Das dieses Thema wichtig ist, zeigt die Zahl der Betroffenen: In Deutschland sind von der Inkontinenz ca. 6 bis 9 Millionen Menschen betroffen. Aber nur die Hälfte davon reden darüber mit ihrem Arzt. Der Grund dafür ist die erhöhte Schamgrenze. Und außerdem: Helfen kann der Arzt einem doch sowieso nicht bei Inkontinenz? Diese weit verbreitete Annahme ist jedoch falsch, was leicht am Beispiel der Stuhlinkontinenz bewiesen werden kann. Zur Verfügung steht hier zunächst die ambulante Therapie, die beispielsweise aus Beckenbodengymnastik, Veränderung der Ernährungsgewohnheiten oder Medikamenten bestehen kann. Dies gilt jedoch nicht, wenn eine krankhafte Veränderung des Enddarms vorliegt. Dann ist gleich zu einer Operation zu raten. Wichtig war es für Chefarzt Professor Mathias Löhnert in seinem Vortrag zu betonen, dass sich die Behandlung der Stuhlinkontinenz stets nach der Ursache richtet.
Gleiches gilt auch für die Harninkontinenz. Für die richtige Behandlung ist eine gezielte Voruntersuchung, die richtige Diagnosestellung, die konservative Vorbehandlung und geschultes Personal wichtig, erklärte Chefarzt Professor Werner Bader in seinem Vortrag. Zur Verfügung steht zunächst auch hier die ambulante Therapie. Es bieten sich Blasentraining, Beckenbodentraining und Entspannungstherapie an. Auch eine Operation der Harninkontinenz kann infrage kommen. Welche Behandlungsmethode empfehlenswert ist muss individuell mit dem Arzt abgesprochen werden, denn es gibt verschiedene Formen der Inkontinenz wie zum Beispiel die Belastungsinkontinenz oder die Dranginkontinenz.
Dr. Ulrike Gemander, niedergelassene Fachärztin für Urologie, appellierte an alle Betroffenen: "Wer sich traut hat gute Aussichten - ab zum Spezialisten!"
Diese Spezialisten findet man im neu gegründeten Beckenbodenzentrum im Klinikum Bielefeld Mitte/ Rosenhöhe und bei der Praxis Germander, das ein Netzwerk bildet aus verschiedenen Fachbereichen der Medizin wie Urologen, Gynäkologen und Chirurgen.
Vor dem Schritt zum Spezialisten, und damit auch dem Ausweg aus der Inkontinenz, steht jedoch noch die Schamgrenze, die überwunden werden muss. Um diese Grenze nicht allein übertreten zu müssen, wird eine Selbsthilfegruppe gegründet, die Anlaufstelle für alle Fragen rund um das Thema Inkontinenz ist. Vorteile der Selbsthilfegruppe sind die unabhängigen Informationen, die von Personen stammen, die selbst betroffen sind. So ist auch ein Erfahrungsaustausch unter Betroffenen möglich, bei dem man sich sicher sein kann, dass man in seinem Leid verstanden wird.
Nähere Informationen gibt es bei der Selbsthilfekontaktstelle Bielefeld (BIKIS) von der Paritätischen NRW. Gäste sind beim ersten Treffen der Selbsthilfegruppe am 15. Juli 2013 um 17 Uhr im Seminarraum 3 vom Klinikum Bielefeld Mitte herzlich willkommen.