Der mit 5.000 € dotierte Justus Bier Preis für Kurator*innen geht in diesem Jahr an die Kuratorinnen Nóra Lukács und Melanie Roumiguière zusammen mit dem Projektteam (Layla Burger-Lichtenstein, Projektleitung, Neuer Berliner Kunstverein; Krisztina Hunya, Co-Kuratorin Neuer Berliner Kunstverein; Yolanda Kaddu-Mulindwa, Co-Kuratorin Galerie im Körnerpark; Malte Giesen und Angela Lammert, Co-Kurator*innen Veranstaltungsprogramm Akademie der Künste; Kaspar Aebi und Natalie Keppler, Co-Kurator*innen Filmprogramm).
Ausgezeichnet werden sie für das Ausstellungsprojekt und die Publikation If the Berlin Wind Blows my Flag. Kunst und Internationalisierung vor dem Mauerfall (14. September 2023 – 14. Januar 2024).
Aus der Begründung der Jury: „Der Justus Bier Preis widmet sich Ausstellungsprojekten und Publikationen, die durch eine originelle Themenstellung und eine fundierte fachliche Aufarbeitung beeindrucken. Nach Ansicht der Jury verbindet das Projekt If the Berlin Wind Blows My Flag. Kunst und Internationalisierung vor dem Mauerfall, das der Neue Berliner Kunstverein (n.b.k.) in Kooperation mit dem Berliner Künstlerprogramm des DAAD entwickelt hat, beides auf exemplarische Weise.
If the Berlin Wind Blows My Flag lenkt den Blick anhand der Geschichte des Berliner Künstlerprogramms (BKP) auf die vielfältigen künstlerischen Szenen im West-Berlin vor dem Mauerfall. Dabei wurden institutionelle Handlungsformen zur Debatte gestellt, vergangene und aktuelle künstlerische Projekte in einem stadtgeschichtlichen und kunsthistorischen Kontext reflektiert.
Ein Großteil der gezeigten Werke stammt aus Sammlungen Berliner Institutionen und Galerien, deren Bestände nicht selten durch die Mitwirkung an den Aktivitäten des BKP geprägt wurden. Um das Archiv als künstlerischen Resonanzraum zu aktivieren, wurden über das Historische hinaus in Berlin lebende Künstler*innen und Fellows eingeladen, geschichtliche Zusammenhänge aus gegenwärtiger Perspektive zu kommentieren. Vieles von dem, was in der Ausstellung präsentiert wird, belegt, wie attraktiv, wie lebendig und auf welch neugierige und anregende Weise die Berliner Szenen in Sachen Kunst, Literatur, Musik etc. untereinander vernetzt waren – und wie vieles weitergewirkt hat. Geschichte wird hier somit nicht abstrakt als offiziöse Großerzählung vorgestellt, sie wird vielmehr als ein (in West-Berlin gleichsam zwischen den Zeiten entstandenes) provisorisches Kontinuum begreifbar. Das Projekt erinnert also nicht nur an mehr oder weniger anregende künstlerische Positionen; es bezieht auch die politischen Implikationen des Austauschs und der Internationalisierung mit ein: Welche Rolle spielte das Berliner Künstlerprogramm in Zeiten des Kalten Krieges? Welche Ein- und Ausschlussmechanismen waren wirksam? Welche Bedeutung gewann der öffentliche Raum für Diskussionen und die Teilhabe an künstlerischen Positionen und Prozessen? Und schließlich: Was davon wirkt bis heute nach?
Konsequenterweise wurde If the Berlin Wind Blows My Flag als Kooperationsprojekt realisiert. Unterschiedliche Aspekte wurden an drei verschiedenen Orten – im n.b.k., in der daadgalerie und in der Galerie im Körnerpark – präsentiert; Veranstaltungen in der Akademie der Künste und an weiteren Orten beleuchteten die kulturpolitische Ausrichtung und die verschiedenen Rollen, die das Programm während des Kalten Krieges spielte.
Die Jury hat mit der Vergabe des Justus Bier Preises 2024 an If the Berlin Wind Blows My Flag diesmal – auch um dem Wandel auf diesem Feld gerecht zu werden – ein Ausstellungsprojekt ausgezeichnet, das nicht von einem gedruckten Katalog, sondern von einem kostenlos als pdf herunterzuladenden Booklet begleitet wird.“
Die Preisverleihung findet am 7. Mai 2024 um 19 Uhr im Neuen Berliner Kunstverein statt.
In deutscher Sprache
Eintritt frei
Der Justus Bier Preis für Kurator*innen
Der mit 5.000 € dotierte Justus Bier Preis wird jährlich verliehen. Er wird getragen von der Helga Pape-Stiftung Jens und Helga Howaldt, Hannover. Mit ihm sollen fachlich und sprachlich herausragende Publikationen in Zusammenhang mit Austellungsprojekten aus dem deutschsprachigen Raum ausgezeichnet werden, die sich mit der bildenden Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts befassen. Eine vergleichbare Auszeichnung für kuratorische Leistungen gab es zuvor nicht. Die Stifter des Preises wie auch die Jury sind der Auffassung, dass die Arbeit von Kurator*innen mehr Aufmerksamkeit verdient, als das heute der Fall ist. Schließlich ist die sprachliche und fachliche Auseinandersetzung zwischen Kunst und Kurator*in eine der Grundlagen der Arbeit, die in Museum und Ausstellungshaus geleistet wird. Der Preis geht zurück auf eine Anregung von Dr. Carl Haenlein, Direktor der Kestner Gesellschaft Hannover von 1974 bis 2002.