Einsatzbereich klären
Es gibt eine Unmenge verschiedener Fahrradtypen. Welche Art von Rad am besten geeignet ist, hängt davon ab, für welche Zwecke man es braucht - und das wird zumeist auch die erste Frage des Händlers sein. Kommt das Fahrrad also vorwiegend als Nutzfahrzeug im alltäglichen Straßenverkehr zum Einsatz und will man zudem Einkäufe oder Ähnliches transportieren? Oder soll es, ganz ohne praktische Hintergedanken, möglichst großen Fahrspaß als Freizeitgefährt bieten? Wer hier mit klaren Vorstellungen in den Laden geht, wird schnell herausfinden, ob es eher ein Citybike oder ein Trekkingrad sein sollte.
"Der Einsatzbereich beeinflusst aber nicht nur das Radkonzept, sondern auch die Ausstattung", ergänzt Tobias Erhard vom Komponentenhersteller Sram. So stellen Steigungen und Gelände andere Anforderungen an Gangschaltung und Bremsen als asphaltierte Wege in der Ebene. Gleiches gilt für die Tauglichkeit im Straßenverkehr: "Mit zugelassener Akkubeleuchtung lassen sich zwar auch sportlichere Räder StVZO-konform ausstatten, zum sorglosen Verkehrsmittel im Alltag wird das Rad aber nach wie vor am besten mit Nabendynamo und fester Lichtanlage", erklärt Sebastian Göttling von Busch & Müller.
Ein wichtiger Punkt wird oft vergessen: die Unterbringung. "Ob ich das Rad ständig die Kellertreppe rauf und runter tragen muss oder ob ich mir eine schicke kleine Fahrradgarage vors Haus stellen kann, macht einen gewaltigen Unterschied", merkt Andreas Hombach vom Stadtmöblierer wsm an. Denn wo im einen Fall auch ein schweres E-Bike kein Problem darstellt, muss man sich im anderen zumindest Gedanken über alternative Abstellmöglichkeiten machen. Fehlen diese, ist möglicherweise ein kompaktes Faltrad die bessere Wahl.
Budget festlegen
Unter ca. 600 Euro darf man auch 2015 kein vernünftiges Rad erwarten. Bei E-Bikes gilt als Faustregel für den Vergleich der zweieinhalbfache Preis, sprich: hier beginnt der Einstieg derzeit bei etwa 1.500 Euro. Schon der Akku kostet zwischen 500 und 800 Euro. Doch die Mehrkosten für ein Pedelec sind nicht nur dem Antrieb geschuldet: "Das Gewicht und die im Schnitt höheren Geschwindigkeiten stellen insgesamt höhere Anforderungen an das Material. Neben einem besonders robusten Rahmen betrifft das vor allem Komponenten wie Bremsen, Reifen oder Federungselemente", führt Anja Knaus vom schweizerischen Elektrorad-Spezialisten Flyer aus.
Griffige Zahlen wie 1.000, 1.500 oder 2.000 Euro stellen die sogenannten "Eckpreislagen" dar, an denen um die Gunst der Kunden besonders hart gekämpft wird und wo die Hersteller knallhart kalkulieren müssen. Hier finden sich oft deutliche Qualitätssprünge, vor allem bei der Ausstattung.
Apropos Ausstattung: Eine beliebte Strategie ist es, ein Komplettrad mit hochwertigem Rahmen, aber günstigen Komponenten zu kaufen, um es im Laufe der Zeit aufzurüsten. Letzten Endes geht das allerdings ins Geld, erfordert einen gewissen Überblick und eignet sich für den Durchschnittskunden nur in Verbindung mit Beratung. Eher lohnt es sich, hier und da auf Verzicht und dafür an anderer Stelle auf Qualität zu setzen: Statt einer Federung, die aus Budgetgründen höchstens zweitklassig ausfallen darf, tun es in der Stadt auch voluminöse Reifen, und wer nur in der Ebene fährt, braucht nicht dutzendweise Gänge. Unbedingt einplanen sollte man allerdings Kosten für ein angemessenes Fahrradschloss, empfiehlt Torsten Mendel von Abus: "Je besser das Rad, desto mehr sollte man auch in ein gutes Schloss investieren. Im Ernstfall hat sich die Ausgabe gelohnt". Um es Gelegenheitsdieben, die es auf Sattel oder Reifen abgesehen haben, etwas schwerer zu machen, kann man zudem den Händler bitten, die Schnellspanner austauschen, wenn das Rad nicht regelmäßig verstellt oder zum Transport zerlegt werden soll.
Termin vereinbaren
Sicher, man kann selbst bei einem spontanen Ladenbesuch Glück haben, aber nur wer sich vorher anmeldet, kann damit rechnen, dass der Verkäufer Zeit für eine intensive Beratung hat. "Ausreichend Zeit sollte man allerdings auch selbst mitbringen", betont Peter Horsch von Blue Label, denn oft dauere das Beratungsgespräch länger als geplant. Dementsprechend sollten Stoßzeiten wie der Samstag ohnehin vermieden werden, besser man nimmt sich unter der Woche frei. Manche Händler beraten Kunden gerne außerhalb der Öffnungszeiten - dafür muss man aber selbstverständlich vorher anrufen.
Bei der Terminabsprache kann man zudem fragen, ob der Händler möglicherweise eine Vermessung anbietet. Das ist nämlich nicht nur bei Maßrahmen sinnvoll, auch in Serie produzierte Räder lassen sich an die individuelle Anatomie anpassen. "Ergonomie ,von der Stange' gibt es natürlich nicht. Aber durch einen klug vorausgewählten Baukasten lässt sich aus standardisierten Teilen ein passendes Rad zusammenstellen", erklärt Stefan Stiener von der Manufaktur Velotraum.
Ausrüstung mitbringen
Um das Fahrrad so zu testen, wie man es schlussendlich fahren möchte, empfiehlt es sich, die gewohnte Ausrüstung für die Probefahrt selbst mitzubringen. "Frisch aus dem Büro, eingeengt mit Anzug und Schlips, sitzt man anders im Sattel als in radspezifischer Funktionskleidung mit gepolsterter Hose und Trikot", bemerkt Stephanie Herrling von Vaude.
Das betrifft aber nicht nur die Bekleidung. Ob die Fahrradtaschen passen und nicht beim Pedalieren stören oder ob der sonst so bequeme Lieblingsrucksack auf dem neuen Fahrrad plötzlich drückt, lässt sich nur feststellen, wenn man es ausprobiert. Bei manchen Ausrüstungsgegenständen wie etwa dem bevorzugten Sattel kann der Händler oft ersatzweise aushelfen, aber das gewohnte Kinderanhänger-Modell z. B. wird er oft nicht vorrätig haben, wie Natascha Grieffenhagen von Croozer erklärt.
Probefahrt machen
Ausreichend Zeit benötigt man für eine Probefahrt, denn die sollte nicht nur kurz um den Block gehen, vor allem wenn man das Fahrrad für längere Strecken braucht. "Ein Rad, das in die engere Wahl kommt, leiht der Händler möglicherweise sogar übers Wochenende aus", ermutigt Anke Namendorf von Koga. Dass es bei so viel Vertrauen mit besonderer Sorgfalt behandelt wird, sollte dann allerdings selbstverständlich sein. Nicht selten verlangt der Händler dann eine Leihgebühr, die er später mit dem Kaufpreis verrechnet. Als Strecke für die Probefahrt sollte man idealerweise direkt die Wege des Alltags wählen, auf denen das Rad zum Einsatz kommen soll.
Wenn man das Gefühl hat, dass das Rad zwar grundsätzlich passt und nur Kleinigkeiten stören, darf man den Händler ruhig bitten, die Einstellungen zu ändern. Auch ein anderer Sattel oder Lenker bewirkt manchmal kleine Wunder. Um einen Vergleich zu haben, lohnt sich darüber hinaus die Probefahrt mit einem teureren Modell. So stellt man schnell fest, ob das ins Auge gefasste günstige einigermaßen mithalten kann.