In seinem Vortrag wird Avanassian einige Etappen spekulativen Denkens anführen, die sich durch ein eigentümliches und nicht-chronologisches Zeitverständnis auszeichnen. Was die gerne vorschnell als Theoriemoden bezeichneten Denkbewegungen wie Spekulativer Realismus, Akzelerationismus, Xenofeminismus oder Afrofuturismus miteinander verbindet, ist die Idee, die Gegenwart (und vielleicht überhaupt alles) müsse aus der Zukunft gedacht werden. Oder leben wir nicht schon längst in einer aus der Zukunft vorherbestimmten Gegenwart, wovon uns neuere ethnofuturistische Tendenzen wie Sinofuturismus oder Golf-Futurismus künden?
Armen Avanessian hat in Wien und Paris Philosophie und Politikwissenschaft, sowie in Bielefeld Literaturwissenschaft studiert. Nach Abschluss seiner Dissertation war er einige Jahre als freier Journalist, Redakteur und im Verlagswesen in Paris und London tätig und von 2007-2014 an der FU-Berlin. 2011 war er Visiting Fellow am German Department der Columbia University, 2012 Visiting Fellow am German Department der Yale University. In den letzten Jahren hatte er mehrere Gastprofessuren und -dozenturen an unterschiedlichen Kunstakademien in Nürnberg, Wien, Basel, Kopenhagen, Paris und Kalifornien (CalArts) inne.
Er ist Gründer der Rechercheplattform www.spekulative-poetik.de sowie https://www.bureauforculturalstrategies.com und Chefredakteur beim MERVE Verlag sowie der wöchentlichen Theorie-Serie ‚Armen Avanessian & Enemies’ an der Volksbühne Berlin. Seine Bücher sind in zahlreiche Sprachen übersetzt.
Veröffentlichungen:
Phänomenologie ironischen Geistes. Ethik, Poetik und Politik der Moderne. München: Wilhelm Fink, 2010.
Präsens. Poetik eines Tempus. (gemeinsam mit Anke Hennig) Berlin/Zürich: Diaphanes, 2012.
Metanoia. Ontologie der Sprache. (gemeinsam mit Anke Hennig) Berlin: Merve, 2014.
Speculative Drawing. (gemeinsam mit Andreas Töpfer) Berlin: SternbergPress, 2014.
Überschrift. Ethik des Wissens – Poetik der Existenz. Berlin: Merve 2015.
Miamification. Berlin: Merve 2017.
Metaphysik zur Zeit. Berlin: Merve 2018