In ihrer Rede an die Absolvent*innen fasste die Prorektorin die Situation die paradoxe Erfahrung des Sommersemesters 2020 zusammen: "Das Haus war leer und dennoch war die ungeheure Energie spürbar, mit der die Studierenden und Lehrenden den Herausforderungen begegneten. Neben hohen gestalterischen, konzeptionellen und wissenschaftlichen Kompetenzen haben die Absolvent*innen mit ihrem erfolgreichen Studienabschuss auch Nervenstärke gezeigt, die ihnen auch künftig zu Gute kommen wird."
Die Vielzahl und Vielseitigkeit der Projekte zeigte sich auch in der Ausstellung zum Semesterabschluss, die normalerweise viele Interessierte anzieht und diesmal erstmalig nahezu ausschließlich online stattfand. Die Bachelor- und Masterarbeiten wurden in der eigens von der Webkünstlerin Olia Lialina und dem Studenten Tim Schmitt konzipierten Network Sculpture "Add Room" vorgestellt. Die Installation "Add Room" fungiert als virtuelles Ausstellungssystem und ist gleichzeitig ein starker Kommentar über die Erfahrungen des Sommersemesters: Jedes Exponat "sitzt" einem anderen Videochat-Tool gegenüber. Die Arbeiten präsentieren sich in Zoom, Teams, Whereby oder Jitsy – wie wir alle das seit Monaten tun. Die Arbeiten sind durch acht Kameras und vier Plattformen voneinander getrennt, sie kommunizieren über das Internet mit sich selbst, aber, via Übertragung auf die Großleinwand, gemeinsam via Stream mit den Zuschauer*innen. Die Zuschauer*innen konnten sich zudem in die Plattformen einloggen und miteinander kommunizieren.
Die Absolvent*innen befassten sich mit aktuellen Themen wie Gender, Fake News und Kommunikation in WhatsApp und Co. sowie Fragen um die beliebige Reproduzierbarkeit von Bildern und dem Verhältnis von Original, Kopie und Fälschung in der Kunst. Sie erstellten VR-Installationen, Comics, Bücher, Plakate und Musikclips, die wiederum alle in der Network Sculpture repräsentiert waren. "Aus Einzelkämpfern vor der Webcam entsteht eine Art fiktionaler Gemeinschaft, die zugleich spielerisch und nüchtern, melancholisch und euphorisch ist. Die Installation zeigt eine Form von Community, die für die meisten von uns völlig neu ist. Die letzten Monate haben uns Grenzen und Chancen einer neuen Realität gezeigt, die wir erst beginnen, auszuloten", fasst Prorektorin Maren Schmohl zusammen.
Neben dieser besonderen Präsentation der Abschlussprojekte gab es auch eine umfassende digitale Werkschau mit aktuellen Projekten aus den Studienbereichen Crossmedia Publishing, Film und Video, New Media und Visuelle Kommunikation, die in dieser herausfordernden Zeit entstanden sind. „Es gibt unglaublich viel zu entdecken und mein Dank gilt all den Studierenden, die vom ersten Vorlesungstag an mit großem Engagement und dem unbedingten Willen zu Kunst und Gestaltung Beeindruckendes geleistet haben“, würdigt Dekan Peter Ott die Leistung der Studierenden.
Ausgestellt waren u.a. mehr als 150 Corona-Tagebücher, zahlreiche Instagram-Stories, Dokumentarfilme, Magazine, Typografie im Raum, VR-Projekte und interaktive 3D-Animationen, Fotografien, Texte, Plakate, Reiseberichte, Podcasts und vieles mehr, die auch jetzt noch auf der Website unter www.merz-akademie.de/abschluss2020 zu sehen sind.