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Vertrau(d)lich: Eurozone in der Reha-Phase

(lifePR) (Frankfurt am Main, )
Jüngst hatte ich einen Skiunfall. Dabei ist das vordere Kreuzband des rechten Knies komplett abgerissen. In der akuten Krisenphase musste ich eine wichtige Entscheidung treffen: Operieren oder konservativ therapieren lassen, was in diesem Fall nichts anderes hieß, als für den Rest des Lebens auf dieses Stabilisierungselement des Knies zu verzichten. Die Alternative war klar: Ent-weder ich verzichte weitgehend auf intensive sportliche Aktivitäten oder ich trainiere die Beinmus-kulatur wie ein Hochleistungssportler, so dass diese teilweise die Stabilisierungsaufgabe über-nehmen kann. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Knie auf diese Art wieder voll einsatzfähig wird, ist aber eher gering. Allerdings hätte ich mir eine Operation mit Vollnarkose ersparen können.

Ich entschied mich in der Krisenphase für den schmerzhaften operativen Eingriff. Mehrere Tage konnte ich gar nicht gehen. Dann begann jedoch die Aufbauphase. Anfangs durfte das rechte Bein noch nicht ganz belastet werden, so dass die Fortbewegung nur mit Gehhilfen möglich war. Mittels intensiver Physiotherapie und einer unterstützenden Orthese konnte ich aber bald wieder erste Schritte machen. Ich bin zwar noch nicht sehr schnell, von Laufen bzw. Rennen kann noch keine Rede sein, aber ich bewege mich wieder eigenständig und kann kleinere Distanzen sogar ohne Gehhilfen bewältigen.

Warum berichte ich so detailliert darüber? Zum einen natürlich, weil mich das Thema in den letzten drei Wochen intensiv beschäftigt hat. Zum anderen aber auch, weil ich unmittelbare Parallelen zur Staatsschuldenkrise in der Eurozone sehe.

Die unmittelbare Krisenphase ist offenbar in beiden Fällen überstanden. Die Rekonvaleszenten stehen wieder auf eigenen Beinen und machen weitere Fortschritte. Der Fitnessgrad ist noch nicht vergleichbar mit einem gesunden Körper bzw. einer Volkswirtschaft ohne Strukturprobleme, aber die Leistungsfähigkeit wird jeden Tag durch Training ein bisschen gesteigert. So absolviert auch die Eurozone zielstrebig die Rehabilitationsphase.

Die öffentliche Wahrnehmung ist jedoch größtenteils noch eine andere. Diejenigen, die mich laufen sehen, sagen: "Das sieht aber nicht gut aus". Ähnlich wird die Entwicklung in der Eurozone beur-teilt. Meist erfolgt der Hinweis auf die sehr hohe Arbeitslosigkeit und die noch niedrigen Wachs-tumsraten. Übersehen wird allerdings, dass die Arbeitslosigkeit in den meisten europäischen Län-dern langsam zurückgeht. Mit einer Wachstumsrate von rund einem Prozent wird die Eurozone in diesem Jahr zwar noch keine großen Sprünge machen. Aber dies ist am Anfang eines Reha-Programms auch gar nicht möglich. Entscheidend ist, dass die Eurozone sich wieder aufwärts bewegt und das ohne "Gehhilfen". Irland hat sich bereits Ende letzten Jahres aus dem Rettungs-schirm verabschiedet und auch Portugal plant in diesem Jahr die Fortbewegung ohne externe Hilfe. Gerade auf kurze Distanzen, d.h. bei kurzen Laufzeiten, ist die Nachfrage nach Staatsanlei-hen aus den ehemaligen Krisenländern hoch. Die Kapitalmärkte trauen diesen Ländern also tat-sächlich wieder zu, alleine laufen zu können.

Auch bei den Ländern, die nicht unter den Rettungsschirm mussten, also diejenigen, die den "kon-servativen" Weg gegangen sind, zeigen sich Hoffnungsschimmer. Diesen Ländern wurde die schmerzhafte Operation erspart. D.h. allerdings nicht, dass sie nicht an sich arbeiten müssen. Ganz im Gegenteil: Die Wettbewerbsfähigkeit - also der Fitnessgrad - muss noch deutlicher ge-steigert werden, damit das Land irgendwann auch wieder richtig schnell laufen kann. Dies hat anscheinend auch der neue Regierungschef in Italien erkannt. Es bleibt zu hoffen, dass sein en-gagierter Antritt mit einem Fitnessprogramm unterlegt wird. Die Kapitalmärkte scheinen es ihm zuzutrauen. So ist jüngst die Rendite italienischer Staatsanleihen auf ein historisches Tief gesun-ken. So wie beim Körper auch, entbindet die temporäre Schmerzfreiheit durch die niedrigen Zinsen allerdings nicht von der Notwendigkeit eines fortgesetzten Trainings. Ganz im Gegenteil. Denn nur bei hoher Wettbewerbsfähigkeit bzw. einer starken Muskulatur ist man besser gegen neue Stör-manöver gewappnet. Die im letzten Monat zu beobachten Unruhen in den Schwellenländern sind m.E. noch nicht ausgestanden. Selbst wenn es zu keiner Eskalation kommt, wird dies auch Aus-wirkungen auf Europa haben. Es gilt also: Fleißig weiter trainieren!

Beitrag erschienen in "Die Welt", 1. März 2014

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