Um ein sensorisches Weinbild herzustellen, muss der zu beschreibende Gegenstand sensorisch verstanden werden. Wie wirkt Säure oder Alkohol im Mund? Welche Aromen sind vorhanden? Welche haptischen, taktilen Effekte entstehen in Mund und Nase?
Grundvoraussetzung für eine treffende Beschreibung ist die bewusste Empfindung der Reizaufnahme und Reizverarbeitung. Ein wichtiger Parameter dabei ist die dynamische Wirkung der Inhaltsstoffe, also ihre Variation und Interaktion in der Zeit. Jeder Empfindung, die ein bestimmter (Wein)Inhaltsstoff auslöst, kann eine entsprechende Farb- und Formkombination zugeordnet werden.
Auf die Frage: "Welche Farbe hat Süße?" antworten die meisten Menschen mit gelb bis rot, säuerlicher Geschmack wird mit gelb bis grün beschrieben. Bitter schmeckende Stoffe sind braun. Ebenso wird süßer Geschmack als rund oder weich und säuerlicher Geschmack als spitz oder kantig bezeichnet. Diese Assoziationen werden von allen Menschen sehr ähnlich erlebt. Sie entstehen vermutlich durch eine parallele Mehrfachreizung unterschiedlicher sensorischer Hirngebiete und lassen stereotype Farb-Form-Geschmack-Geruch-Assoziationen entstehen. Diese Ähnlichkeit in der Wahrnehmung dient als Grundlage für die Farb- und Formgestaltung der sensorischen Weinbilder. Ordnet man allen gustatorischen, olfaktorischen und haptischen Empfindungen systematisch bestimmte Farben und Formen zu und berücksichtigt deren Dynamik, erhält man den Schlüssel, um ein sensorisches Weinbild zu gestalten.
Mit Worten lässt sich die dynamische Interaktion sensorisch aktiver Inhaltsstoffe in Mund und Nase nur schwer beschreiben. Mit Farb- und Formverläufen lässt sich die Dynamik der Inhaltsstoffe einfacher darstellen. Mit dieser Methode entstehen sensorische Weinbilder, die einen hohen Wiedererkennungswert haben.
Die Methode in ihrer jetzigen Form erlaubt selbst bei sensorisch ungeschulten "Weintrinkern" eine Wiedererkennungsquote von bis zu 80 %, d. h. bei der Präsentation von 5 sensorischen Weinbildern hat der Betrachter kaum Schwierigkeiten, die 5 dazugehörigen Weine richtig zuzuordnen. Daraus folgt, dass sich auch die Vorliebe für einen bestimmten Wein in den sensorischen Weinbildern erkennen lässt. Gefällt jemand das Bild, schmeckt auch der Wein dazu. Wird nun in der Gestaltung eines Produktes die sensorische Wirkung schon von außen sichtbar gemacht, zum Beispiel, indem auf dem Weinetikett ein sensorisches Weinbild abgebildet ist, entsteht ein intuitiver und emotionaler Zugang zum Inhalt. Mit anderen Worten: Die Frage "schmeckt mir dieser Wein" ließe sich mit einem sensorischen Weinbild auf der Weinflasche einfach über das Auge beantworten.
Genauso gut könnte das Marketing eines Produktes deutlich unterstützt werden, wenn seine sensorischen Farben und Formen bekannt sind. Eine große Lücke zwischen Entwicklung und Marketing würde dadurch geschlossen. Die Entwicklung von riech- oder schmeckbaren Produkten könnte vereinfacht und verkürzt werden. Die visuelle Darstellung von Parfüm, Waschmittel, Lebensmitteln oder anderen Produkten unterstützt intuitiv die verbale Beschreibung.
Wer verlässliche sensorische (Wein)Bilder malen will, muss in der Lage sein (den Wein) das Produkt sensorisch zu verstehen und seine Empfindungen so objektiv wie möglich auf die Geschehnisse in Mund und Nase reduzieren. Nur dann hat der Betrachter die Möglichkeit die sensorische Empfindung des Malers in seiner "objektivierten Fülle" am sensorischen (Wein)Bild nach zu erleben.
Martin Darting
www.martin-darting.de