Während die Behörden etwa in Baden-Württemberg wegen der nicht eindeutigen Rechtslage auf Kontrollen von Umweltlabels generell verzichten, solange die geltende Kennzeichungsverordnung noch nicht auf WLTP umgestellt ist, hält die Umwelthilfe an den Kontrollen fest. Auf Kontrollen zu verzichten, sei „schlicht rechtswidrig“, so Geschäftsführer Jürgen Resch. Hintergrund: Seit 2021 dürfen Neuwagen nur mit Verbrauchs- und Emissionsangaben nach dem Prüfzyklus WLTP beworben werden. WLTP ist realitätsnäher als sein Vorgänger NEFZ. Deshalb gilt WLTP schon seit September 2018 als Grundlage für die Kfz-Steuer. Die Pkw-Energieverbrauchs-Kennzeichnungsverordnung basiert aber in Deutschland immer noch auf dem NEFZ, obwohl für viele neue Modelle keine NEFZ-Werte mehr vorliegen. Seit vier Jahren wartet die Branche auf eine neue Verordnung aus dem Wirtschaftsministerium. „Warum bekommt ein Bundesministerium es seit vier Jahren nicht hin, eine EU-Regelung umzusetzen? Selbst unter grüner Führung ist schon ein ganzes Jahr lang nichts passiert“, kritisiert Resch in auto motor und sport. Er vermutet, die Autoindustrie verzögere ein neues Gesetz. „Nach der Umstellung werden viele Fahrzeuge in den gelben oder roten Bereich rutschen“, erwartet Resch. Das Bundeswirtschaftsministerium teilte auto motor und sport mit, das es derzeit an einem Entwurf arbeite. „Vor allem sollen nun bisher nicht vorgesehene CO2-Klassen eingeführt werden“, so ein Ministeriumssprecher. Die nötigen „Informationen über die zu erwartende Flottenentwicklung“ lägen jetzt vor.
Die Mitarbeiter der Umwelthilfe dokumentieren während der Kontrollen in Autohäusern durch Fotoaufnahmen, wenn Neuwagen ohne Effizienz-Label zum Verkauf angeboten werden. Auch die Internetauftritte der Autohäuser werden auf Verstöße durchsucht. Anschließend werden die Autohäuser kostenpflichtig abgemahnt. Bei der ersten Abmahnung liegen die Kosten bei rund 300 Euro, im Wiederholungsfall sind es 5000 Euro und mehr. Das lohnt sich für die Deutsche Umwelthilfe: 2021 erzielte der Verein 17 Prozent seiner Einnahmen aus Verfahren gegen Auto-, Einzelhändler sowie Handelsketten. Inzwischen wehren sich immer mehr Autohäuser. Händler-Anwalt Norbert Pfrenger von der Stuttgarter Kanzlei Quedenfeld, Füllsack und Partner sieht die Massenabmahnungen der Umwelthilfe kritisch. „Aufgrund der technischen Komplexität der Materie ist es quasi programmiert, dass es an irgendeiner Stelle zu irgendeinem Zeitpunkt zu abmahnfähigen, oftmals trivialen Verstößen kommen wird.“ So würden Inhalte nicht auf allen Endgeräten gleich dargestellt. „Eine Abhandlung mit Fotos und näheren Beschreibungen sieht auf einem PC-Bildschirm anders aus als auf einem Handy.“
Redakteur: Claudius Maintz