Ullmann und am 31. August das Quartett auf das Ende der Zeit von Olivier Messiaen spielen wird. Das Christophorus Symphonie Orchester erarbeitet Benjamins Brittens Young Person’s Guide to the Orchestra (Leitung: Patrick Strub, Sprecher: Roland Baisch, 8. September). Auf ihre Traditionen in der Chormusik besinnt sich die Bachakademie mit einem sechsteiligen Chorfest am mittleren Wochenende des Musikfestes: Jeweils drei Konzerte am 1. und 2. September teilen sich Einheimische (die Gächinger Kantorei mit Stefan Parkman als Gastdirigent und das Festivalensemble) und Gäste wie der Jazzchor Freiburg und das Calmus Ensemble aus Leipzig. Der Kammerchor Saarbrücken wird Clytus Gottwalds Mahler-Bearbeitungen vortragen, und zu entdecken ist russischer Chorgesang mit den fünf in Stuttgart ansässigen Männern des Ensembles ADAMM.
Eine junge Tradition schließlich setzt das Musikalische Café fort.
Nachdem die lockere Kombination von Unterhaltung, Belehrung und Musik im Mozartjahr ein geradezu überwältigender Erfolg war und die Bachakademie, als Exklusivveranstaltungen für den Förderkreis, während der Saison weiter an dem Veranstaltungsformat gearbeitet hat, wird die Talkshow auf gehobenem Niveau an den Werktags-Nachmittagen im Literaturhaus erneut für edermann angeboten. Auch die Meisterkurse Gesang, die von besonders interessierten Zuschauern im Studium generale beobachtet werden können, sind eine Konstante und werden 2007 von Edith Wiens und Dietrich Henschel geleitet. Die beiden Abschlusskonzerte sind Liedern mit Kammerorchester- und Klavierbegleitung gewidmet (4. und 6. September).
Im Studium generale haben interessierte Musikliebhaber die Möglichkeit, die Meisterkurse und zahlreiche Proben kontinuierlich zu besuchen. Sie können dies mit Tages- oder Halbtageskarten an einzelnen Tagen tun oder sich mit dem Festivalpass ganz in das Musikfest hineinbegeben. Wer sich in das Salem International College in Überlingen am Bodensee aufmacht, kann bereits vor Beginn des Musikfestes die Proben des Festivalensembles mit Helmuth Rilling und Christoph Poppen erleben.
Veranstaltungsorte sind die Säle der Liederhalle, die Stiftskirche, die Domkirche St. Eberhard, das Alte Schauspielhaus, das Literaturhaus und die Staatsgalerie Stuttgart. Traditionen weiterentwickelt haben Gabriele Zimmermann und Jens Wedekind vom Kommunikationsbüro wedekind`sign: Das Designer-Gespann aus Stuttgart und Berlin verpasste dem Europäischen Musikfest Stuttgart ein neues Erscheinungsbild – der eben erschienene Prospekt und die bald im Stadtbild auftauchenden Plakate kombinieren musikalische Elemente mit einer signalkräftigen abstrahierten Klangwelle und dürften sich wohltuend vom Werbe- Allerlei abheben.
Das Europäische Musikfest Stuttgart 2007 wird gefördert von der Landeshauptstadt Stuttgart, dem Land Baden-Württemberg sowie von dem E.ON-Konzern. Der Gesamtetat beträgt 2,45 Millionen Euro.