Kindliches Rheuma ist eine sogenannte Autoimmunerkrankung, die medizinisch als "juvenile idiopathische Arthritis" (JIA) bezeichnet wird. Die entzündeten Gelenke verursachen den Kindern Schmerzen, so dass es zu Schonhaltungen kommt. Außerdem verändern sich die Gelenksflächen und -kapseln und damit die Gelenksbeweglickkeit. Das muskuläre Kräfteverhältnis an den betroffenen Gelenken verändert sich. Bei Kindern bilden sich in kurzer Zeit Fehlstellungen aus. Diese können auch weiter bestehen, wenn die Gelenkentzündungen durch eine erfolgreiche medizinische Behandlung ausgeheilt sind. Deshalb ist neben der fachgerechten Behandlung mit Medikamenten auch eine Behandlung durch Krankengymnastik und Ergotherapie sehr wichtig.
Seit 2006 wird im Deutschen Zentrum für Kinder- und Jugendrheumatologie (DZKJR) in Garmisch-Partenkirchen mit Hilfe von 3D-Bewegungsanalysen die Motorik bei Kindern mit Rheuma untersucht. Durch Zusammenarbeit von Ärzten, Sportwissenschaftlern der TU-München und Physiotherapeuten konnten funktionelle Gelenkfehlstellungen, muskuläre Defizite sowie Kompensationsmechanismen objektiv quantifiziert und rheumaspezifische Sporttherapieprogramme entwickelt werden. Lange Zeit dachte man Sport und Kinderrheuma schließen einander aus. Die Ergebnisse aus der 3D-Bewegungsanalyse und die besseren Therapiemöglichkeiten für Kinderrheuma schufen in den letzten Jahren die Voraussetzungen für die Integration sporttherapeutischer Elemente in die funktionelle Behandlung kinderrheumatologischer Erkrankungen.
3D-Bewegungsanalyse
Die 3D-Bewegungsanalyse an Europas größter Kinderrheuma-Fachklinik ist derzeit das einzige Labor in Deutschland, das sich speziell der 3-dimensionalen Erforschung funktioneller Bewegungen von Patienten mit JIA widmet. Über 800 Bewegungsanalysen an Rheumapatienten wurden bisher durchgeführt. Die hier gewonnenen Daten dienen zur individuellen Diagnostik, als Basis zur allgemeinen Therapieplanung, für die Entwicklung gezielter Sport-und Fitnessprogramme sowie für wissenschaftliche Analysen.
Das zugrunde liegende Ziel jedes dieser Arbeitsbereiche ist, die Funktionalität rheumakranker Kinder und Jugendlicher weiter zu verbessern und die Alltagsbeschwerden zu minimieren.
Analysetechnik
Im Bewegungsanalyselabor kommen unter anderem acht hochauflösende Infrarotkameras zum Einsatz um dreidimensionale Rekonstruktionen zu ermöglichen. Zudem werden mit zwei dreidimensionalen Bodenreaktionskraftmessplatten die Kräfte gemessen mit denen der Patient auf den Boden auftritt und in Gelenkmomente umgerechnet.
In erster Linie wird das Gangbild der Kinder beurteilt, da das Gehen eine Basisfunktion der menschlichen Motorik darstellt. Dabei können die Knochen und Gelenke der Patienten virtuell in einer Computeranimation betrachtet werden. Darüber hinaus werden die Patienten bei unterschiedlichen Übungsformen, wie z.B. der Kniebeuge oder Sprünge untersucht.
Ergebnisse
In wissenschaftlichen Beiträgen wurden die gewonnenen funktionellen Erkenntnisse zu den Pathologien verschiedener Krankheitsbilder, sowie der Krankheitsverlauf schwer betroffener Kinder in Wiederholungsmessungen über einen längeren Zeitraum veröffentlicht.
Auf der Basis dieser Ergebnisse konnte interdisziplinär mit Physiotherapeuten, Ärzten und Sportwissenschaftlern ein spezielles Heimtrainingsprogramm zusammengestellt werden, das derzeit in einer großen Studie überprüft wird.
Das Einzigartige der Bewegungsanalyse und Sporttherapie am DZKJR
Das DZKJR setzt seit 60 Jahren international Maßstäbe in der Behandlung von Kinderrheuma. In der Zusammenarbeit mit der sportwissenschaftlichen Fakultät der TU-München entstand mit der 3D-Bewegungsanalyse ein zukunftsweisendes Projekt und einmaliges Innovationszentrum. Hier werden neue Konzepte zur Verbesserung der Mobilität & Funktionalität erarbeitet, evaluiert und umgesetzt. Ziel ist die Verbesserung des funktionellen Outcomes bei Kindern und Jugendlichen mit Rheuma. Die Patienten sollen sicher in eine sportliche Aktivität zurückgeführt werden, die ihnen neben therapeutischen Aspekten vor allem Freude an der Bewegung vermittelt. Diese Erforschung und Einführung neuer Behandlungsmethoden ist nur durch Spenden möglich. Das Bewegungsanalyselabor wird seit Jahren durch die Kinder-Rheumastiftung und Privatspenden unterstützt.
Mit Herrn Selbach und seinem Iron-Man Projekt kommt jetzt ein Spender ins Spiel, der genau weiß wie wichtig Sport bei Rheuma sein kann. Deshalb freuen wir uns ganz besonders über die Zusammenarbeit mit Ihm.
Autoren:
Matthias Hartmann - Diplomsportwissenschaftler
Prof. Dr. Johannes-Peter Haas, Ärztlicher Direktor DZKJR
Korrespondenzadresse:
Matthias Hartmann
Deutsches Zentrum für Kinder- und Jugendrheumatologie
Gehfeldstr. 24
82467 Garmisch Partenkirchen
Tel.: ++49/8821/701308
hartmann.matthias@rheuma-kinderklinik.de