Es braucht viel Fingerspitzengefühl – mit einem Kathetersystem gelangt die circa zwei Zentimeter lange Kardiokapsel durch die Leistenvene zum Herzen. „Dabei ist äußerste Vorsicht geboten. Bei Beschädigungen der millimeterdünnen Herzwände kann es beispielsweise zu Einblutungen in den Herzbeutel kommen", weiß Prof. Lemke Das Kardiologen-Team um Prof. Dr. Bernd Lemke und Oberarzt Dr. Dejan Mijic haben sich rund ein Jahr lang sehr intensiv mit dieser neuen Generation von Herzschrittmachern beschäftigt, kennen die Vorzüge, wissen aber auch um die noch ausbaufähigen nächsten Entwicklungsschritte.
„Das Micra-System ist eine wertvolle Ergänzung, ersetzt aber zurzeit nicht vollständig den Einsatz von üblichen Herzschrittmachern. Die Entwicklung wird aber definitiv in diese Richtung gehen", erläutert Dr. Dejan Mijic, Oberarzt in der Klinik für Kardiologie. Denn: bei dem Micra-System handelt es sich um ein Einkammersystem, welches nur für eine spezielle Patientengruppe in Frage kommt. Der Herzschrittmacher ist beispielsweise für Patienten mit Vorhofflimmern geeignet. „Wir entscheiden aber immer individuell und je nach Voraussetzung der Patienten, wann wir Micra einsetzen können", fügt Dr. Mijic hinzu. Ein entsprechendes Zweikammersystem ist bereits in der Entwicklung.
Die Kardiokapsel „Micra" unterscheidet sich zu bislang etablierten Herzschrittmachern darin, dass sie kabellos ist. Die Batterie sowie die gesamte Elektronik befindet sich in der Kapsel selbst, während bei konventionellen Herzschrittmachern ein Gehäuse im Bereich des Schlüsselbeins eingesetzt wird, von dem aus Elektroden - auch Sonden genannt - zum Herzen wandern, um es dort zu stimulieren. „Micra" hingegen wird mit Hilfe von kleinen Haken direkt an der rechten Herzwand fixiert und stimuliert so als Elektrode den natürlichen Takt des Herzens. Verschleißerscheinungen wie Kabelbrüche, die durch die ständigen Bewegungen des Herzens entstehen, gehören somit der Vergangenheit an. Für Patienten, bei denen aufgrund von mehrfachen Operationen kein Zugang über die Brustvenen möglich ist, eignet sich das minimalinvasive Implantationsverfahren über die Leistenvene gut. Weiterer Pluspunkt: die Nutzungsdauer von Micra wird auf circa 10 Jahre geschätzt, je nach Art der Herzerkrankung. Danach kann die Kardiokapsel deaktiviert werden und im Herzen verbleiben. Ein Ausbau wie bei herkömmlichen Schrittmachern kann vermieden werden.
Die Klinik für Kardiologie am Klinikum Lüdenscheid zählt mit jährlich rund 8000 stationären und ambulanten Patienten, einem qualifizierten Team und modernen Verfahren zu den kardiologischen Spezialkliniken in Nordrhein-Westfalen. Die Implantation von Herzschrittmachern und Defibrillatoren ist ein Schwerpunkt der Klinik. Insgesamt werden hier pro Jahr 500 Schrittmacher und Defibrillatoren implantiert.