Mit unseren zwei Beiträgen (s. auch: "Brustvergrösserung und Gewebeauffüllungen mit Stammzellen?") wollen wir hierzu Stellung beziehen, da die Informationsplattform Internet werbliche Aussagen überproportional abbildet und somit neutrale Informationen nur schwierig zu erhalten sind. Da nur körpereigenes Material zum Einsatz kommt und man auch als seriöser Mediziner spontan dazu neigt, den Einsatz körpereigenen Gewebes anderen Fremdmaterialien vorzuziehen, ist die Eigenfettbehandlung eine aus medizinischer Sicht attraktive Methode und soll hier vor dem Hintergrund der klinischen Erfahrungen und wissenschaftlicher Erkenntnisse näher beleuchtet werden.
Brustaufbau mit Eigenfett anstatt mit modernen Implantaten?
PROs:
- keine Schnitte; eine Operation mit guter Anästhesie und ggf. Narkose ist aber weiterhin notwendig, nicht zuletzt wegen der notwendigen vorausgehenden Fettabsaugung
- keine Gefahr von Kapselfibrose mit Implantatwechsel
- Beim Lipofilling (Eigenfettunterspritzung) werden kleine Mengen von abgesaugtem Fettgewebe nach einer Vorbehandlung mit einer Zentrifuge zur Trennung der verschiedenen Fettfraktionen unter die Haut gespritzt, um etwa Falten zu glätten oder kleinere Konturunregelmäßigkeiten, wie zum Beispiel bei eingefallenen Wangen, aufzufüllen. Auch zur Brustvergrösserung wird Eigenfett als Option angeboten. Selbst wenn dabei das Überleben der transplantierten Fettzellen bis heute nicht ganz sicher bewiesen ist, so ist doch der Umbau gewisser Anteile des transplantierten Eigenfettes in Bindegewebe geeignet, um einen zumindest zeitlich begrenzten Effekt zu erzielen.
CONs:
- Bei Fettinjektion kann es zu Einschmelzungen und zur Entwicklung von makroskopisch sichtbaren oder tastbaren Lipogranulomen, Verkalkungen oder Ölzysten kommen. Die Methode der Eigenfettbehandlung kam in den letzten Jahren immer wieder zur Anwendung. Erfahrene Anwender berichten über grössere Probleme: Die eingebrachten Fettzellen sterben zum Großteil ab - sie überstehen den Stress der Absaugung, Behandlung in der Zentrifuge und Einbringung in eine fremde Umgebung ohne eigene Gefässversorgung trotz aufwändiger Massnahmen zur Schonung dieser Zellen nicht. Es kommt so u.a. zur Ausbildung so genannter Ölzysten, die zu erheblichen Folgekomplikationen im eingebrachten Gewebe v.a. auch in der Brust und im Gesicht führten. Diese Folgeschäden endeten oft katastrophal für die betroffenen Patienten. Bei einem Brustaufbau mittels Eigenfett wird der initial vermeintliche Vorteil der Umgehung einer möglichen, aber heutzutage dank moderner Implantate äußerst seltenen Kapselfibrose dadurch mehr als aufgewogen.
- Ein trotzdem eintretender Effekt der Volumenauffüllung ist oftmals bedingt durch die Anregung der Entwicklung von Bindegewebe - dieser Effekt ist vorübergehender Natur und das Endresultat relativ schlecht kalkulierbar. Bei teilweise mehrmals zu wiederholenden Folgeeingriffen ist erneut Fettgewebe zu entnehmen. Bei der Faltenunterspritzung noch vertretbar, ist bei einem Brustaufbau dann schon ggf. nicht mehr genügend Gewebe vorhanden, so dass bei einer erneuten Absaugung die Körperproportionen nachteilig verändert würden oder letztlich doch nur noch ein Implantat in Frage kommt.
- Ganz ohne OP funktioniert die Brustvergrößerung mit Eigenfetttransplantation nicht. Es ist lediglich eine kleinere Operation, als eine Brustvergrößerung mittels Brustimplantat. Das Fettgewebe wird durch Fettabsaugung an einer Körperstelle mit Fettpolster gewonnen, aufbereitet (Siebung oder Zentrifugation) und mit Nadeln in die Brust oder andere Gewebe mit Volumendefizit (Lippen, Wangen, Schläfen, ...) injiziert. Die dazu erforderliche Gesamtzeit ist oftmals länger als bei einer Brustvergrösserung.
- Kontrovers wird die radiologische Beurteilbarkeit der Brustdrüse für die Brustkrebsfrüherkennung nach der Eigenfetttransplantation unter den Chirurgen und Radiologen diskutiert. Die radiologisch fassbaren Veränderungen lassen aber z.T. nur schwierig einer sichere Abgrenzung gegenüber wichtig abzugrenzenden Raumforderungen zu, so dass hier ein klarer Vorteil der Silikonimplantate besteht, bei denen bewiesen ist, dass kein erhöhtes Brustkrebsrisiko entsteht, und die radiologische Beurteilbarkeit, v.a. bei retromuskulärer Platzierung - uneingeschränkt bestehen bleibt, wenn nicht sogar verbessert wird.
- Auf Websites der Anbieter von Eigenfettunterspritzungen wird sogar schon gesondert darauf hingewiesen, dass nicht alle Fettzellen an der Implantationstelle anwachsen und daher absterben, weil dies von der Neubildung von Blutgefäßen abhängig sei. Die durch die Eigenfettinjektion erreichte Verbesserung müsse nicht zwingend eine dramatische Veränderung des Äußeren mit sich bringen.
Dies kann aus unserer Sicht nicht das Ziel einer modernen Schönheitschirurgie sein. Es führt vielmehr zu unzufriedenen Patienten, die viel Geld für eine ineffektive oder gefährliche Methode ausgegeben haben. Gerade auch bei der Anwendung von Eigenfett im Gesichtsbereich beispielswiese bei der Faltenunterspritzung müssen wir bei den oben genannten potentiellen Nebenwirkungen von einer solchen Behandlung abraten.
Fazit:
Die Brustvergrösserung scheint bei wenig aufzufüllendem Volumen einen hinreichenden Effekt zu erzielen. Aufgrund der oben geschilderten Sachlage kann derzeit sowohl aus ästhetischen aber v.a. auch medizinischen Gründen ein solcher Eingriff aus unserer Sicht nicht empfohlen werden.
Auch von einer Faltenauffüllung mit Eigenfett ist aktuell aus unserer Sicht unbedingt abzuraten.