Noch heute benutzen wir den Begriff "Eulenspiegelei" wenn uns jemand einen Streich spielt. Der Schabernack ist dann meist listig-intelligenter Prägung - genau so, wie sein Namensgeber der Überlieferung nach gewesen sein soll. Denn die mittelalterlichen Geschichten sind zwar voll von Narren, Betrügern, Lästermäulern und Possenreißern, aber nur der knitze "Ulenspiegel" hat den Sprung ins kollektive Gedächtnis der Neuzeit geschafft. Till Eulenspiegels Streiche ergeben sich oft daraus, dass er eine bildliche Redewendung wörtlich nimmt. Für die beliebte Figur war dies aber keine Narretei, sondern ein Vehikel, um die Unzulänglichkeiten seiner Mitmenschen bloßzustellen und die Missstände seiner Zeit aufzudecken. Äußerlich ein Narr, ist Eulenspiegel seinen Mitmenschen an Geist, gesundem Menschenverstand und Durchblick überlegen.
Das 500-jährige Jubiläumsdatum der Münzausgabe bezieht sich nicht auf die historische Figur, sondern auf die älteste erhaltene Fassung des Schwankromans. Als Verfasser gilt der Braunschweiger Vogt und Chronist Hermann Bote. Das Buch wurde bereits im 16. Jahrhundert nicht nur in Deutschland gelesen, sondern in viele europäische Sprachen übertragen, darunter Italienisch, Französisch, Englisch und Polnisch. Bis heute sind die Geschichten von Till Eulenspiegel in 280 Sprachen übersetzt worden. Das hinterlässt Spuren. So leitet sich das französische Wort "espiègle" für "schelmisch" von Eulenspiegel ab.
Der zusammengesetzte Name lässt Interpretationen zu. Eule kann für Weisheit stehen, der zweite Teil für "jemandem einen Spiegel vorhalten". Mitunter eine ganz andere Deutung sehen Sprachforscher, die das mittelalterliche Wort "ulen" als "wischen" übersetzen. Und "Spiegel" steht in der Jägersprache heute noch für Gesäß. So könnte es sein, dass Eulenspiegel vorweg nahm, was Goethe ein paar hundert Jahre später in seinem berühmten Götz-Zitat noch weitaus deutlicher verarbeitete.
Dazu passt auch die Einschätzung der Jury des Bundesfinanzministeriums, die sich im Wettbewerb für den Designentwurf des Medailleurs Friedrich Brenner aus Diedorf entschied, weil er auf der Münze "besonders prägende Charaktereigenschaften" Eulenspiegels zum Ausdruck bringt: "Als Figuration des Eigensinns leitet er einen aktuellen, frechen, unverschämten Schalk ab, der der Welt - also auch uns - den Hintern zeigt ... Eine gebückte Gestalt, asymmetrisch im Rund der Münze nach hinten grinsend." Alles in allem eine "dynamische Komposition, die mit dem Münzkreis thematisch und formal eine Einheit bildet." Auch dass sich diese formale Umsetzung auf der Wertseite in der Gestaltung des Bundesadlers fortsetzt, macht die neue deutsche 10-Euro-Gedenkmünze zu einem besonders gelungenen Stück.
Auf eine Besonderheit sei noch hingewiesen: Da das Bundesfinanzministerium beschlossen hat, deutsche 10-Euro-Gedenkmünzen künftig in einer "Normalausführung" in Kupfer-Nickel (Stempelglanz, frühestens August 2011 erhältlich) und einer Silberausgabe in Spiegelglanz zu verausgaben, unterscheiden sich die Wertseiten geringfügig. Die bereits jetzt erhältliche Silberausgabe trägt eine sogenannte Punze, ein Prägemerkmal mit dem Hinweis auf den Edelmetallgehalt: "Silber625" (siehe Abb.).
Spezifikationen:
Gedenkmünze Deutschland 2011: 10 Euro, Ø 32,5 mm, Prägezeichen D (Karlsruhe)
Silber (625/1000): Auflage 200.000 Ex. / Kupfer-Nickel: Auflage max. 1,8 Mio.
Randinschrift: SO BIN ICH DOCH HIE GEWESEN
Bezugsnachweis:
Im örtlichen Münzhandel, bei ausgesuchten Banken mit numismatischer Abteilung oder über den Fachhandel wie z. B. MDM Münzhandelsgesellschaft mbH & Co. KG Deutsche Münze, Telefon (0531) 205-666 bzw. www.mdm.de