Zu diesem Thema gab es jetzt ein Online-Seminar – einen Fachvortrag im Internet für Ärzte und Pflegekräfte. Durch die Corona-Pandemie können Fortbildungen zu diesem und anderen Themen derzeit nicht stattfinden. Darum organisiert der Verein „Kleine Herzen Hannover“ diese kostenlosen Angebote. Michael Steil ist Diplom-Theologe und Notfall-Psychologe. Er hat jetzt zu diesem schwierigen Thema den Online-Vortrag gehalten. Die Idee dazu kam von der Vorsitzenden des Vereins „Kleine Herzen Hannover“, Ira Thorsting: „Ich wollte unseren Ärzten und Pflegekräften in dieser schweren Zeit etwas zur Krisenbewältigung anbieten.“ „Kleine Herzen Hannover“ ist ein gemeinnütziger Verein, der seit 2006 einmalige und bereits mehrfach bundesweit ausgezeichnete Projekte in der Kinderherzklinik der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) anbietet. Dazu zählt auch seit 2015 die Weiterbildung „Kriseninterventionshelfer im Krankenhaus“ für Ärzte, Pflegekräfte, Therapeuten und Betreuer.
Nicht selten bricht für die Familie eine Welt zusammen“, sagte Michael Steil. Darum sei es umso wichtiger, dass die Ärzte für diese Situationen gut geschult seien. Ganz wichtig sei es, kompetent, sachlich und ruhig aufzutreten. Man sollte sich für diese Gespräche genügend Zeit nehmen und sich der Reaktion der Eltern anpassen. „Jedes Schreien, gegen die Wand schlagen oder einen Schuldigen suchen ist normal und natürlich“, so Michael Steil. Wichtig sei es, sich den zentralen Satz vorher zu überlegen und nicht „rumzueiern“. Eine schlechte Nachricht sei eine schlechte Nachricht. Eine Relativierung würde niemandem etwas bringen. Darum sei eine klare Ansprache mit wenigen Worten angebracht. Empirische Untersuchungen hätten gezeigt, dass Eltern in diesen Ausnahmesituationen „wie gelähmt“ seien und keine komplizierten Informationen aufnehmen könnten. Michael Steil betonte: „Alles, was ich sage, muss wahr sein. Aber nicht alles, was wahr ist, muss ich auch sagen.“
Dr. Michael Sasse ist seit 20 Jahren leitender Oberarzt der Intensivstation für Kinder an der Medizinischen Hochschule Hannover. Für ihn gehören diese Situationen zum Klinik-Alltag: „Durch dieses eine Gespräch werden ganze Lebensplanungen zerstört“, sagte er in dem Online-Seminar. In der MHH würden sie diese Gespräche immer zu zweit führen – mit Arzt und Pflegekraft. Denn die Pfleger seien diejenigen, die auch nach dem Gespräch für die Eltern immer ansprechbar seien. Auf eine Frage der Seminar-Teilnehmer, ob es unprofessionell sei, zu weinen, sagte Dr. Sasse: „Ich habe schon viele Tränen vergossen. Für mich ist das reinigend und zeigt mir, dass ich lebe und Emotionen haben kann.“
In dem Seminar ging es auch um die Frage, was zu tun sei, wenn die Eltern einer Therapie oder Operation nicht einwilligen können oder wollen. Oft sei es für die Eltern schlecht auszuhalten, wenn ihr Kind beispielsweise über längere Zeit eine Chemotherapie machen müsse. Auch hier berichtete Dr. Sasse aus der MHH: „Wir haben in 99 Prozent aller Fälle immer eine Lösung gefunden, die gut für das Kind ist. Aber wir sind natürlich auch gefordert, zu helfen, dass die Eltern die Leiden ihres Kindes aushalten können.“
Rückblick/Aufzeichnung:
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