Größenwahn und Regulierungswut im "Tempodrom"
In der heutigen Zeit - insbesondere in den letzten Jahrzehnten - kann man Phänomene beobachten, für die es in der ganzen Menschheitsgeschichte keine Präzedenzfälle gibt. Der Verlust der historischen Kontinuität ist eines dieser Phänomene. In keiner Epoche war man auf Reformen und Innovationen so versessen wie jetzt. Alles muss verändert, umgebaut, modernisiert, erneuert werden. Ob es sich dabei um das Bildungssystem oder das Postwesen handelt, um Bahnhöfe oder Flughäfen, um Einkaufszentren oder Freizeitanlagen, um Dörfer und Städte - im Abstrakten wie im Konkreten soll möglichst kein Stein auf dem anderen bleiben. Das zweite Phänomen ist ein nie dagewesener Größenwahn: Eisenbahnzüge sollen immer schneller, Flugzeuge immer größer, Straßen immer breiter und Bauwerke immer höher werden. Niemand will an Grenzen, die Begrenztheit des Menschenmöglichen denken, alles scheint machbar. Damit einher geht ein drittes Phänomen: die Beschleunigung. Der Ausspruch "Alles zu seiner Zeit" hat heute keine Gültigkeit mehr, weil sich niemand Zeit lassen, Zeit nehmen darf. In diesem "Tempodrom" (K. A. Geißler) finden Ruhe und Wohlbefinden keinen Platz. Hinzu kommt ein viertes Phänomen: die Regulierungswut. Jedes kleinste Detail unseres Alltagslebens muss in den Augen des Gesetzgebers geregelt werden, vermeintlich im Interesse unserer eigenen Sicherheit und Gesundheit. In Wahrheit geht es freilich um nichts anderes als die Entmündigung des Individuums.
Artgerechte Menschenhaltung: Was anderen Tieren zusteht, steht auch dem Menschen zu!
Laut Wuketits erhält man so das Spiegelbild einer Zivilisation, die sich auf Kosten des Einzelnen entfaltet: "Es ist eine Zivilisation, die den Bedürfnissen des Individuums nicht mehr gerecht wird." Erst wenn man unsere lange Evolutionsgeschichte und die Prozesse, die sich dabei abgespielt haben, ernst nimmt, lässt sich schließlich die große Frage beantworten, warum wir Menschen so sind, wie wir sind. Und es lässt sich plausibel machen, dass die heutige Zivilisation diesem unseren "So-Sein" immer weniger gerecht wird. Als geborener Nomade und Kleingruppenwesen sieht der Mensch sich zunehmend den Nachteilen der Zivilisation ausgesetzt, die seine vertrauten Bande zerstört und trotz der ungeheuren Kommunikationsmöglichkeiten durch die moderne Technologie zu einer nie dagewesenen Kommunikationsarmut führt. Gegen die "Verhausschweinung des Menschen" plädiert Wuketits für eine "artgerechte Menschenhaltung", die auf seine natürlichen Bedürfnisse Rücksicht nimmt und mittels kleiner Rebellionen im Alltag die Souveränität über das eigene Leben zurückerobert.
BUCHTIPP:
Prof. Dr. Franz M. Wuketits: Zivilisation in der Sackgasse - Plädoyer für eine artgerechte Menschenhaltung. Mankau Verlag, 1. Aufl. November 2012. Hardcover mit Schutzumschlag, 262 S., 19,95 € (D) / 20,60 € (A), ISBN 978-3-86374-054-2
LINK-EMPFEHLUNGEN:
- Informationen und Leseprobe zum Buch "Zivilisation in der Sackgasse. Plädoyer für eine artgerechte Menschenhaltung"
- Mehr zum Autor Prof. Dr. Franz M. Wuketits
- Internetforum mit Prof. Dr. Franz M. Wuketits