Funktionsweise und Anwendung
Bei der TIS werden Elektroden auf der Kopfhaut platziert, die zwei verschiedene hochfrequente Signale (z. B. 9,0 kHz und 9,13 kHz) aussenden. Diese Signale interferieren miteinander und erzeugen in der Zielregion des Gehirns ein niederfrequentes Signal, das zur Stimulation genutzt wird. Diese Methode ist besonders vielversprechend für die Behandlung von neurologischen Erkrankungen wie Parkinson, da sie tiefere Hirnstrukturen wie den subthalamischen Kern erreichen kann, der bei Parkinson-Patienten eine zentrale Rolle spielt.
Eine Studie von Martin Lamoš und Kollegen an der Masaryk Universität in Brünn hat gezeigt, dass TIS erfolgreich den subthalamischen Kern erreichen und die pathologische Beta-Aktivität reduzieren kann. Dies ist von großer Bedeutung, da eine erhöhte Beta-Aktivität bei Parkinson-Patienten zu Bewegungsstörungen führt. Im Vergleich zur traditionellen Tiefenhirnstimulation, die invasive Eingriffe erfordert, bietet TIS eine nicht-invasive Alternative, die ähnliche therapeutische Effekte erzielen kann.
Vorteile und Herausforderungen
Die Vorteile der TIS liegen auf der Hand: Die Methode ist nicht-invasiv, kann tiefere Hirnregionen erreichen und hat das Potenzial, spezifische neuronale Schaltkreise zu modulieren, ohne das darüberliegende Gewebe zu stimulieren. Dies reduziert das Risiko von Nebenwirkungen und macht die Technik für eine breitere Anwendung geeignet. Ein weiterer Vorteil ist die Flexibilität der Stimulation, da die Frequenzen und Amplituden der Signale leicht angepasst werden können, um unterschiedliche Zielbereiche zu erreichen und verschiedene neurologische Zustände zu behandeln.
Allerdings gibt es auch Herausforderungen. Die genaue Platzierung der Elektroden und die Kalibrierung der Signale sind entscheidend für den Erfolg der Stimulation. Zudem sind weitere klinische Studien notwendig, um die Langzeitwirkungen und die Sicherheit der TIS bei menschlichen Patienten vollständig zu verstehen und zu validieren.
Geschätzte Dauer bis zur Zulassung
Die Zulassung und breite Verfügbarkeit der Temporalen Interferenzstimulation (TIS) in Europa könnte noch einige Jahre in Anspruch nehmen. Derzeit befinden sich verschiedene klinische Studien in den frühen Phasen der Testung, um die Sicherheit, Machbarkeit und Effektivität dieser Methode zu bewerten.
Eine aktuelle Studie an der Imperial College London untersucht beispielsweise die Wirksamkeit der TIS bei Alzheimer-Patienten und wird von namhaften Institutionen wie der Alzheimer’s Association und der Bill Gates Foundation finanziert. Diese Studien sind ein wichtiger Schritt zur Validierung der Methode und zur Einholung der notwendigen regulatorischen Genehmigungen.
Zusätzlich gibt es laufende Studien, die sich auf die Anwendung der TIS zur Verbesserung der motorischen Funktionen und zur Modulation tiefer Hirnregionen konzentrieren. Die Ergebnisse dieser Studien müssen gründlich analysiert und von den zuständigen Gesundheitsbehörden wie der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) geprüft werden.
Insgesamt hängt der Zeitrahmen für die Zulassung von mehreren Faktoren ab, einschließlich der Ergebnisse laufender klinischer Studien, der Geschwindigkeit der regulatorischen Überprüfung und der weiteren Entwicklung und Optimierung der Technologie. Optimistisch betrachtet könnte die TIS in etwa fünf bis zehn Jahren eine breitere klinische Anwendung finden, vorausgesetzt, die Studienergebnisse sind positiv und die Methode wird als sicher und effektiv anerkannt.