Gemeinsam bilden das Landesmuseum Hannover und das Sprengel Museum Hannover das Kunstschaffen seit dem Mittelalter ab: Während sich die Sammlung des Landesmuseums auf die Alten und Neuen Meister bis in die 1920er-Jahre konzentriert, reicht das Spektrum des Sprengel Museums von der Klassischen Moderne bis in die Gegenwart. Was passiert, wenn ein Künstler frei über Bestände von zwei bedeutenden Museen verfügen kann und sie mit eigenen Werken kombiniert, will „The Real Thing“ zeigen.
ÜBER GLENN BROWN
Seine Gemälde fertigt Brown, Jahrgang 1966, in altmeisterlicher Manier mit dünnen, wirbelnden Pinselstrichen, die eine fast fotografisch anmutende Oberfläche erzeugen, an. Der Effekt ist kraftvoll und schafft eine künstlerische Sprache, die Zeit und Bildkonventionen überschreitet. Glenn Brown versuche, so beschreibt er es im Gespräch mit Reinhard Spieler, Kunst attraktiver, offener und fesselnder zu machen:
„Ob es nun mein Gemälde ist oder das einer anderen Person – ich möchte das Publikum ermuntern, ein wenig länger hinzuschauen.“ Man könne nicht wirklich ausmachen, wie er seine Bilder gemalt habe, weil sie den Herstellungsprozess recht gut verbergen. „Man muss sehr genau hinsehen, um tatsächlich die Pinselstriche zu erkennen“, so Brown über seine malerische Handschrift.
Der britische Künstler ist bekannt für die Verwendung von kunsthistorischen Referenzen in seinen Gemälden. Ausgehend von Werken anderer Künstler verwandelt er das übernommene Bild, indem er Farbe, Position und Größe verändert. Er sei glücklich, wenn seine Werke neben anderen Gemälden zu sehen seien. Ebenso, wenn er Umkehrungen von ihnen erstelle.
„Mein Gehirn wurde von anderen Künstlern geformt, sie leben alle in mir. Und ich bin untrennbar mit der Kunstgeschichte verbunden. Alles gehört zusammen“, beschreibt es Brown im Interview, das im Katalog zur Ausstellung zu finden ist.
Glenn Browns Werk wurde bereits in einer Vielzahl von Einzelausstellungen präsentiert: 2004 in der Serpentine Gallery in London, 2008 im Kunsthistorischen Museum in Wien, 2009 in der Tate Liverpool (später in der Fondazione Sandretto Re Rebaudengo in Turin), 2010 im Ludwig Múzeum in Budapest und 2016 in der Fondation Vincent Van Gogh in Arles in der Provence.
GLENN BROWN
IM LANDESMUSEUM HANNOVER
Eine Sammlung, die vom Mittelalter bis ins frühe 20. Jahrhundert reicht – einzigartige Altäre, Gemälde des italienischen Barock und niederländische Malerei, eine der größten Sammlungen des deutschen Impressionismus und frühen Expressionismus: Glenn Brown bieten die Werke in den KunstWelten reichlich Anhaltspunkte, um in Dialog zu treten.
Neben Arbeiten von Gustave Courbet, Arnold Böcklin und Ferdinand Hodler gehören zu Glenn Browns Bezugspunkten auch Werke bekannter Landschaftsmaler*innen. Bilder von Anthonis van Dyk, Paula Modersohn-Becker und Gabriele Münter – Glenn Brown verbindet nicht nur seine eigenen Werke mit der Sammlung, sondern arbeitet starke Zusammenhänge heraus. Die Ausstellung ergänzen Leihgaben moderner und zeitgenössischer Kunst aus dem Sprengel Museum Hannover, unter anderem von Pablo Picasso.
Dazu Katja Lembke, Direktorin des Landesmuseums Hannover:
„Jedes Kunstwerk war zu seiner Zeit aktuell. Glenn Brown hat mit seiner Auswahl und der Hängung die Grenzen zwischen Alt und Neu aufgehoben. Gleichzeitig stellt er seine eigenen Werke in die Tradition der Alten Meister. Ein aufregendes Experiment, das ich vollkommen gelungen finde.“
GLENN BROWN
IM SPRENGEL MUSEUM HANNOVER
Das Sprengel Museum besitzt eine der bedeutendsten Sammlungen moderner Kunst in Deutschland mit internationaler Ausrichtung. „The Real Thing“ besteht hier mit einer Einzelausstellung mit Werken Glenn Browns und thematischen Interventionen in den Räumen der ständigen Sammlung aus zwei Teilen. Die monographische Schau ist im Sprengel Focus zu sehen, andere Arbeiten mischen sich in die Sammlungspräsentation „Elementarteile“ zwischen Werke von Franz Marc, Franz Gertsch und Gerhard Richter. Die vorgefundenen Kapitel Farbe, Material und Gesichter der Sammlungspräsentation nutzt der britische Künstler, um neu zu strukturieren und zu erzählen.
Direktor Reinhard Spieler:
„Spielerisch-humorvoll, gleichzeitig mit präzisem Blick für spezifische Eigenheiten von Bildern in Komposition, Farbe, Duktus und Motiv stellt Glenn Brown überraschende Zusammenhänge zwischen unterschiedlichsten Werken her – und lehrt uns dabei in doppelter Rolle als Kurator und Maler ein ganz neues Sehen.“