Dies gilt auch für seine Einaktoper »Dark Waters«. Der Komponist selbst beschreibt sie als ein »Revolverstück, das mit den wohlbekannten Elementen des Wildwest-Dramas operiert: die klischeehaften Gangster, wie man sie in lang verstaubten zweitklassigen Hollywood-Filmen finden konnte, der dumme, leicht hereingelegte Polizist, die konventionelle Liebesgeschichte, der brave, aber schwache Held, der unversehens in Schuld verwickelt wird, und der unvermeidliche Sieg der Gerechtigkeit. (...) Was mich gereizt hat, war, die einfachen und echten Gefühlsgehalte, die unter der erkalteten (?) Oberfläche glimmen, durchscheinen zu lassen. (...) Um das herauszubringen, ließ ich mir die Gestalt eines rätselhaften Mädchens einfallen, das in der Nacht von einer Brücke auf das unten vorüber gleitende Boot springt. Jeder, der ihr begegnet, nimmt sie für etwas anderes, für das, was er in ihr sehen will.«
Vielleicht ist dieses ungreifbare Geschöpf jenen »Geistern über den Wassern« verwandt, die in einem der dunkelsten, abgründigsten Werke Franz Schuberts ein metaphorisches Bild menschlicher Existenz zeichnen? Das Programm koppelt den Gesang für acht Männerstimmen mit den »Dark Waters«. Mit verschiedenen Fassungen nahm Schubert seit 1816 gleich vierfachen Anlauf, was schließlich, im Februar 1821, zu einer seiner bedeutendsten Kompositionen überhaupt führte: das von Bratschen, Celli und Kontrabass begleitete Männeroktett. Die Vertonung eines Goethe-Gedichts kleidet die unheimliche Situation des geisterhaften Gesangs in ein klanglich-musikalisches »misterioso«. Sie verströmt eine erhabene, fast religiöse Aura und beschwört eindringlich das Rätselhafte, das Gefährdete des menschlichen Lebens.
»Dunkle Wasser«
Franz Schubert »Gesang der Geister über den Wassern« D 714 für acht Männerstimmen, zwei Violen, zwei Violoncelli und Kontrabass
Ernst Krenek »Dark Waters« - Oper in einem Akt op. 125 mit Olivia Stahn, Christoph Schröter, Nicholas Isherwood, Elisabeth Umiersky, Lars Grünwoldt, Ben Schnitzer, Sascha Borris, Matthias Bock, Eberhardt Krispin, Sven Goiny und dem modern art ensemble
Titus Engel Musikalische Leitung
Misha Aster Regie
Mirella Weingarten Bühne und Kostüme