Kinder nutzen ihr Fahrrad intensiv. Oft sind sie damit den ganzen Nachmittag unterwegs, Stürze und ruppige Behandlung sind dabei an der Tagesordnung. Damit das Rad nicht nur unter dem Weihnachtsbaum, sondern dauerhaft Freude macht, muss es einiges aushalten und gleichzeitig das Verletzungsrisiko so weit es geht minimieren. Vor allem der zweite Punkt steht im Fokus der international gültigen Norm EN ISO 8098, in der die besonderen Anforderungen an Kinderfahrräder geregelt sind: Scharfe Ecken und Kanten sind tabu, ebenso Schnellspanner, weil diese zu leicht gelöst werden können. Vorgeschrieben sind zudem Reflektoren nicht nur nach vorne und hinten, sondern auch zur Seite hin sowie ein nahezu komplett abschließender Kettenschutz. Dieser solle unter anderem verhindern, dass die Finger in den Antrieb geraten, erklärt der Fahrradsachverständige Dirk Zedler, „auch wenn wir das in der Praxis eher nicht als Problem sehen“. Wesentlich häufiger komme es bei Kinderfahrrädern mit unzureichendem Kettenschutz dagegen zu Stürzen durch eingeklemmte Hosenbeine oder Schnürsenkel.
Sicher heißt über die Norm hinaus
Während viele Firmen die Norm für Kinderfahrräder allerdings gar nicht erst umsetzen, ist es z. B. für den Hersteller Puky ein erklärtes Ziel, schon die Kleinsten in ihrem Lernprozess möglichst sicher zu begleiten. Das Traditionsunternehmen vertritt den kompromisslosen Anspruch, dass die Norm „lediglich einen Mindeststandard“ darstellt, wie Guido Meitler von Puky betont. Entsprechend unterhalten die Wülfrather Kinderradspezialisten ein eigenes Prüf- und Testlabor und treten mit dem neuen „ZLX“ (219,99 Euro) den Beweis an, dass ein leichtes, sportliches Kinderfahrrad auch im Rahmen der Norm und ohne Abstriche bei der Sicherheit konstruiert werden kann.
Im Gegensatz zu einem solchen sogenannten Spielfahrrad gelten bei Straßenfahrrädern für Kinder die Vorgaben der StVZO, was eine verkehrstaugliche Beleuchtung einschließt. „Hier sind vor allem von einem Nabendynamo gespeiste Beleuchtungsanlagen empfehlenswert, da diese Stromspender nahezu wartungsfrei und sehr zuverlässig sind“, erläutert Meitler. Zwar seien prinzipiell sogar batterie- bzw. akkubetriebene Ansteckleuchten erlaubt, allerdings müsse deren Ladezustand regelmäßig kontrolliert werden. Für Kinderfahrräder sind solche Lösungen damit weniger gut geeignet.
Räder schrumpfen reicht nicht
Kinderfahrräder müssen selbstverständlich an die anatomischen Voraussetzungen ihrer Fahrer angepasst sein und sind keineswegs kleine Erwachsenenfahrräder. Trotzdem lehnen sie sich optisch zum Teil an großen Vorbildern an. Winora z. B. hat mit dem „Lilou“ (449 Euro) ein Hollandrad im Miniaturformat im Programm, das sich als vollausgestattetes Alltagsrad nicht nur für den Weg zur Schule eignet. Aber auch Liegedreiräder gibt es schon für kleine Leute ab 1,20 Meter, so wie das „Gekko fxs“ von HP Velotechnik (3.990 Euro). Bei dem voll verkehrstauglich ausgestatteten Rad lassen sich Rahmen und Sitzfläche ausziehen und anatomisch anpassen. Damit wächst das kippstabile Gefährt bis zu einer Körpergröße von 1,80 Meter mit, was über Jahre den Kauf weiterer Räder unnötig macht.
Abseits der Straße: Sporträder für Kinder
Ist das Rad tatsächlich für den Geländesport gedacht, schaut man sich am besten bei einem Mountainbike-Spezialisten um, der auch Kinderräder im Programm hat. Haibike bietet etwa in der „Rookie“-Serie (ab 349 Euro) Geländeräder an, die auch in der 24-Zoll-Version schon mit Scheibenbremsen erhältlich sind. Mit einem technischen Highlight, das sich selbst bei Erwachsenenrädern selten findet, wartet dagegen das Early Rider „Belter 16 Urban“ (469 Euro) auf. Das 16-Zoll-Rad hat zwar keinen Kettenkasten, aber dafür auch keine Kette, denn es kommt mit einem sauberen und wartungsarmen Riemenantrieb. Die ansonsten minimalistische Ausstattung drückt sein Gewicht auf schlanke 5,5 Kilogramm. Ebenfalls mit 16-Zoll-Bereifung werden BMX-Räder angeboten, mit denen sich erste Tricks schon im Grundschulalter üben lassen. Während es sich dabei noch vor ein paar Jahren eher um geschrumpfte 20-Zöller handelte, werden bei Modellen wie dem „Primer 16“ von Sunday (379,99 Euro) die bei dieser Größe spezifischen Anforderungen an die Geometrie berücksichtigt.
Eltern sollten sich allerdings bewusst sein, dass solche Sporträder in der Regel Wert auf andere Aspekte legen als Kinderfahrräder für die Straße – und somit weder StVZO-konform sind noch der eingangs erwähnten Norm entsprechen. Dementsprechend sind sie natürlich erst dann für Kinder geeignet, wenn diese die grundlegenden Fähigkeiten erlernt haben und sicher mit einem Rad umgehen können. Wie für alle Räder gilt auch bei Sportfahrrädern, dass sie nicht als Überraschung unterm Weihnachtsbaum stehen, sondern gemeinsam mit dem Kind und mit Hilfe kompetenter Beratung durch den Fachhändler ausgewählt werden sollten. Denn gerade bei Kinderrädern kommt es auf die richtige Größe an – selbst das schönste Rad macht keine Freude, wenn es nicht passt.