- In den letzten Wochen zeigte sich der Euro recht robust, das Britische Pfund konnte sogar stärker zulegen. Währungen von Rohstoffexporteuren und insbesondere einigen Schwel-lenländern gerieten merklich unter Druck.
- Das Britische Pfund bewegte sich gegenüber dem Euro in den letzten Monaten in engen Bahnen. Dabei spricht die merklich anspringende Konjunktur in Großbritannien eigentlich für eine Pfund-Aufwertung. Allerdings hält die Bank of England trotzdem noch längere Zeit ihren Leitzins niedrig, die Seitwärtsentwicklung des Euro-Pfund-Kurses dürfte vorerst anhal-ten. Erst 2014 gewinnt das Pfund an Aufwertungspotenzial.
- Helaba Währungsprognosen
Für Großbritannien hätte der Sommer schlimmer kommen können. Das Wetter war warm und trocken. In Wimbledon gewann erstmals seit 77 Jahren wieder ein Brite das Tennisturnier. Die königliche Familie kann sich an ihrem neuen Thronerben erfreuen. Und sogar die Konjunktur scheint anzuspringen. Am Devisenmarkt hielt sich die Euphorie allerdings in Grenzen. Gegenüber dem Euro veränderte sich das Pfund per saldo kaum, im Vergleich zum US-Dollar zeigte sich ein marginales Plus. Immerhin hat sich die Talfahrt aus dem ersten Quartal 2013 nicht mehr weiter fortgesetzt. Nichtsdestotrotz verbleibt gegenüber Euro und US-Dollar seit Jahresbeginn ein Minus.
Die britische Währung verlor während der Finanzkrise 2008/09 kräftig und erholte sich dann etwas. Gegenüber dem Euro verlief die Aufwertung 2012 zeitweise deutlicher. Mittlerweile steht der Euro- Pfund-Kurs mit 0,85 mitten in dem Band von 0,80 bis 0,90, in dem er sich seit 2010 weitgehend bewegte. Zwar wurde Großbritannien im Gegensatz zu einigen Staaten der Eurozone nie ernsthaft als Krisenkandidat angezählt. Wirtschaftlich erging es dem Land aber lange nur wenig besser als der Eurozone. Die konjunkturelle Erholung erwies als eine der schwächsten der Historie. 2012 wuchs das britische Bruttoinlandsprodukt um gerade einmal 0,2 %. Grundsätzlich leidet Großbritannien unter ähnlichen Problemen wie die europäischen Krisenländer: eine geplatzte Hauspreisblase, Probleme im Finanzsektor, eine hohe private Verschuldung sowie ein hohes staatliches Budgetdefizit.
Nach mehreren schwierigen Jahren hellt sich nun jedoch die Lage der britischen Wirtschaft zunehmend auf. So wuchs das Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal um 0,6 % zur Vorperiode. Gute Vierteljahresdaten kamen auch in den Vorjahren vereinzelt vor, waren aber meist bedingt durch Sonderfaktoren. Diesmal überrascht, wie breit gestreut - nämlich in allen angebotsseitigen Sektoren bzw. Subsektoren - das Wachstum ausfällt. Die weiteren Konjunkturaussichten verbessern sich ebenfalls. So befinden sich einige Stimmungsindikatoren sowohl aus der Industrie als auch aus dem Dienstleistungsgewerbe fast schon wieder auf den Boomniveaus von vor der Finanzkrise. Sogar die britischen Verbraucher sind mittlerweile deutlich besser gelaunt und geben auch tatsächlich mehr Geld aus. So stiegen im Juli die realen Einzelhandelsumsätze mit der höchsten Vorjahresrate - im Dreimonatsdurchschnitt - seit Anfang 2008.
Angesichts des schwachen Wirtschaftswachstums und öffentlichen Stellenabbaus in den letzten Jahren hatte sich der Arbeitsmarkt gut geschlagen. Die private Beschäftigung expandierte signifikant. Die Zahl der Arbeitslosen fiel in elf der letzten zwölf Monate. Damit verbessert sich im Trend das Einkommen, selbst wenn sich die Lohnzuwächse bislang in Grenzen halten. Zwar sitzen die privaten Haushalte immer noch auf einem Berg von Schulden. Jedoch wurde dieser zum Teil abgetragen, so dass die Verbraucher wieder etwas mehr Spielraum für Ausgaben haben. Sogar von den Vermögenspreisen kommt eine gewisse Unterstützung. Die Häuserpreise steigen nach mehrjähriger Stagnation sukzessive an, Frühindikatoren sprechen für eine weitere Beschleunigung. Der Wohnimmobilienmarkt ist nach dem Platzen der Blase nicht unbedingt auf ein sehr günstiges Niveau gefallen. Warnungen vor einer neuerlichen Blase sind jedoch deutlich verfrüht.
Die Unternehmen zeigten sich bislang sehr zögerlich mit ihren Investitionen. Sie reduzieren ihre recht hohe Verschuldung, die Kreditmengen sind rückläufig, z.T. bedingt durch ein restriktiveres Angebot der Geschäftsbanken. Wegen der hohen Finanzierungsüberschüsse besteht Potenzial für merklich höhere Unternehmensausgaben. Eine Belebung im Konsum und nachlassende Sorgen wegen der europäischen Schuldenkrise könnten die Investitionsbereitschaft verbessern, zumal. der britische Export zuletzt nach oben tendierte. Hingegen steht die Regierung immer noch auf der Bremse. Das Haushaltsdefizit soll weiter zurückgeführt werden, was das gesamtwirtschaftliche Wachstum dämpfen wird. 2013 wird das Bruttoinlandsprodukt vermutlich um gut 1 % zulegen. Im kommenden Jahr dürfte die britische Wirtschaft um zumindest 1,5 %, wenn nicht sogar stärker expandieren.
Die Inflation lag im Juli mit 2,8 % nach wie vor deutlich über der 2,0 %-Zielmarke der britischen Notenbank. Zwar dürfte sich die Teuerung basisbedingt bis Jahresende etwas abmildern, aber gerade mit Blick auf 2014 bleibt die Preissteigerung zu hoch. Die Bank of England (BoE) hingegen fokussiert sich unter ihrem neuen Notenbankchef Carney auf gesamtwirtschaftliche Überkapazitäten und erkennt damit wenig Inflationsrisiken. Sie bindet sich an ihre Niedrigzinspolitik zumindest solange, bis die Arbeitslosenquote unter die Schwelle von 7 % (derzeit 7,8 %) gefallen ist. Dies wäre gemäß BoE-Projektion nicht vor 2016 der Fall. Gleichwohl hat sich die Notenbank Hintertürchen - eine höhere Inflationsprognose als 2,5 %, zu hohe Inflationserwartungen sowie die Bedrohung der Finanzstabilität - offen gelassen, um die Zinsbindung außer Kraft zu setzen. Die Marktreaktion nach der Veröffentlichung - Zinsen und Pfund stiegen - zeigt, dass die Notenbank gerade angesichts der in den vergangenen Jahren erhöhten Inflation im Königreich wohl doch eher ein Scheunentor offen gelassen hat. Zinsänderungen sind jedoch bis auf weiteres nicht zu erwarten, genauso wenig wie neue Kaufprogramme.
Die Geldpolitik ist häufig der wichtigste Treiber am Devisenmarkt. Die EZB hat im Vergleich zur BoE sicherlich die größeren Sorgen, selbst wenn die europäische Schuldenkrise sich entspannt und die Rezession überwunden wird. Von einer restriktiveren Geldpolitik ist die EZB damit noch sehr weit entfernt, wahrscheinlich weiter als die BoE. Schließlich liegt die Inflation in der Eurozone - im Juli 1,6 % - auf deutlich niedrigerem Niveau als in Großbritannien und das Wachstum hinkt hinterher. Noch spricht die Wartehaltung beider Notenbanken für eine Seitwärtsentwicklung beim Euro-Pfund-Kurs um 0,85. So liefern auch die kürzerfristigen Renditedifferenzen am Kapitalmarkt derzeit keine deutlichen Impulse. Erst mit Blick auf 2014 dürfte das Pfund den britischen Wachstumsvorsprung in eine gewisse Aufwertung ummünzen, da dann eine restriktivere BoE-Politik an den Finanzmärkten sukzessiv eskomptiert werden sollte.
Während Großbritannien im konjunkturellen Verlauf nun einen Vorsprung gegenüber der Eurozone besitzt, liegt es hinter den USA klar zurück. Lange Zeit spielte dies kaum eine Rolle, da die USGeldpolitik dennoch äußerst expansiv ausfiel. Im laufenden Halbjahr zeichnet sich jedoch ein Kurswechsel ab, die Federal Reserve wird ihr Wertpapierkaufprogramm wohl allmählich herunterfahren. Auch wenn sich aktuell keine Zinserhöhungen abzeichnen, so wird die Fed vermutlich die erste der drei Notenbanken sein, die die Zinsschraube nach oben dreht. Der Pfund-Dollar-Kurs dürfte daher unter Druck geraten und von gut 1,56 unter 1,50 fallen.