OB Noerenberg berichtete in seiner Einführung von der "Klammer" Gartenschau, die eine erfolgreiche Realisierung von Bahntieferlegung, NU 21, des Neubaus der Fachhochschule und die neuen Park- und Sportanlagen in so kurzer Zeit erst ermöglicht hat.
Landschaftsarchitekt Heiner Luz vom bdla blickte zurück auf über 50 Jahre Gartenschautradition. Trotz des Wandels der Inhalte ist doch jede Gartenschau immer wieder ein 165 Tage währendes Eröffnungsfest für neue Parks und Grünanlagen.
Unter der erfahrenen Leitung von Carmen Mundorff von der Architektenkammer Baden-Württemberg entspann sich ein Gespräch auf dem Podium, das die Gemeinsamkeiten, die Unterschiede, die Entwicklungen und auch die Zukunftsoptionen einer Gartenschau umfassend beleuchtete Prof. Arno Sighart Schmid, Landschaftsarchitekt mit Büros in Neu-Ulm und Leonberg und Präsident der Bundesarchitektenkammer betonte die Bedeutung des "Blicks von außen" bei der Vorbereitung einer Gartenschau durch erfahrene Planungspartner von der Teilnahmeentscheidung über die Bewerbung bis hin zum Architektenwettwettbewerb. Nur eine unvoreingenommene Betrachtung der Voraussetzungen und Chancen versachlicht die Diskussionen in Politik und Öffentlichkeit und führt zu erfolgsorientierten Entscheidungen.
Hanns Lüer Poppe, langjähriger Leiter des Garten- und Friedhofamtes in Neu-Ulm hat die Gartenschauen 1980 und 2008 maßgeblich begleitet und beschrieb den Wandel der Zielsetzungen und Planungsinhalte in den vergangenen 28 Jahren. Lag 1980 der Schwerpunkt der Schau noch auf dem Teilaspekt der Erneuerung und Sanierung innerstädtischer Grünflächen mit Planungszeiten von einigen Monaten, so ist die Gartenschau heute ein Instrument integrativer Stadtplanung mit jahrelanger Vorplanung und intensiver kommunalpolitischer Feinabstimmung.
Ulrich Dierßen, 1980 Geschäftsführer der Landesgartenschaugesellschaft war bereits in den 70 er Jahren maßgeblich an der Austragung mehrerer Bundesgartenschauen beteiligt und berichtete vom Überspringen der Gartenschauidee von der Bundes- auf die Landesebene in den späten 70 er Jahren. Ulm und Neu-Ulm bestritten damals bundesweit die Vorreiter Rolle. So war 1980 in Anlehnung der Bundesgartenschauen eine Schau mit großen Flächen, überwiegend gärtnerischen Inhalten, Besucherbähnle und sogar einer eigens eingerichteten Schifffahrtslinie auf der Donau.
OB Wolfgang Dandorfer von der Stadt Amberg begeisterte die Zuhörer mit seinen Ausführungen über die nachhaltigen Erfolge der Gartenschau 1996 für seine Stadt. Im damals 10 jährigen Planungszeitraum wandelte sich die anfängliche Skepsis der Bürger gegenüber den umfangreichen Investitionen in eine weitreichende Akzeptanz. Noch heute ist das damals gestaltete Gelände "Der" Amberger Bürgerpark schlechthin. Ein Grund dieser bis heute ungebrochenen Beliebtheit ist nicht zuletzt die damals umfangreiche Einbindung von Kindergärten und Schulen in das Projekt Landesgartenschau. Die Kinder von damals freuen sich noch heute als Verantwortung tragende Bürger über "ihren Park" und bringen ihm hohe Wertschätzung entgegen.
Christian Loderer, Landschaftsarchitekt vom Büro Plankontext in Berlin als Planer des Gartenschaugeländes 2008 in Neu-Ulm berichtete über seine frühzeitige Mitwirkung bei den mit der Gartenschau verbundenen Projekten in Neu-Ulm. So flossen die Intentionen des Landschaftsarchitekten maßgeblich ein in die Gestaltung des Hochwasserschutzes und die Bahntieferlegung. Dank der breiten Mitwirkung der ganzen Stadtverwaltung ist die Gestaltung des Geländes ganz besonderes für den Bedarf der Entwicklung einer jungen, kreativen und dynamischen Stadt Neu-Ulm zugeschnitten, insbesondere im Hinblick auf die Themen "visionäres Bauen" im Glacis und den "Generationenpark" im Stadtteil Wiley Süd.
Josephine Hafner, zuständig für das Marketing der Schau betonte die Bedeutung der frühzeitigen Öffentlichkeitsarbeit.
So fanden bereits 2 Jahre vor Eröffnung der Schau die ersten Veranstaltungen und Führungen auf dem Gelände statt. Während der Schau locken über 2000 Veranstaltungen an 165 Tagen die Besucher nach Neu-Ulm. 350 Führungen für die Schau durch eigens ausgebildete Gartenschauführer sind bereits gebucht. Auch in der Nachbarstadt Ulm sind die Auswirkungen des Besuchermagneten bei der Anfrage nach den dortigen Stadtführungen spürbar.
Für Hans Peter Faas als Geschäftsführer der Bundesgartenschau Koblenz haben sich die Zielsetzungen und Inhalte einer Landesgartenschau immer wieder den urbanen Herausforderungen angepasst. Dies wird auch in Ulm und Neu-Ulm deutlich. 1980 war die Schau im Wesentlichen beschränkt auf die Gestaltung einzelner Parks und Grünflächen in den Stadtgebieten. Heute ist die Planung einer Landesgartenschau vernetzt in die gesamte Stadtentwicklung. Sie ist Auslöser, Träger und Antrieb von nachhaltiger Stadtentwicklung. Sie ist nicht der Schlusspunkt einer Entwicklung, sondern wirksame Initiative. Neben aller städtebaulichen Bedeutung macht Herr Faas aber auch deutlich, dass die Schau für den Besucher gemacht wird, der eine "Ausstellung" erwartet, die ihm ganz persönliche Impulse bieten soll.
Der Austausch mit dem Auditorium kristallisierten sich folgende Schwerpunktthemen heraus:
Nachhaltigkeit und Gewinn einer Gartenschau Zaun ja oder nein?
Über den unmittelbaren Wertzuwachs von Immobilien gibt es keine zahlenmäßig gesicherten Belege. Fakt ist jedoch, dass die Immobilienwirtschaft intensiv mit der Nachbarschaft zu Grünanlagen und Parks (häufig eben entstanden aus einer Gartenschau) wirbt.
Quantitativ belegt ist der Wert des wirtschaftlichen Impulses für eine Stadt durch die Austragung der Gartenschau. So kann der Wert der nichtkommunalen Folgeinvestitionen mit dem ca. 3,5 fachen des Investition in die Gartenschau angesetzt werden. Unter Berücksichtigung der stattlichen Zuschüsse erhöht sich dieser Faktor auf 7 - 8. Somit ist eine Gartenschau eine kommunale Impulsinvestition von höchster Effektivität. So hat z.B. die Bundesgartenschau 2005 in München 300 Mio € privater Folgeinvestitionen auf den Weg gebracht. Befragungen des Münchner Einzelhandels und der dortigen Gastronomie sprachen der Bundesgartenschau 2005 eine wesentlich deutlichere Umsatzsteigerung zu als die Fußball WM 2006.
Abgesehen von den unmittelbar messbaren wirtschaftlichen Gewinnen bedeutet eine Gartenschau immer eine erhebliche Aufwertung der sogenannten weichen Standortfaktoren. Die weichen Standortfaktoren bestimmen die Attraktivität, die Anziehungskraft auf junge Familien in deren Händen die Zukunft jeder Stadtgesellschaft liegt.
Gerade der Aspekt der städtbaulichen Entwicklung führt aber auch dazu, dass Gartenschauen immer weniger auf eine zusammenhängende Flächen begrenzt sein werden, sondern sich vernetzend im gesamten Stadtgebiet bewegen. Vollständige Einfriedungen eines weit verzweigten und aufgeteilten Geländes gestalten sich schwierig oder sind gar unmöglich. Kann denn eine Gartenschau ohne Zaun und womöglich ohne Eintrittsgelder funktionieren?
Sie kann, allerdings mit anderen Schwerpunkten.
Die Gartenschau heutigen Zuschnitts lebt vom Eventcharakter im Wettbewerb mit den heute zahlreich gebotenen Veranstaltungen aller Art. Ein umfangreiches Programm zieht Besucher an und verspricht Ihnen auf ihre Kosten zu kommen. Eine nicht eingezäunte Schau, ohne Eintritt wird zwangsläufig weniger Ausstellungsund Eventcharakter haben und ihren Schwerpunkt sehr viel vordergründiger auf die städtebauliche Entwicklung und das eigene bürgerschaftliche Engagement legen müssen. Der Imagegewinn nach außen wird während der Schau weniger weitreichend sein. Keinesfalls muss ein solches Konzept aber schlechter sein. Es kann hinsichtlich des künftigen und nachhaltigen Nutzens für eine Stadt durchaus von Vorteil sein.
Hier gilt es die Voraussetzungen und Ziele im Einzelfall genau zu erfassen und den richtigen Weg zu finden. Die Zukunft wird weisen welches Konzept sich durchsetzt oder ob auch hinsichtlich der Art der Durchführung einer Gartenschau mehr und mehr Vielfalt entsteht und neue Wege beschritten werden.
Sicher ist:
Das Modell Gartenschau hat Zukunft!
In Bayern gehen jetzt die Bewerbungen der Städte für 2017 ein. In Brandenburg haben sich 9 Städte für den nächsten ausgeschriebenen Termin beworben. Landschaftsarchitektur hat Zukunft, insbesondere mit dem von Heiner Luz formulierten Leitsatz für neue Stadtteile "Der Garten ist schon da"