Das Neue dabei: Nicht Referenten standen im Mittelpunkt der Veranstaltung, sondern die Teilnehmer selbst, die mit Engagement, Offenheit und Vertrauen ihren Anliegen Gehör verschafften.
In einem offenen und hellen «Marktplatz» im Lichthof der Universität Zürich-Irchel tauschten sich die über hundert Teilnehmenden der ganztätigen Veranstaltung angeregt aus. Prof. Dr. med. Thomas Cerny, Präsident der Krebsliga Schweiz und Chefarzt Onkologie Hämatologie, Kantonsspital St. Gallen meinte, «Die Krebsliga Schweiz hat mit Elefantenohren zugehört! Das war unser wichtigstes Anliegen, um Defizite und neue Impulse aufgreifen zu können. Und auch um bereits vorhandene Schnittstellen besser zu nutzen.» Die Patienten zu aktivieren und ihnen zu zeigen, dass ihre Stimme zähle, war das Ziel dieses Forums, so Prof. Cerny. Er präsentierte zum Abschluss des Patienten Forums drei Bereiche, in welchen sich die Krebsliga Schweiz für eine Verbesserung der genannten Defizite einsetzen wird: in der Kommunikation zwischen den Ärzten und den Patienten bzw. ihren Angehörigen, auf gesundheitspolitischer Ebene, nämlich bei der Rationierung von Leistungen und bei der Mitverantwortung der Patienten in Gremien.
Die Krebsliga Schweiz setzt sich dafür ein, dass Krebsbetroffene und Angehörige in allen Phasen ihrer Krankheit Zuwendung und Hilfe erfahren. Doch wie sieht denn die Unterstützung aus, die diese Menschen in den verschiedenen Bereichen des täglichen Lebens benötigen? Die Krebsliga Schweiz ist überzeugt, dass Krebsbetroffene und ihre Angehörigen am Besten wissen, welche Rahmenbedingungen sie für eine möglichst gute Lebensqualität brauchen. Um den vielfältigen Anliegen und Bedürfnissen dieser Menschen eine Stimme zu geben, veranstaltete die Krebsliga Schweiz am vergangenen Samstag, den 10. November 2007, das erste Patienten Forum in Zürich-Irchel. Vor allem nichtorganisierte Patientinnen und Patienten und ihre Angehörigen waren unter den etwa Hundert Teilnehmenden. Rund um das Forum standen ihnen ausserdem eine Fülle an Informationsmaterial und auskunftswillige Personen an Informationsständen der Krebsliga Schweiz und verschiedenen Patienten- und Selbsthilfeorganisationen zur Verfügung.Nicht zu vergessen, dass sich die Teilnehmenden von morgens bis abends an einem Buffet verpflegen konnten, es fehlte also an nichts. Prof. Dr. med. Thomas Cerny begrüsste die Teilnehmenden und forderte sie auf, ihre authentischen Stimme in das Forum einzubringen.
Um einer Vielfalt an vorhandenen Bedürfnissen, Anliegen und Ideen Raum zu geben, wurde die Moderationsmethode «Open Space» angewandt. Catherine Pfaehler und Irena Hegglin moderierten auf angenehme und ruhige Art die gesamte Veranstaltung. Sie sammelten und gruppierten gekonnt die Meinungen der aktiven Teilnehmenden und initiierten die Bildung von Arbeitsgruppen. Eine grosse Zahl an Teilnehmenden stellte ganz spontan ihre vielfältigen Anliegen vor. Persönliche Fragen sowie auch Tabuthemen
- beispielweise die Frage nach dem Umgang mit der sexualitaet nach erfolgtem Eingriff
- wurden genauso offen aufgegriffen wie auch Probleme des Gesundheitssystems und Schwierigkeiten im Umgang mit sich selbst. Angehörige suchten Rat im Umgang mit ihrer eigenen Ohnmacht, die sie nach der Krebsdiagnose eines geliebten Menschen erfasste.Eine Teilnehmerin einer Selbsthilfegruppe, die selbst von Brustkrebs betroffen ist, fragte, weshalb jüngere Patientinnen in solchen Gruppen nicht vertreten sind. Immer noch existierende Defizite bei der Kommunikation zwischen Arzt und Patient wurden ebenfalls diskutiert. Über mehrere Stunden wurde in kleineren oder grösseren Arbeitsgruppen diskutiert, Lösungen gesucht und zu Protokoll gebracht.
Anschliessend fasste jede Arbeitsgruppe ihr Anliegen zusammen und zeigte die Defizite und Lösungsansätze auf. Im Anschluss daran und als Abschluss des Patienten Forums erklärte Prof. Thomas Cerny dem Plenum, wie die Krebsliga Schweiz von den Krebsbetroffenen und ihren Angehörigen lernen konnte und dankte ihnen herzlich für das grosse Engagement und die offene Diskussionsbereitschaft. Viele Angebote, um Probleme bewältigen zu können, seien zwar bereits vorhanden, aber vielleicht zur falschen Zeit am falschen Ort. Bestehende Schnittstellen zum Patienten könnten optimaler gestaltet werden, beispielsweise in dem die kantonalen Krebsligen in dieser Hinsicht ihre Angebote anpassen und ausbauen. Darüber hinaus sei die Unterstützung für die Gründung einer Selbsthilfegruppe für Angehörige geplant. Prof. Cerny machte an drei konkreten Themen deutlich, wo sich die Krebsliga Schweiz aktiv einsetzen wird, um Verbesserungen zu erzielen. Das erste betrifft die Kommunikation, d.h. den Bereich der Psychoonkologie. Die Onkologen werden zwar bereits seit Jahren in der Kommunikation mit den Patienten und Angehörigen geschult. Häufig erfahren die Betroffenen aber von einem anderen betreuenden und nicht speziell ausgebildeten Arzt, dass sie Krebs haben.
Die Krebsliga Schweiz wird sich dafür einsetzen, gezielte Kommunikationskurse nicht nur Onkologen anzubieten, sondern auch Ärzten wie Hausärzten, Frauenärzten, Urologen oder Chirurgen, die mit Krebspatienten in Kontakt treten. Auch das Pflegepersonal wird miteinbezogen. Das zweite Thema betrifft die gesundheitspolitische Ebene,, z.B. die Rationierung.von Leistungen. Die Krebsliga Schweiz wird sich nach dieser Tagung noch vermehrt dafür einsetzen, dass auch Patienten ohne Zusatzversicherung eine optimale medizinische Versorgung erhalten Schon in der Vergangenheit engagierte sich die Krebsliga Schweiz in diesem Bereich und und in einem Gerichtsfall wurde diese Auffassung bestätigt.: Der Präsident der Krebsliga hat sich auch mit Erfolg dafür eingesetzt, dass eine medizinisch sinnvolle, neue Therapie von der Krankenkasse übernommen werden must, auch wenn das Medikament für diese Behandlung noch nicht zugelassen ist. Als drittes Thema wurde auf die Forderung nach Patientenvertretungen in Gremien der Gesundheitsorganisationen eingegangen. Die Krebsliga Schweiz beabsichtige, noch dieses Jahr eine geeignete Kandidatin für ihren Vorstand zu nominieren.
Damit die Interessen der Krebsbetroffenen und ihrer Angehörigen wirklich eine prominente Stimme bekommen, forderte der Präsident der Krebsliga Schweiz die Anwesenden auf, Multiplikatoren für ihre Anliegen zu sein. Er wünsche sich eine grosse Resonanz, damit die Krebsliga langfristig wichtige Themen auch auf gesundheitspolitischer Ebene beeinflussen kann. Für das Jahr 2010, nämlich zum hundertjährigen Jubiläum der Krebsliga Schweiz, wird ein mehrtägiges Patienten Forum geplant. Hier werden Betroffene und ihre Angehörigen wieder eine gewichtige Stimme erhalten und sich direkt an Politiker und Entscheidungsträger des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) und der Gesundheitsdirektorenkonferenz (GDK) bzw. die Verantwortlichen von Santé Suisse als Vertreter der Krankenversicherer wenden können.
Das Fazit zum ersten Patienten Forum 2007 war äusserst zufrieden stellend - es war eine grossartige Veranstaltung: Sowohl die im Mittelpunkt stehenden Krebsbetroffenen und ihre Angehörigen als auch die Zuhörer der Krebsliga und Selbsthilfeorganisationen waren überwältigt vom Mut und der Offenheit der Betroffenen, von der vertrauensvollen Atmosphäre, der perfekten Organisation und den vielfältigen Ergebnissen. In Erinnerung bleibt die Aussage eines Patienten: «Die Starken können nun hoffentlich von den Schwachen lernen.»