Pünktlich zur vereinbarten Uhrzeit meldet sein Rechner das Gespräch an. Mit einem Klick auf den Bestätigungsbutton baut das System die Verbindung zu dem Kunden auf. Ein akustisches Signal zeigt ihm an, dass die Verbindung steht und auf dem Bildschirm erscheint der Avatar des Kunden, den viele Benutzer statt eines Live-Videobildes über den Rechner vorschalten, damit sie nicht sofort von der Kamera erfasst werden. "Er muss sich wohl erst die Frisur richten" schmunzelt Peter G. und lächelt in seine Kamera. Ein kleines Kontrollfenster am rechten unteren Rand des Bildschirms zeigt ihm das Bild, das nun von seinem Rechner an den Kunden gesendet wird. Fast im gleichen Moment verschwindet der Avatar und das Livebild des Kunden erscheint auf dem Bildschirm. "Schön Sie mal wieder zusehen, Herr Praktiker," begrüßt Peter G. seinen Kunden und beginnt die Videokonferenz.
Mit einer kurzen Kontaktphase steigt er in das Gespräch ein, um dann direkt zum Thema zu kommen. Um den Kunden für die Problematiken der privaten Altersvorsorge zu sensibilisieren, spielt er auf den Bildschirm des Kunden einen kleinen dreiminütigen Videofilm ein, der von seiner Marketingabteilung als Verkaufsunterstützung zur Verfügung gestellt wurde. Der Film zeigt anhand einiger Zahlen und Beispiel sehr plastisch die Auswirkungen einer ungenügenden Rentenversorgung und wird von Peter G. zeitgleich kommentiert.
Anschließend gehen die beiden gemeinsam am Bildschirm eine Checkliste des Beratungsprogramms durch, in die sowohl Paul Praktiker als auch Peter G. Eintragungen über die eigene Tastatur vornehmen. Die Fragen der Checklisten führen automatisch zu einem Beratungsergebnis mit zwei alternativen Vorschlägen, die der Berater dem Kunden erläutert. Dabei arbeitet er in dem Dokument am Bildschirm, indem er über das Grafiktablett an seinem Arbeitsplatz mit einem elektronischen Stift bestimmte Textstellen farbig hervorhebt und mit eigenen Anmerkungen versieht. Nach einigen kleinen Veränderungen an der Vertragsgestaltung wird das gesamte Dokument als Beratungsprotokoll abgespeichert und steht dem Kunden und Peter G. zur sofortigen Archivierung zur Verfügung.
Paul Praktiker entscheidet sich für Variante 2 und Peter G. bereitet den Abschluss vor, indem er eine verschlüsselte Datei an den Kunden sendet. Dieser öffnet das Sicherheitszertifikat und bestätigt den Vertragsabschluss, indem er seinen Daumen auf den Fingerprintleser presst und per Mausklick den Vorgang abschließt.
Nach dem geschäftlichen Teil des Gespräches kommen die beiden mit ein wenig Small Talk zum Ende. Dabei fällt Peter G. auf, dass im Fenster, dass im Hintergrund des Büros in dem Paul Praktiker sich aufhält, kein Tageslicht zu erkennen ist, obwohl bei ihm um 9.00 Uhr morgens die Sonne hell ins Büro scheint. Er spricht ihn darauf an und erfährt, dass Paul Praktiker seit zwei Tagen beruflich in Sidney, Australien, zu tun hat und er jetzt um 21.00 Uhr Ortszeit gerade Feierabend macht.
Science-Fiction oder schon funktionierende Technik
Natürlich ist der an dieser Stelle geschilderte Ablauf noch Zukunftsmusik, nicht jedoch die dargestellten Möglichkeiten. Alle in diesem Beispiel beschriebenen Vorgehensweisen und die Hard- und Software gibt es bereits heute ... und sie funktioniert sogar. Im geschäftlichen Bereich fristet die schon vor über 10 Jahren entwickelte Technik derzeit noch ein Schattendasein. Einige wenige multinational agierende Konzerne nutzen diese Kommunikationsmöglichkeit intensiv, um Reise- und Konferenzkosten zu sparen. In der Privat- und mittelständischen Kundschaft werden diese Möglichkeiten nicht genutzt, ja, sind teilweise noch nicht einmal bekannt.
Schauen wir uns jedoch das Nutzungsverhalten von Jugendlichen und jungen Erwachsenen an, so bekommt das Thema einen anderen Stellenwert. So sind lt. ARD/ZDF Onlinestudie 2007 95,8 % der 14-19jährigen gelegentliche oder regelmäßige Onlinenutzer. Über 70 % in dieser Altersgruppe nutzen regelmäßig Messaging-Dienste, also Anwendungen, mit denen die dargestellten Möglichkeiten der Beratung bereits heute nutzbar sind. Darüber hinaus zeigt gerade der sprunghafte Anstieg bei der Nutzung multimedialer Inhalte, dass die Einführung der Breitbandtechnik auch nachhaltige Veränderungen im Nutzungsverhalten mit sich gebracht hat ... und das nicht nur bei den jüngeren Internetnutzern. Man kann also davon ausgehen, dass mit dem Einstieg der jetzt 14-19jährigen in das aktive Berufsleben der Gebrauch diese technischen Anwendungen ganz selbstverständlich in den Arbeitsalltag integriert werden und in spätestens zehn Jahren genauso selbstverständlich genutzt werden, wie heute ein Mobiltelefon.
Lesen Sie in der nächsten Ausgabe, wie sich einige Unternehmen schon heute auf diese Entwicklungen einstellen. Weitere Informationen zum derzeitigen Onlinenutzungsverhalten in verschiedenen Altersgruppen finden Sie (natürlich im Internet) unter der Adresse www.ard-zdf-onlinestudie.de.