Denn auch bei den Apotheken zeichnen sich Probleme ab, die ähnlich gelagert in vielen anderen Branchen diskutiert werden. Fachkräftemangel und dadurch Lücken in der medizinischen Versorgung, komplizierte Abrechnungsmodalitäten, schwierige politische Rahmenbedingungen, hohe Belastungen durch den Notdienst und hohe finanzielle Aufwendungen sind nur einige drängende Aspekte. „80 Prozent der Apothekerinnen und Apotheker im Vogelsbergkreis sind älter als 50 Jahre – darunter auch einige, die mit weit über 70 oder 80 Jahren noch berufstätig sind“, ist aus den Reihen der Apotheker zu vernehmen. Und die Stimmung für die Zukunft ist getrübt, denn die aktuell „aufreibenden Rahmenbedingungen“ machen die Freude an eigentlich schönen Pharmazie-Berufen zunichte. Die Ausbildungen etwa zur Apothekerin oder zum Pharmazeutisch-Technischen-Assistenten (PTA) sei oft mit hohen Ausgaben verbunden und gerade bei PTAs seien die Wege hin zum schulischen Teil der Ausbildung sehr weit, berichtet eine Apothekerin. Auch das führt im ländlichen Raum zu Nachwuchssorgen.
„Um auch in diesem Zusammenhang die Versorgungssicherheit zu sichern, müssen die Bundes- und Landesregierung die von den Apothekern aufgezeigten Probleme anpacken“, sagt Dr. Mischak. Nur so können die mehr als 20 Apotheken im Kreisgebiet auch in Zukunft gehalten werden, können Nachfolger gefunden und Fachkräfte gewonnen werden, mahnt der Gesundheitsdezernent in Richtung zuständiger Stellen. Reformen im Abrechnungssystem mit den Krankenkassen oder die Organisation des Apotheken-Notdiensts sind nur zwei Aspekte, um etwa den Kostendruck auf die Apotheken abzufedern, die Fachkräftesicherung zu erleichtern und Hürden für den Schritt in die Selbstständigkeit für junge Menschen abzubauen. Denn die Vergütung ist – trotz steigender finanzieller Belastungen – seit Jahren nicht angepasst worden, wie die Apotheker berichten. Der Trend der vergangenen Jahre geht eher in die entgegengesetzte Richtung: Rabattverträge, etwa zwischen Herstellern und Krankenkassen, sorgen beispielsweise für die Verlagerung der Produktion ins Ausland, instabile Lieferketten oder gar dramatische Lieferengpässe. Denn es werden immer wieder Medikamente dorthin verkauft, wo Gewinne damit zu erzielen sind. Mit gravierenden Folgen, denn „teilweise sind Menschen wegen eines Fieberzäpfchens oder -safts für Kinder stundenlang unterwegs, und fahren alle Notdienstapotheken zwischen Marburg und Fulda an“, berichtet ein Apotheker und verweist auf ein weiteres Problemfeld: Die Organisation des Notdienstes. Während in anderen Bundesländern beispielsweise die Anzahl der Notdienste für Apotheken nach oben hin begrenzt ist und der Notdienstplan mittels Künstlicher Intelligenz optimiert wird, sind in Hessen sehr oft eng getaktete Notdienste mit hohen Belastungen zu finden. Auch kommt es immer wieder vor, dass teilweise benachbarte Apotheken gemeinsam Notdienst hätten. Das bedeutet weitere Wege, wenn beide Apotheken nicht für den Notdienst eingeteilt sind.
Selbstverständlich ist es, dass Apotheker wichtiger Bestandteil der medizinischen Versorgung der Region sind, doch die vielen bürokratischen Hürden, der Kostendruck, fehlender Nachwuchs, Lieferengpässe und hohe finanzielle Risiken durch Abrechnungsmodalitäten der Krankenkassen erschweren es den Apotheken, ihren Kernaufgaben nachzukommen. „Zum Wissenstransfer und zum Austausch hat daher der Vogelsbergkreis bereits einen Dialog gemeinsam mit der Ärzteschaft in der Region initiiert, der auch in Zukunft weitergeführt wird“, kündigt Gesundheitsdezernent Dr. Mischak an. Auch wird er die Sorgen und Nöte, die die Apotheker beim bundesweiten Protest am Mittwoch thematisieren, im Gesundheitsausschuss des Hessischen Landkreistags auf die Agenda setzen und „die Problematik bei Mandatsträgern auf Landes- und Bundesebene thematisieren“, stellt er abschließend klar.