Im Rahmen des Dorfentwicklungsprozesses wurde die Idee geboren, einen Weinberg anzulegen, erzählt Vereinsvorsitzender Georg-Peter Hagedorn. Abwegig war das Ganze nicht, zu früheren Zeiten muss es schon einmal Weinbau in Wingershausen gegeben haben, nicht zuletzt der Straßenname „Obere Weinbergstraße“ könnte darauf hindeuten. Nur einen Steinwurf entfernt findet sich nun tatsächlich ein Weinberg. Zunächst legten die Mitglieder des Vereins, der sich 2012 gegründet hatte, acht Parzellen an. Heute sind es 20 – jeweils 100 Quadratmeter groß.
Angebaut werden die roten Sorten Rondo und Bolero und die weiße Sorte Solaris. Sie nämlich sind für Höhenlagen besonders gut geeignet, wie die Wingershäuser in Geisenheim erfuhren. In der bekannten Weinstadt im Rheingau ließen sich die Oberhessen fachlich beraten und schulen. Dort wird auch ihr Wein gekeltert. Anfang September ist wieder Lese. Die Erntemengen in den vergangenen Jahren fielen – je nach Witterung – ganz unterschiedlich aus. 2018 war ein gutes Jahr. 875 Flaschen Wein konnten abgefüllt werden. Im vergangenen Jahr dagegen war die Ausbeute mit nur 156 Flaschen „sehr bescheiden“, wie Georg-Peter Hagedorn erzählt. Der Wein darf übrigens nicht in den Verkauf gehen. Jeder Winzer verköstigt sein edles Tröpfchen selbst.
Direkt nach der Lese geht es dann an den Bau der rund 80 Meter langen Trockenmauer oberhalb des Weinbergs, die einen „sehr wertvollen Lebensraum für eine Vielzahl von Tieren und Pflanzen darstellt“, wie Erster Kreisbeigeordneter Dr. Mischak bei der Bescheidübergabe unterstreicht. In den Spalten der Mauer könnten sich seltene Pflanzenarten wie der Weiße Mauerpfeffer ansiedeln. Reptilien, die die Wärme lieben, wie Zauneidechse, Blindschleiche oder Ringelnatter brauchen einen solchen Lebensraum. Hinzu kommen Wildbienen, Ameisen, Wespen, Spinnen oder auch Kröten, die sich in den Hohlräumen einnisten können. „Trockenmauern sind in den letztem Jahrzehnten immer seltener geworden, daher sollte auf dieses Biotop ein besonderes Augenmerk gelegt werden“, sagt Dr. Mischak.
25.000 Euro wird die Mauer kosten – finanziert aus dem sogenannten Ersatzgeld. Wenn bei bestimmten Bauprojekten – zum Beispiel bei neuen Funkmasten oder Windrädern - die geforderten Ausgleichmaßnahmen nicht geleistet werden können, ist dieses Ersatzgeld fällig, das in Naturschutzmaßnahmen fließt. „Das Geld ist in Wingershausen gut angelegt“, konstatiert der Erste Kreisbeigeordnete. „Der Natur wird etwas zurückgegeben, die lokale Biodiversität auf dem Weinberg wird gefördert.“
Zusätzlich zur Trockenmauer wird vom Verein in Eigenleistung ein Insektenhotel gebaut, um auch die lokale Insektenpopulation zu fördern, kündigt Vereinsvorsitzender Hagedorn abschließend an.