Richtigerweise ist jedoch davon auszugehen, dass Haut- und Händedesinfektionsmittel nunmehr grundsätzlich als Biozid-Produkte vermarktet werden dürfen, also keiner arzneimittelrechtlichen Zulassung bedürfen. Dem hat sich jetzt auch das Verwaltungsgericht (VG) Köln mit Urteil vom 06.12.2011 angeschlossen.
Zwar konnte das Gericht die Klärung der Abgrenzungsfrage letztlich offen lassen, da es im konkreten Fall um ein im Wege der Nachzulassung zugelassenes Arzneimittel ging, das gemäß § 2 Abs. 4 Satz 1 AMG auch weiterhin als Arzneimittel gilt. Das VG gab jedoch zu erkennen, dass es dazu tendiert, Haut- und Händedesinfektionsmittel in der Regel nicht als Arzneimittel, sondern als Biozide einzustufen. Bei einem Präparat mit der Indikation "hygienische Händedesinfektion", selbst mit der Ergänzung "auch im Seuchenfall", handele es sich nämlich nicht um ein Präsentationsarzneimittel, da die Zweckbestimmung nicht auf die Verhütung konkreter menschlicher Krankheiten gerichtet sei. Und der Annahme eines Funktionsarzneimittels dürfte nach Auffassung des Gerichts entgegenstehen, dass der Vorgang der Desinfektion nicht auf eine Beeinflussung physiologischer Funktionen des menschlichen Körpers gerichtet sei und es auch an einer pharmakologischen, immunologischen oder metabolischen Wirkung auf dem Weg hierzu fehlen dürfte. Da eine Subsumtion unter den Arzneimittelbegriff also grundsätzlich nicht möglich sei, komme in diesen Fällen auch die Zweifelsregelung des § 2 Abs. 3 a AMG nicht zur Anwendung.
Diese Auffassung des VG Köln ist nicht nur im Ergebnis zu begrüßen, sondern bringt auch überzeugend die wesentlichen Argumente, die gegen eine pauschale Einstufung von Haut- und Händedesinfektionsmitteln als Arzneimittel sprechen, auf den Punkt. Die Entscheidung ist von großer praktischer Bedeutung, da das VG Köln das zuständige Gericht für Abgrenzungsstreitigkeiten mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) als Zulassungsbehörde für Humanarzneimittel ist. Die Entscheidung stellt allerdings keineswegs einen Freibrief dafür dar, Haut- und Händedesinfektionsmittel in jedem Fall ohne arzneimittelrechtliche Zulassung zu vermarkten. Denn bei einer "ungeschickten" Präsentation solcher Präparate kommt durchaus im Einzelfall weiterhin eine Einstufung als Arzneimittel in Betracht. Auf die sorgfältige Formulierung der Claims in Etikettierung und Werbung ist daher besonderes Augenmerk zu legen. Die Entscheidung des VG Köln signalisiert aber auch: Die Zeiten einer pauschalen Einstufung von Haut- und Händedesinfektionsmitteln als Arzneimittel sind endgültig vorbei.
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