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Vertrau(d)lich: Vier Schuss - kein Tor!

(lifePR) (Frankfurt am Main, )
Ach wie war das schön. Eigentlich interessierte ich mich bislang nicht sonderlich für Fußball; im Verlauf der Weltmeisterschaft hat aber auch mich der Fan-Virus befallen. Während ich im Halbfinale von der allgemeinen Euphorie mitgetragen wurde, zitterte ich beim Endspiel bis zur letzten Sekunde. Ein Glück, dass unser Super-Mario dann doch den entscheidenden Treffer erzielte.

Auch an den Finanzmärkten hat der Super-Mario der EZB zuletzt mehrere Schüsse abgegeben. Im Gegensatz zum Fußball kann aber hier noch nicht beurteilt werden, ob der Ball tatsächlich im Tor landet.

Der erste Schuss von Mario Draghi war die Senkung des Leitzinses auf das historische Tief von 0,15 Prozent. Bei bereits vorher niedrigen Zinsen von 0,25 Prozent halten wir den Effekt auf die konjunkturelle Entwicklung für vernachlässigbar.

Der zweite Schuss Draghis war die Entscheidung, einen Strafzins für die Überschussliquidität der Banken bei der EZB einzuführen - in der Hoffnung, dass die Banken die Kreditvergabe ausweiten. Laut EZB beläuft sich die derzeit von europäischen Banken dort gehaltene Überschussliquidität auf 140 Mrd. Euro. Bei einem Strafzins von 0,1 Prozent kämen Kosten von rund 140 Mio. Euro auf die Banken zu. Deshalb ist zu erwarten, dass die Banken die Überschussreserven tendenziell reduzieren werden. Ob es aber tatsächlich einen positiven Effekt auf das Kreditvolumen geben wird, ist angesichts der Erfahrungen in Ländern wie Dänemark fraglich.

Vielleicht trifft der dritte Schuss Mario Draghis: die Einführung eines an die Kreditvergabe gebundenen Langfristtenders. In den stabilen Ländern der Eurozone ist die Nachfrage nach Unternehmenskrediten aufgrund einer üppigen Finanzausstattung ohnehin gering. In den schwächeren Ländern - zumeist im Süden Europas - scheint dagegen die geringe Bonität der Schuldner ein Hemmnis für die Ausweitung der Kreditvergabe der Banken zu sein. Hinzu kommen regulatorische Restriktionen. Sollte es durch dieses neue Instrument tatsächlich zu einer Ausweitung des Kreditvolumens kommen, dürfte dies jedoch mit einer Verschlechterung der Kreditqualität verbunden sein. Damit ergäbe sich für die Banken nur wenig Spielraum für die Weitergabe der niedrigeren Refinanzierungskosten an die Unternehmen.

Mario Draghi plant noch einen weiteren Schuss, nämlich ein Ankaufprogramm für verbriefte Forderungen - insbesondere für Kredite an kleinere und mittlere Unternehmen. Auch wenn dieses Instrument im Umfeld der Subprime-Krise in den USA eine ausgesprochen negative Rolle gespielt hat, steht es jetzt als Teil der europäischen Wiederbelebungsstrategie auf der Agenda Draghis. Im Gegensatz zu den US-Modellen soll es sich hierbei um einfache und transparente Strukturen handeln. Die genauen Modalitäten für die Notenbankfähigkeit dieser sogenannten ABS (Asset Backed Securities) sind noch nicht bekannt. Auch sind bereits andere Stimmen aus dem EZB-Rat zu vernehmen, die die Umsetzung eines solchen Programms als ungewiss einschätzen. Entscheidend für den Erfolg dieses Instruments ist, dass die Banken die so entstehenden Freiräume für die Kreditvergabe auch tatsächlich ausschöpfen.

Super Mario versucht also aus vielen verschiedenen Winkeln und Distanzen auf das Tor zu schießen. Dabei wird aber vergessen, dass es neben den Notenbanken auch andere Spieler gibt, die Tore schießen können. So zeigt sich die spanische Volkswirtschaft ganz im Gegensatz zur "Furia Roja" als überraschend erfolgreich: Die Investitionstätigkeit ist angesprungen, die Exporte entwickeln sich dynamisch und selbst der Konsum fängt an sich zu beleben. Auch der Immobilienmarkt scheint sich zu stabilisieren.

Es sind also nicht allein die geldpolitischen Schüsse des Mario Draghi, die in der Eurozone für eine Belebung sorgen, sondern auch die Strukturreformen vor Ort. Die geldpolitischen Maßnahmen können nur wirken, wenn alle Akteure, also auch Lohn- und Fiskalpolitik als Team agieren - letztendlich genau so wie im Fußball. Länder wie Frankreich und Italien sollten sich also nicht allein auf Mario verlassen. Diese "One Man-Show" hatte auch Brasilien während der WM gewählt - und ist damit gescheitert.

Beitrag erschienen in "Die Welt", 19. Juli 2014

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