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Fade into You am Mittwoch, den 24.4.2013, 19 Uhr

(lifePR) (Mainz, )
Jedes Detail in den opulenten Skulpturen und Filmen von Matthew Barney ist Bestandteil eines Codex, der eine komplex angelegte Parallelwelt konstituiert. Seit 1994 beschäftigt sich Barney mit seinem Cremaster-Zyklus, einem fünfteiligen Drama von wagnerschen Dimensionen. Jeder der Filme verweist mit einer Vielzahl obskurer Symbole und Handlungen auf die sexuelle Fortpflanzung und umgibt sie zugleich mit einem Geheimnis. Benannt ist der Zyklus nach den Kremaster-Muskeln, die das Anheben und Absenken der Hoden ermöglichen, die aber auch den Austritt der männlichen Geschlechtsorgane beim Fötus bewirken.

CREMASTER 2 (1999) zeigt einen morbiden Western, der ein Konflikt in das System einführt.

Auf der biologischen Ebene korrespondiert er mit der Phase einer fötalen Entwicklung während welcher die Geschlechterscheidung beginnt. In Matthew Barneys Abstraktion dieses Prozesses ist das System resistent gegen die Spaltung und versucht im Stadium des Gleichgewichtes zu verharren, welcher in Cremaster 1 imaginiert wurde. Cremaster 2 bringt diesen regressiven Impuls zum Ausdruck durch die loopende Erzählweise, die sich von 1977, dem Jahr der Hinrichtung Gary Gilmores bis 1893, dem Zeitpunkt als Harry Houdini, der Gilmores Großvater hätte sein können, auf der Weltausstellung in Chicago auftrat. Der Film strukturiert sich um drei miteinander verknüpfte Themen - die Landschaft als Zeuge, die Geschichte Gilmores (von Barney gespielt), und das Leben der Bienen - welche metaphorisch das Potential der Rückwärtsbewegung beschreiben, womit man dem jeweiligen Schicksal entflieht. Sowohl Gilmores Verwandtschaft zu Houdini (gespielt von Norman Mailer) als auch die Ähnlichkeit zu den männlichen Bienen werden in der Séance der einführenden Szene etabliert, während Houdinis Seele beschworen wird und Gilmores Vater verstirbt, nachdem er seine Frau befruchtet hat. Gilmores Vorsehung seiner zum Untergang geweihten Rolle als Drohne wird ausgedrückt in der folgenden Sequenz in einem Aufnahmestudio, wo Dave Lombardo, ehemaliger Drummer von Slayer, ein Solo zum Sound der schwirrenden Bienen spielt. Ein Mann, der von Bienen bedeckt ist und mit der Stimme von Steve Tucker, Sänger von Morbid Angel, "singt", knurrt ins Telefon. Kollektiv verweisen diese Figuren auf Jonny Cash, von dem gesagt wurde, er hätte Gilmore in der Nacht seiner Exekution als Reaktion auf den Sterbenswunsch angerufen. Barney schildert Gilmores Mord an einem mormonischen Tankstellenbediensteten sowohl in bildhauerischer als auch in dramatischer Form. Dass Gillmore aus dem Verlangen mit seiner Freundin, Nicole Barker, vereinigt zu sein, tötete, lässt sich aus der die Beziehung repräsentierenden Verwachsung der beiden Autos folgern: dem blauen und dem weißen 1966er Mustang, welche diese zufälligerweise tatsächlich besaßen. In der Mordsequenz schießt Gilmore seinem Opfer in den Hinterkopf. Dieser Akt setzt das Gerichtverfahren und den Urteilsspruch in Gang, worin er zum Tode verurteilt wird, was er bereitwillig annimmt trotz aller Bemühungen, das Urteil aufzuheben. Barney führt das Gericht Gilmores im Mormon Tabernacle Choir auf. Gilmore begrüßt das Todeurteil, verweigert die Berufung des Richterspruchs und wählt die Hinrichtung durch das Exekutionskommando, eine wörtliche Interpretation des mormonischen Glaubens, dass Blut vergossen werden muss, damit ein Sünder Erlösung erfährt. Seine Hinrichtung wird als ein Rodeo im Gefängnis präsentiert, welches als eine aus Salz geformte Arena in der Mitte der gefluteten Bonneville Salt Flats erscheint. Gilmore wird auf einen Stier herabgelassen und reitet in seinen Tod. In Barneys Interpetation der Hinrichtung, war Gilmore weniger daran interessiert, eine Erlösung im Sinne der Mormonen zu erlangen als am Vorführen eines chronologischen Two-Step-Tanzes, welcher ihn zurückgeführt hätte zu seinem vermeidlichen Großvaters, Houdini, welcher wie er seinen Begriff von Freiheit in der Selbsttransformation identifiziert. Auf der Suche, seinem Schicksal zu entfliehen, wählt er den Tod in einem Akt von ultimativem Eigenwillen. Gilmores metaphorische Überfahrt zurück zur Jahrhundertwende wird als Tanzsequenz wiedergegeben, dargeboten durch den Texas Two-Step. Der Film endet in der Weltausstellungshalle, worin sich Gilmores Großmutter Baby Fay La Foe Houdini nähert, um ihn zu verführen, ein Akt, der die zirkuläre Erzählstruktur von Cremaster 2 in Bewegung setzt.

Courtesy Sammlung Goetz

Für die Weinspende danken wir der Gerda und Kuno Pieroth Stiftung aus Bingen am Rhein, die junge zeitgenössische Kunst mit dem Schwerpunkt Skulptur fördert und in einem dreijährigen Rhythmus eine Skulpturenausstellung in Bingen am Rheinufer realisiert.

Diskussionsrunde nach dem Motto: VIEW, DRINK AND TALK

Kostenbeitrag 3,- Euro. Wein gratis.

FADE INTO YOU Series of Video Art
Sabine Idstein präsentiert:

episode VII
am Mittwoch, 24. April 2013 um 19 Uhr

Matthew Barney: Cremaster 2, 1999


Vorschau
Vortrag von Fabienne Liptay (Ludwig-Maximilians-Universität München: In der Zwischenzeit. Bemerkungen zu David Claerbout am Mittwoch, den 8. Mai 2013 um 19 Uhr

Öffentliche Rundgänge
sonntags 15 Uhr

Öffnungszeiten: Di, Do, Fr 10 - 17 Uhr / Mi 10 - 21 Uhr / Sa, So 11 - 17 Uhr

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