Ermöglicht wird dieses "Engagement von der anderen Seite" durch eine Kooperation der Bundesvereinigung Lebenshilfe mit EUROPARC Deutschland, dem Dachverband der Nationalen Naturlandschaften. Auf Initiative der beiden Verbände wurden Vor-Ort-Partnerschaften lokaler Lebenshilfen und benachbarter Parks gegründet, die interessierten Menschen mit geistiger Behinderung die Aufnahme einer freiwilligen Arbeit im Naturschutz erleichtern. An der Kooperation, die im Mai 2009 gestartet wurde, sind mittlerweile 13 Standorte beteiligt; vielerorts sind langfristige Engagements mit mehreren Einsätzen im Jahr oder sogar Wege- und Tier-Patenschaften entstanden.
Ulrich Bauch, Bundesgeschäftsführer der Lebenshilfe, begrüßt die Partnerschaft als gutes Beispiel für's Ganze: "Von Inklusion haben alle etwas, die Teilhabe von Menschen mit Behinderung und die Entwicklung der ganzen Gesellschaft gehen zusammen. Dass unsere Kooperation mit den Naturlandschaften dies so unmittelbar und tatkräftig zeigen kann, freut mich sehr." In diesem Sinn ist auch für Guido Puhlmann, Vorstandsvorsitzender von EUROPARC Deutschland, die Zusammenarbeit mit den "besonderen" Freiwilligen fast schon Normalität: "Natürlich ermöglichen wir damit auch ein Stück Integration von Menschen mit Behinderung, doch im Vordergrund steht für uns der große Beitrag, den die engagierten Helfer der Lebenshilfe für die Sache leisten: Es gibt alle Hände voll zu tun für die Natur, alle Hände!"
Im Harz gab es in diesem Jahr zwei Arbeitseinsätze im Umfeld dieser Kooperation. Die Lebenshilfe Northeim wurde im Rahmen von Renaturierungsaktionen im niedersächsischen Teil des Parks aktiv. In Sachsen-Anhalt übernahm die Lebenshilfe Wernigerode diesen Part.
Domit wurde die bisher schon sehr gute Zusammenarbeit zwischen dem Nationalpark Harz und der Lebenshilfe Wernigerode auch in diesem Jahr fortgesetzt. Drei Auszubildende aus dem Berufsausbildungsbereich und ihr Leiter Klaus Rathke trafen sich im Ilsetal mit Otfried Wüstemann und Martin Schröder vom Nationalpark Harz zu einem gemeinsamen Arbeitseinsatz der besonderen Art.
Bevor es an die Arbeit ging, konnten sich die Jugendlichen im Nationalparkhaus Ilsetal über die Aufgaben eines Nationalparks informieren. Besonderes Interesse fand dabei eine Filmvorführung über den im Ilsetal noch häufig vorkommenden Feuersalamander.
Gut über die Lebewelt im Ilsetal informiert ging es dann an die Arbeit. Grund des Arbeitseinsatzes war ein unliebsamer "Neophyt", der Japanische Staudenknöterich, der sich im Bereich des Nationalparks am Ilseufer an drei Stellen festgesetzt hat und die schutzwürdigen heimischen Pflanzen zu verdrängen droht. Als Neophyten bezeichnet man Pflanzen, die unter direkter oder indirekter Mitwirkung des Menschen in Gebiete gelangten, wo sie vorher nicht heimisch waren. Der Japanische Staudenknöterich ist so ein Neophyt, denn er stammt ursprünglich aus Ostasien und ist in Japan, Korea und China weit verbreitet. Er wurde als Zierpflanze und Viehfutter im 19. Jahrhundert nach Mitteleuropa eingeführt. Es zeigte sich aber schnell, dass die Pflanze nicht als Tierfutter taugt und selbst vom Rotwild verschmäht wird. Als Zierpflanze kann man ihn aber nach wie vor in vielen Gärten finden. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass die Art in Deutschland bereits 1872 vom Gelände einer aufgelassenen Gärtnerei bei Zwickau verwilderte. Die heutige Ausbreitung wird meist durch Verschleppung der Rhizome über illegale Ablagerung von Gartenabfällen gefördert. Hier dürfte auch der Ursprung des Vorkommens im Ilsetal liegen. Gartenabfälle werden nicht wie üblich auf dem eigenen Komposthaufen verbracht, sondern wandern in einigen Fällen in die freie Natur, wobei Bachufer beliebte Ablagerungspunkte sind. Selbst das sensible Nationalparkgebiet wird für derartige Ablagerungen missbraucht. Durch Beschattung und Wurzelkonkurrenz verdrängt der Staudenknöterich die heimische Pflanzenwelt. Ohne schnelles Eingreifen kann die Pflanze in wenigen Jahren große Flächen überwuchern und kann dann kaum noch zurückgedrängt werden.
Die am Arbeitseinsatz Beteiligten konnten sich davon überzeugen, dass die Bekämpfung der sehr dicht stehenden und großwüchsigen Pflanzen durch Ausgraben und Vernichten des weitläufigen Wurzelsystems keine leichte Aufgabe ist. Wahrscheinlich war dies auch nicht der letzte Einsatz im Ilsetal, da schon aus kleinsten Wurzelstücken, die im Boden verblieben sind, im nächsten Jahr neue Pflanzen austreiben können.
Der Nationalpark Harz bedankt sich bei den Auszubildenden und ihrem Lehrer Klaus Rathke für ihr tolles Engagement.
Hintergrund: Die 1958 gegründete Lebenshilfe ist mit fast 530 Orts- und Kreisvereinigungen und rund 135.000 Mitgliedern die größte Selbsthilfeorganisation für Menschen mit geistiger Behinderung und ihre Familien. Weitere Informationen zum Freiwilligen-Engagement für und von Menschen mit geistiger Behinderung in der Lebenshilfe gibt es unter www.lebenshilfe-aktiv.de.
EUROPARC Deutschland koordiniert als Dachverband seit 2003 ein Freiwilligenprogramm in den Nationalen Naturlandschaften - Nationalparks, Naturparks, Biosphärenreservate in Deutschland - mit inzwischen über 40 eigens qualifizierten Freiwilligenkoordinatorinnen und -koordinatoren vor Ort. Weitere Informationen zum Engagement von "Freiwilligen in Parks" gibt es unter www.freiwillige-in-parks.de.