Das Regenwetter der vergangenen zwei Wochen zwingt die Bauern zur Untätigkeit. Dabei sind alle noch ausstehenden Getreidearten, Weizen, Roggen und Triticale, reif für die Ernte und müssen dringend gedroschen werden. Die Erwartungen an die Qualität und die Erntemenge verringern sich mit jedem weiteren Tag, an dem die Mähdrescher Zwangspause haben. Besonders bei der wichtigsten Getreideart in Niedersachsen, dem Weizen, erwarten die Experten der Landwirtschaftskammer Ertragseinbußen von bis zu 20 Prozent. Viele Partien, die jetzt noch gedroschen werden taugen nur noch als Viehfutter und nicht mehr als Brotgetreide.
Am weitesten sind die Bauern mit der Ernte im südlichen Niedersachsen. Dort ist knapp die Hälfte der Ernte eingebracht. Im Emsland dagegen stehen noch zwei Drittel und in Ostfriesland sogar noch knapp 90 Prozent des Weizens. An allen Standorten haben die Bauern mit schwindender Qualität durch Lagergetreide und Auswuchs zu kämpfen. Viele Getreidebestände sind durch die zum Teil heftigen Regenfälle, verbunden mit stürmischen Böen, bereits niedergedrückt worden und liegen flach auf dem Boden. Die Körner in den Ähren dieser Bestände fangen bei der feuchten Witterung bereits auf dem Halm wieder an zu keimen oder bilden sogar schon kleine Wurzeln. Ein weiterer Nachteil ist, dass diese Felder extrem schwer zu ernten sind. Der Mähdrescher kann die am Boden liegenden Ähren nur noch schwer erfassen, viele Körner fallen zu Boden und mindern den Ertrag im Korntank zusätzlich.
Auf den Marschenstandorten an der Küste und in den Flussmarschen ist die Ernte zusätzlich erschwert, weil die Mähdrescher in den durchgeweichten Böden stecken bleiben. Jetzt hoffen die Bauern auf das sonnige Wochenende, das die Meteorologen angekündigt haben. Um die Ernte in allen Regionen Niedersachsen zügig abzuschließen, müsste die Sonne jetzt allerdings mindestens die nächsten zwei Wochen vom Himmel strahlen.
Die Nachfrage nach Getreide aus der neuen Ernte ist dagegen sehr groß. Die Brotmühlen und die Futtermittelindustrie warten dringend auf frische Ware. Die Preise für Getreide gleich welcher Qualität sind derzeit sehr fest. Allerdings steigen durch die schwierige Ernte auch die Produktionskosten der Bauern. Dennoch: Dieser Lichtblick bleibt den Bauern immerhin, trotz der bisher vertrackten Regenernte.