Der gemeinnützigen Verein „Kleine Herzen Hannover“ hat dieses Problem früh erkannt und mit Hilfe von Spendengeldern Abhilfe geschaffen. Er hat Kontakt zum Ethno-Medizinischen Zentrum (EMZ) Hannover aufgenommen – denn dieser Verein setzt sich schon seit 20 Jahren mit verschiedenen Projekten für die Chancengleichheit von Migranten im Gesundheitswesen ein. Zunächst wurde das neue Angebot für die Eltern der „Herzkinder“ nur mäßig angenommen – inzwischen aber ist das gemeinsame Dolmetscher-Projekt nicht mehr wegzudenken. In diesem Jahr feiert das Angebot sein zehnjähriges Bestehen und ist bisher einmalig in Deutschland. Mehr als 350 Übersetzer sind nun kurzfristig einsetzbar – für mehr als 50 Sprachen. Das vorbildliche Projekt wurde 2011 sogar mit dem Integrationspreis des Deutsch-Türkischen Netzwerkes (DTN) ausgezeichnet.
„Gerade wenn es um die Gesundheit geht, um Diagnosen, Therapien, Medikamente und Heilungsprognosen, ist es enorm wichtig, jedes Wort zu verstehen“, betont die Vereinsvorsitzende Ira Thorsting. 68 000 Euro hat der Verein seit 2011 für die Dolmetscher aus Spenden zur Verfügung gestellt gespendet – und der Bedarf wird immer größer. In den letzten zwei Jahren gab es über 250 Fälle, in denen dringend ein Dolmetscher oder eine Dolmetscherin gebraucht wurde. „Wir haben nach dem Zuzug der vielen Flüchtlinge im Jahre 2015 unser Angebot noch mal erweitert“, sagt Ahmet Kimil vom EMZ Hannover. Der Betriebsleiter macht darauf aufmerksam, dass diese Hilfe ohne den Verein „Kleine Herzen Hannover“ nicht möglich wäre. Er plädiert seit Jahren dafür, dass der Gesetzgeber dafür sorgen muss, ein derartiges Angebot zum Standard zu erklären. Die Krankenkassen müssten den Dienst dann finanzieren. Andere europäische Länder seien da schon viel weiter.
Diese Forderung kann der Leitende Oberarzt der Kinderintensivstation, Dr. Michael Sasse, nur unterstützen. Denn Dolmetscher seien gerade in den oft lebenswichtigen Gesprächen zwischen Eltern und Ärzten unerlässlich. Sasse: „Der muttersprachliche Austausch mit den Familien ist für uns die einzige Möglichkeit, auf sie zuzugehen, ihnen den gemeinsamen Weg aufzuzeigen und die Ängste zu nehmen.“
Ahmet Kimil freut sich, dass „Kleine Herzen“ diese Aufgabe übernommen hat und hofft, dass die Spendenbereitschaft weiterhin groß bleibt. Trotzdem wünscht er sich, dass das Bewusstsein für dieses Thema in der Gesellschaft zunimmt und die Politik die Bedeutung erkennt. Kimil: „Wenn wir das in Deutschland vielleicht in den nächsten Jahren nicht mehr als Vereine stemmen müssen und das auch immer mehr als eine staatliche Aufgabe verstanden wird, dann haben wir unsere Mission erfüllt.“