(NLPV) Was für die Festlandsküste der Deich ist, sind für die Inseln die Rand- oder Weißdünen. Als natürlicher Schutzwall schützen sie die Natur der Insel und die darauf lebenden und Erholung suchenden Menschen vor den heranrollenden Wellen einer Sturmflut.
Aber wie schafft es die Natur, aus losem Sand mehrere Meter hohe Dünen aufzubauen? Wer einmal versucht hat, am Strand seine Sandburg vor dem auflaufenden normalen Hochwasser zu "verteidigen", weiß wie schwer, nahezu unmöglich das ist. Die Düne braucht dafür drei Dinge: ausreichend Sand, den das Meer anliefert. Kräftigen Wind, der den Sand zur Düne formt. Widerstandsfähige Pflanzen, die die Düne festhalten.
Vom kleinen Sandkorn zur mehr als 20m hohen Aussichtsdüne ist es allerdings ein langer Weg. Minidünen findet man schon hinter jeder Muschelschale oder Treibgut. Am Anfang der Dünenentwicklung stehen kleine Sandanhäufungen (Vordünen), die sich auf den höher gelegenen Strandbereichen im Windschatten der pflanzlichen Erstbesiedler wie der Strand-Quecke oder dem Strandroggen bilden. Der übersandete Teil der Pflanze wächst wiederum aus dem Sand heraus, neuer Sand kann sich ablagern. Die nur wenige Dezimeter hohe Vordüne oder Primärdüne ist entstanden, auch Embryonaldüne genannt, weil sie der Ursprung jeder ausgewachsenen Düne ist. Vordünenlandschaften, wie es sie an den Ostenden der Inseln gibt, sind ein Musterbeispiel für die Dynamik der Lebensräume im Nationalpark. Schon eine Sturmflut kann die mühevolle Aufbauarbeit der Pflanzen wieder zerstören. Jedoch spülen die Sturmfluten nicht immer allen Sand wieder ins Meer. Somit kann der Strand insgesamt aufwachsen und die "Überlebenschance" der Folgedünen des nächsten Jahres vergrößert sich. Dieses Werden und Vergehen, die natürliche Dynamik, war ein wichtiges Kriterium für die Anerkennung unseres Wattenmeeres als Weltnaturerbe.
Wenn die kalk- und salzhaltigen "Minidünen" mit genügend Sand versorgt werden und lange genug ungestört weiter wachsen können, liegen die Wurzeln der Dünenpflanzen irgendwann oberhalb des ständigen Salzwassereinflusses. Nun kann sich der Strandhafer ansiedeln. Im bewegten Sand ist er gezwungen, durch fortwährende Ausbildung von Wurzelausläufern das frische, nährstoffreiche Material zu durchziehen und legt die Weißdüne mit seinem weitverzweigten Wurzelwerk weiter fest.
Die Dünen wachsen weiter auf und formieren sich zu Dünenketten. Der frische, nahezu reinweiße Seesand liefert nicht nur das Baumaterial und ist für die Namengebung der Weißdüne verantwortlich, sondern sorgt auch für eine permanente Nährstoffversorgung der Dünengräser. Durch den Wind entsteht aber auch ein permanentes Sandstrahlgebläse, dem die hartlaubigen Horste der robusten Sandhalmgräser, wie Strandroggen, Strandquecke oder Strandhafer, besonders gut widerstehen können.
An der windabgewandten Seite der Weißdüne, wo der Wind den nährstoffreichen Sand nur noch selten ablagert, beginnt allmählich der Aufbau einer dünnen grauen Humusdecke aus verrottendem Pflanzenmaterial, charakteristisch für die Graudüne. Im Laufe der Jahre wird die Vegetationsdecke immer dichter, ein brauner Humushorizont entwickelt sich, die Braundüne ist entstanden.
Die Insulaner wissen die Eigenschaft des Helms, wie sie den Strandhafer nennen, als Dünenbildner schon seit langem zu nutzen, indem sie ihn zur Dünenfestlegung gezielt anpflanzen. Am Westkopf oder Nordstrand der Inseln, wo die Randdünen bei den Sturmfluten der letzten Jahre z.T. erhebliche Abbrüche hinnehmen musste, kann man vom Strand aus in den Dünenanrissen die langjährige Aufbauarbeit des Strandhafers mit den alten, etagenhaft angeordneten Wurzelstöcken gut sehen.
Um die empfindliche Vegetation, die es unter den extremen Lebensbedingungen ohnehin nicht leicht hat und auch noch einen so wichtigen Beitrag zum Inselschutz leistet, zu schützen, dürfen die Randdünen nicht betreten werden. Ein Gebot, das letztlich der Sicherheit der Insel und auch dem Naturschutz dient.