Die Partylaune an den Aktienmärkten scheint erst einmal verflogen zu sein. Im noch jungen zweiten Quartal dominieren die Minuszeichen das Kurstableau der international führenden Aktienindizes. Besonders hart erwischte es die bisherigen "Überflieger". So haben beispielsweise sowohl in den USA als auch hierzulande die Mid-Cap-Indizes deutlich mehr verloren als die jeweiligen Standardwerte- Indizes. Auch der technologielastige NASDAQ Composite musste zuletzt Federn lassen. Angesichts zum Teil recht ambitionierter Bewertungsniveaus scheinen viele Anleger inzwischen nicht mehr bereit zu sein, noch länger auf die erhoffte Verbesserung der Gewinnperspektiven zu warten. Auch die anhaltenden Spannungen zwischen Russland und der Ukraine dürften ihren Teil dazu beigetragen haben, dass sich die Risikoneigung der Anleger zuletzt sichtbar verringert hat. So weisen Investorenumfragen inzwischen ein klares Übergewicht an Pessimisten aus. Im Sinne der Kontraindikation könnte dies zwar gewissen Halt geben. Mehr als eine kurze Zwischenerholung geben allerdings die fundamentalen Rahmenbedingungen nicht her.
So scheint nicht nur die Stimmung der Aktienanleger ihren Höhepunkt überschritten zu haben. Auch konjunkturelle Frühindikatoren deuten darauf hin, dass für Aktien inzwischen die ungünstigste Phase im Zyklus angebrochen ist. So sind die ZEW-Konjunkturerwartungen für den Euroraum zuletzt zum dritten, die für Deutschland sogar zum vierten Mal in Folge gesunken. Damit wird zunehmend fraglich, ob die Wachstumsdynamik ausreicht, um die notwendigen Steigerungsraten bei den Unternehmensgewinnen zu liefern. Schließlich überwogen schon zuvor weltweit die Abwärtsrevisionen bei den Schätzungen der Nettoergebnisse auf Zwölfmonatssicht. Auch die in den USA inzwischen angelaufene Zwischenberichterstattung über das erste Quartal macht wenig Hoffnung, dass die ambitionierten mittelfristigen Gewinnziele erreicht werden. Trotz massiver Abwärtsrevisionen im Vorfeld konnten von den ersten fünf Prozent der Unternehmen aus dem S&P 500, die bereits Ergebnisse vorgelegt haben, lediglich 56 % positiv überraschen. Dieser Anteil liegt deutlich unter dem langfristigen Durchschnitt von 65 %. Zwar hat sich in den vergangenen Quartalen gezeigt, dass nach einem schwachen Start in die Berichtssaison der Anteil positiver Überraschungen im weiteren Verlauf noch ansteigt. Dies ist jedoch auch darauf zurückzuführen, dass die Erwartungen weiter reduziert werden. Angesichts der inzwischen erreichten Bewertungsrelationen dies- und jenseits des Atlantiks bestehen aber kaum noch Puffer für Ergebnisverfehlungen.
Zwar ist es allein auf Basis fundamentaler Bewertungszusammenhänge kaum möglich, den Kursgipfel genau zu bestimmen. Allerdings lässt sich klar ableiten, dass aus strategischer Sicht auf dem gegenwärtigen Kursniveau die Abwärtsrisiken überwiegen. Die gestiegene Bereitschaft, Gewinne mitzunehmen ist ein Indiz dafür, dass Anleger inzwischen nicht mehr bereit sind, noch höhere Bewertungen zu akzeptieren. Dies liegt u.E. weniger an den mit dem Ukraine-Konflikt verbundenen geopolitischen Risiken als vielmehr an der mangelnden Gewinnperspektive der Unternehmen. Wir raten daher, mögliche Zwischenerholungen zu nutzen, um den Aktienanteil zu reduzieren.