Dass der Pflege-Bahr nicht zur flächendeckenden Absicherung des Pflegerisikos gedacht ist, war von Beginn an klar. Doch eines sollten die geförderten Policen erreichen: Das Thema der privaten Pflegevorsorge in die Mitte der Gesellschaft zu tragen. Ziel ist es, dass sich die Verbraucher mit dem Thema beschäftigen und bestensfalls erweiterte Pflegezusatzversicherungen zur Absicherung im Pflegefall abschließen. Stärkung der Eigenvorsorge könnte man es nennen, oder Konjunkturpaket für die privaten Versicherer, wenn man es wie die Kritiker hält. Nach fast drei Monaten bleibt jedoch festzuhalten, dass sich nur wenige Kunden für den Pflege-Bahr zu interessieren scheinen. Die Abschlusszahlen sind sehr gering und laut einer Umfrage kennt nur jeder zehnte Bundesbürger die geförderten Policen.
Schätzung: Gut 10.000 Abschlüsse bis jetzt
Die Versicherer hielten sich zum Start der geförderten Policen sehr bedeckt. Zum Jahreswechsel hatten nur zwei Versicherungen geförderte Tarife im Programm. Doch seit einigen Wochen steigt Zahl der Versicherer mit einem Pflege-Bahr-Tarif deutlich an. Auf http://www.pflegeversicherung.net/pflege-bahr ist eine Liste mit den aktuellen Anbietern und eine Zusammenfassung der Tarife zu finden. Bis zum Beginn des Monats wurde die Zahl der Abschlüsse auf insgesamt etwa 10.000 geschätzt. Die Barmenia gab bereits Anfang Februar 1.400 Abschlüsse bekannt. Die DKV vermeldete kürzlich 6.000 Abschlüsse. Branchenkenner schätzen die Zahlen bei Debeka und Allianz ähnlich ein.
Umfrage: Großteil der Bürger bemängelt Höhe der Zuschüsse
Eine Umfrage des Kölner Marktforschungs- und Beratungsunternehmen YouGov offenbarte erst kürzlich einen möglichen Grund für die schlechten Abschlusszahlen: Mit 51 Prozent hält der größere Teil der Bevölkerung die Förderhöhe von 60 Euro jährlich für "mittelmäßig" oder gar "schlecht". Hinzukommt, dass sich die Pflege-Bahr-Tarife nicht für alle Personen lohnen. Durch den Kontrahierungszwang werden Vorerkrankte und Chroniker in diesen Tarifen nicht abgelehnt, was die Beiträge steigen lässt. Jüngere, gesunde Personen können so in den herkömmlichen Pflegetagegeldversicherungen häufig zu geringen Beiträgen höhere Leistungen vereinbaren. (Weitere Infos dazu sind unter http://www.1a.net/versicherung/pflegeversicherung/pflegetagegeldversicherung einzusehen.) Zusätzlich offenbart die Umfrage, dass die Informationspolitik der Regierung und der Versicherungsunternehmen zum Pflege-Bahr noch Verbesserungspotential bietet. Von den 1.000 Befragten gaben 89 Prozent an, noch nie etwas von den geförderten Policen gehört zu haben.