Phytotherapeutika als Allheilmittel?
Phytotherapeutika werden im Allgemeinen als wirksame, verträgliche und unschädliche Arzneimittel eingeschätzt. Allerdings gibt es auch kritische Stimmen, wenn pflanzliche Heilmittel sofort im Gleichklang mit Begriffen wie 'Mutter Natur' oder 'ganzheitliche Natürlichkeit' belegt werden. Ärzte schauen bei der Auswahl jedoch gezielt auf wissenschaftliche Daten und sachliche Argumente, denn diese sind das entscheidende Kriterium für die Auswahl eines bestimmten Präparates. Moderne Phytopharmaka, im Fachjargon auch "rationale Phytopharmaka" genannt, erkennt man an der Zulassungsnummer (Zul.-Nr. bzw. EU-Nr.), die zusätzlich zur PZN (Pharmazentralnummer) vergeben wird. Diese Produkte sollten bevorzugt zum Einsatz kommen, da die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit durch wissenschaftliche Studien gesichert ist. Diese strenge Kontrolle der Phytopharmaka ist Segen und Fluch zugleich: Einerseits garantiert sie ein sicheres pflanzliches Arzneimittel. Andererseits aber bringt sie Anwendungsbeschränkungen mit sich, die so manchen ratlos den Kopf schütteln lassen.
Nicht unter 12 Jahren? Von Beipackzetteln und alternativen Naturheilmitteln
Heilkräuter und daraus produzierte Phytopharmaka sind für Kinder besonders gut geeignet, da sie von den kleinen Patienten in der Regel sehr gut vertragen werden. Häufig fehlen jedoch die klinischen Studien, welche die Unbedenklichkeit solcher Präparate für Kinder belegen. Wenn dies der Fall ist, so sind aufgrund der EU-Verordnung im Beipackzettel Standardsätze zu lesen wie: "Nicht anzuwenden bei Kindern unter 12 Jahren" oder "Kinder unter 6 Jahren: Das Arzneimittel sollte in dieser Altersgruppe in der Regel nicht angewendet werden". Solche Hinweise erscheinen selbst dann, wenn Wirksamkeit und Unbedenklichkeit bei Erwachsenen bestens belegt sind und die Präparate oder Einzeldrogen seit langem bei Kindern angewendet werden, Salbei oder Schlüsselblume gehören zum Beispiel dazu. Es entsteht also die etwas paradoxe Situation, dass verunsicherte Eltern sich aufgrund des Beipackzettels eher gegen das wirksame Phyto-Medikament entscheiden könnten. Stattdessen wird dann vielleicht ein alternatives Heilmittel gewählt, dessen Wirksamkeit unklar und wohl eher im Placebobereich zu suchen ist.
Die Lösung: Anwendungsbeobachtungen
Für viele Hersteller pflanzlicher Heilmittel sind große klinische Studien für die Zielgruppe Kinder immer noch nicht realisierbar; die Lösung heißt jedoch zunehmend Anwendungsbeobachtung. So berichtet etwa die Ärztezeitung von einer Anwendungsbeobachtung, die von Kinderärzten durchgeführt wurde: Diese untersuchte Nutzen und Verträglichkeit eines alkoholfreien Extrakts aus Thymiankraut bei 204 Kindern im Alter zwischen einem und zwölf Jahren. Die Kinder hatten eine akute Bronchitis oder einen Katarrh der oberen Luftwege. Ergebnis: Am fünften Tag nach Behandlungsbeginn waren Husten, Schmerzen beim Husten, Produktion zähflüssigen Schleims sowie gestörter Nachtschlaf deutlich zurückgegangen. Die Wirksamkeit des Medikaments wurde von 90 Prozent der behandelnden Kinderärzte mit gut bis sehr gut beurteilt.
Wie viele Tropfen sind altersgemäß?
Übrigens stehen auch Ärzte und Apotheker häufig vor dem Problem, Phytopharmaka altersgerecht zu dosieren. Genaue Richtlinien zur Dosierung im Kindesalter gibt es bislang nicht. Zwar finden sich bei Fertigzubereitungen zuweilen Dosisempfehlungen. Diese sind meist von Studien an Erwachsenen abgeleitet sind und wirken durch sehr schwammige Angaben zuweilen etwas unseriös (z. B. "Dosierung bei Säuglingen und Kleinkindern 3-5 x tgl. 5-15 Tropfen"). Schließlich sollte bei Kindern ebenso wie bei den synthetischen Medikamenten eine Anpassung der Dosis nach Körpergewicht, Alter und Körperoberfläche berücksichtigt werden.
Nach Prof. Heinz Schilcher, der im Team bei PhytoDoc seit 2008 dabei ist, gilt als grobe Richtlinie für unter 12-Jährige folgende Faustregel: Erwachsenendosis multipliziert mit dem Quotienten aus Alter und Alter. Als Formel gilt: Erwachsenendosis x (Alter/Alter+12).
Für 12-18-Jährige wird 1/2 bis 3/4 der Erwachsenendosis empfohlen, oder die Faustregel 5 Prozent der Erwachsenendosis pro Lebensalter.
Quelle: www.phytodoc.de
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