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Dänemark: Wann wird's mal wieder richtig schwungvoll?

(lifePR) (Frankfurt am Main, )
In Dänemark bleibt das BIP-Wachstum auch 2012 mit 0,7 % gegenüber dem Vorjahr schwunglos. Die neue Mitte-Links-Regierung ist gefordert, den schwierigen Spagat zwischen Konjunkturstimulierung und Haushaltskonsolidierung zu meistern.

Die in der EU derzeit dominierende Verschuldungsthematik lässt beinahe vergessen, dass seit dem Jahreswechsel ein kleines Land im Norden die Ratspräsidentschaft inne hat: Anfang 2012 übernahm Dänemark den Staffelstab von Ungarn und wird bis zum 30. Juni nach besten Kräften zur Lösung der aktuellen Krise beitragen. Die vorgelegte Agenda fokussiert u.a. auf die Implementierung der beschlossenen Regeln zur fiskalischen und wirtschaftlichen Stabilität in der EU. Der Elan des Landes wird sich jedoch kaum entfalten können, denn durch das "Euro opt-out", das Dänemark 1992 ausgehandelt hat, muss es in Abweichung vom sonst geltenden EU-Recht die gemeinsame Währung selbst bei Erfüllung der Maastricht-Kriterien nicht übernehmen. Dies führt jedoch dazu, dass das Land bei den Sitzungen der Euro-Finanzminister außen vor bleibt und damit in Sachen Krisenmanagement eher Zuschauerstatus hat. Auch Großbritannien und Polen sind davon betroffen und bemängeln dies. Die Weiterentwicklung des Binnenmarktes, der Umweltschutz und die Stärkung des Schengen-Abkommens sind weitere Themen auf der dänischen Agenda.

Im eigenen Land kann Dänemark dafür umso mehr sein Krisenmanagement unter Beweis stellen, denn der EU-Vorsitz fällt auch hier in eine Phase voller Herausforderungen: Das Land kämpft noch immer mit den Auswirkungen der Rezession 2008 und 2009, ohne dass es - wie seine nördlichen Nachbarn - im Anschluss daran ein nennenswertes Wachstum generieren konnte. Die reale Wachstumsrate des BIP (Bruttoinlandsprodukt) driftete bereits im dritten Quartal 2011 gegenüber dem Vorquartal wieder ins Minus. Die vorliegenden Daten deuten auf einen schwachen Jahresabschluss hin, so dass Dänemark technisch sogar wieder in die Rezession gerutscht sein könnte. In jedem Fall bleibt das Wachstum im Vorjahresvergleich 2012 mit voraussichtlich +0,7 % abermals sehr verhalten (2011: +0,9 %). Erst 2013 dürfte wieder eine Eins vor dem Komma stehen.

Keine Erholung am Immobilienmarkt

Eine der Ursachen für das fortgesetzt schwache Wachstum ist im Absturz der aufgeblähten Immobilienpreise zu finden: Seit Mitte der 90er Jahre waren die Preise dänischer Wohnimmobilien mit zunehmendem Tempo gestiegen. Die markante Korrektur in der zweiten Hälfte des letzten Jahrzehnts brachte für die dänischen Immobilienbesitzer einen spürbaren Vermögensverlust, der in den Nachbarländern so nicht stattgefunden hat. In Schweden und Finnland ist erst am aktuellen Rand ein leichter Rückgang des Preisniveaus zu verzeichnen.

Konsumenten wieder pessimistischer

Hinzu kommt ein starker Anstieg der Arbeitslosenquote ab 2008 auf zuletzt 7,8 % (Dez. 2011), den höchsten Wert seit über 17 Jahren. Und auch das Konsumentenvertrauen, das 2009/10 wieder mehr Optimismus signalisiert hatte, ist 2011 wieder deutlich gesunken. Damit dürfte der Konsum 2012 verhalten bleiben. Die von der im September 2011 gewählten Regierung angekündigte weitere Entlastung von Löhnen und Gehältern ist in diesem Zusammenhang zu begrüßen und sollte bei solider Gegenfinanzierung schnellstmöglich umgesetzt werden.

Bei den harmonisierten Verbraucherpreisen hatte Dänemark in den letzten beiden Jahren nach Finnland den stärksten Zuwachs in der Region. Gegenüber dem Spitzenwert von fast 5 % im August 2008 und einem zweiten Hoch von 3,1 % im Mai 2011 hat sich der Preisanstieg aber wieder beruhigt auf 2,4 % am Jahresende. 2012 wird die Inflation im Durchschnitt bei gut 2 % liegen (2011: 2,7 %), so dass die Preisentwicklung den Konsum nicht belasten sollte. Handlungsdruck für die Zentralbank besteht von der Preisseite somit nicht. Ohnehin richtet sie ihr Augenmerk hauptsächlich auf die stabile Währungsrelation zum Euro. Zu diesem Zweck hat sie zuletzt Mitte Dezember 2011 den Leitzins auf ein historisches Tief von 0,7 % gesenkt.

Regierung stützt

Angesichts der seit einigen Jahren schwachen Konsumtätigkeit und seit 2008 schrumpfenden Investitionen sind Unterstützungsmaßnahmen der öffentlichen Hand naheliegend. Schon die letzte Regierung versuchte, durch höhere Staatsausgaben für Investitionen, Arbeitsmarktmaßnahmen etc. die Rezession 2008 und 2009 abzufedern. Die neue Mitte-Links-Regierung der sozialdemokratischen Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt hat in ihren Budgetplänen für 2012 und 2013 Mittel in Höhe von insgesamt 2 1/2 Mrd. Euro (rund 1 % des BIP) u.a. für Infrastrukturinvestitionen, Schulen, Hospitäler, Sozialwohnungen und Energieprojekte vorgesehen. Der Handlungsspielraum zur Konjunkturstimulierung ist allerdings begrenzt. Denn bereits jetzt hat das Gegensteuern in den öffentlichen Finanzen deutliche Spuren hinterlassen: Der Haushaltssaldo rutschte 2009 ins Minus und hat sich seither ausgeweitet. 2012 dürfte das Defizit auf 5,5 % des BIP wachsen, nach rund 3 % im Jahr 2011.

Einmaleffekte belasten

Außer konjunkturbedingt schwächeren Einnahmen und den höheren Ausgaben schlagen hier auch Einmaleffekte zu Buche: Die Höhe der zusätzlichen Ausgaben in 2012 wird stark davon abhängen, wie viele Dänen bis Oktober von der Option Gebrauch machen, ihre in das Frührentensystem eingezahlten Beträge zurückzufordern. Schätzungen gehen von möglichen Belastungen des Haushalts in Höhe von umgerechnet bis zu 3 1/2 Mrd. Euro aus. Die künftigen Einsparungen durch die Reform des Systems dürften dies jedoch mehr als aufwiegen, so dass sich insgesamt eine Entlastung ergibt.

Steuererhöhungen zur Konsolidierung der öffentlichen Finanzen sind kaum möglich, denn die Steuerbelastung ist in Dänemark bereits hoch: Die Abgabenquote lag 2010 bei fast 50 % des BIP und damit europaweit an der Spitze (Deutschland: 39,5 %), so dass der Raum zur Defizitbekämpfung über die Einnahmeseite begrenzt ist. Die Einführung der Steuer auf ungesunde Fette im Herbst 2011, die rund 1,5 Mrd Kronen (rund 200 Mio. Euro) zusätzlicher Einnahmen bringen soll, zeigt, dass weitere potenzielle Einnahmequellen gesucht werden. Einen langfristigen Entlastungseffekt auf die Finanzen werden die Reformen im Rentensystem bewirken, wie das kürzlich auf 69 Jahre erhöhte Renteneintrittsalter für die Jahrgänge nach 1967.

Schuldenstand stark angestiegen

Auch der Schuldenstand ist in den letzten Quartalen deutlich von 43,7 % des BIP Ende 2010 auf knapp 50 % im dritten Quartal 2011 angestiegen. Obwohl die absolute Höhe - v.a. nach derzeitigen europäischen Maßstäben (Deutschland und EU 27: rund 82 %) - noch wenig besorgniserregend erscheint, macht das Tempo des Anstiegs zügige Korrekturen notwendig, um die langfristige Stabilität zu gewährleisten. Beim Einsparpotenzial ist u.a. an den umfangreichen Beamtenapparat zu denken, den sich der dänische Staat leistet: Fast ein Fünftel seines BIP gab Dänemark 2010 für die Gehälter öffentlicher Bediensteter aus, das Land lag damit OECD-weit mit Abstand an der Spitze. In Deutschland war der Anteil knapp halb so hoch. Aber auch beim Konzept des Wohlfahrtstaats werden weitere Einschnitte und Effizienzsteigerungen nötig sein, damit das System dauerhaft finanzierbar bleibt.

Bankensektor belastet

Ein Belastungsfaktor ist der Bankensektor, der von den Korrekturen am Immobilienmarkt in Mitleidenschaft gezogen wurde und umfangreiche Hilfen der öffentlichen Hand erhielt. Die Zahl der dänischen Banken fiel durch Schließungen und Zusammenschlüsse innerhalb von gut drei Jahren bis Mitte 2011 um fast ein Fünftel auf 121. Die Turbulenzen im Bankensektor wirken sich über die Kreditvergabe auch negativ auf das Wachstum aus. Insbesondere für kleinere Banken hat sich die Refinanzierung verteuert, die Standards in der Kreditvergabe wurden restriktiver. Insgesamt schrumpft der Kreditbestand an die Unternehmen seit Herbst 2010, während er in Schweden zumindest noch schwach wächst und in Finnland sogar seit etwa einem Jahr an Schwung gewinnt.

An den Spitzenratings der internationalen Agenturen haben die Probleme Dänemarks bislang nichts geändert. Denn an der Zahlungsfähigkeit des Landes besteht trotz gestiegener Staatsverschuldung derzeit kein Zweifel. Zum einen gibt die Währungsbindung an den Euro, die die dänische Zentralbank bislang erfolgreich verteidigt hat, innerhalb Europas Stabilität. Zum anderen unterstreichen die günstigen Refinanzierungsbedingungen für den dänischen Staat, die sich aus der rekordniedrigen Verzinsung seiner zehnjährigen Anleihen (unter 2 %) ergibt, die positive Einschätzung der Finanzmärkte. Dänemark scheint hier zusammen mit den anderen nordeuropäischen Ländern als ein sicherer Hafen in Euro-Krisenzeiten wahrgenommen zu werden und kann dabei wie Schweden günstigere Konditionen erhalten als Finnland, das Mitglied in der Eurozone ist.

Dänemark kann Brücke sein

In Umfragen lehnten die Dänen die Euro-Einführung im eigenen Land immer wieder ab. Dennoch tangieren die Probleme der Eurozone das Land schon aufgrund der engen Handelsbeziehungen mehr als nur am Rande. Die Sonderstellung, die es als "Beinahe-Euroland" inne hat - enge Wechselkursbindung bei gleichzeitigem "Euro opt-out" - hat zwar Nachteile, wie der Streit um die Zulassung zu den Sitzungen der Euro-Finanzminister gezeigt hat. Dies könnte Dänemark aber dazu nutzen, eine Brücke zwischen Euro- und Nicht-Euroländern zu schlagen, bevor es am 1. Juli den Staffelstab der Ratspräsidentschaft an Zypern weitergibt. Auch vor dem Hintergrund des angestrebten Haushaltspaktes zur Stabilisierung der Staatsfinanzen in der EU wird es immer wichtiger, dass alle EU-Länder - vor dem Beharren auf nationalen Interessen - an einem Strang ziehen.

Innenpolitisch ist Dänemark in der komfortablen Situation, vor dem Hintergrund einer noch relativ moderaten Staatsverschuldung umzusteuern, um auf der Basis einer niedrigeren Abgabenbelastung die Weichen auf Wachstum zu stellen. Bei einzelnen Projekten, wie etwa im Rentensystem hat das Land seine Reformfähigkeit bereits unter Beweis gestellt. Die neue Regierung sollte nun ihren Schwung nutzen, solange der Legislaturperiode noch der sprichwörtliche Zauber des Anfangs anhaftet.
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