Besonders bedenklich ist die Änderung der aut-idem-Regelung, wonach der Apotheker künftig auch dann ein Arzneimittel gegen ein rabattbegünstigtes Medikament austauschen muss, wenn es in nur einer Indikation mit dem verordneten Präparat identisch ist. Patienten bekämen damit auch Medikamente, in deren Packungsbeilage ihre eigene Krankheit nicht einmal aufgeführt ist. "Wird diese Änderung umgesetzt, würde das die Patienten völlig verunsichern", kommentiert Prof. Kirch diesen Teil des bisherigen Gesetzentwurfes. "Im Ergebnis kann dies dazu führen, dass sie ihre Arzneimittel mangels Information über- oder unterdosieren und damit eine Verschlechterung ihres Krankheitsbildes erleiden." Mehr noch: Prof. Kirch befürchtet, dass die neue Regel das Patienten-Arzt-Verhältnis massiv gefährdet. "Nach dem Lesen der Packungsbeilage muss der Patient davon ausgehen, dass sein Arzt ihm ein Arzneimittel verordnet hat, das bei seiner Krankheit nicht angewendet werden darf, ihn also schädigt. In dem Glauben, ein falsches Arzneimittel erhalten zu haben, bricht der Patient dann die dringend notwendige Therapie im schlimmsten Fall eigenmächtig ab." Kirch empfiehlt daher, den Gesetzentwurf so zu ändern, dass auch künftig nur Arzneimittel ausgetauscht werden dürfen, wenn das abzugebende Medikament alle Indikationen des verordneten abdeckt.
Darüber hinaus soll mit dem AMNOG die komplette Systematik der Packungsgrößen neu geordnet werden. Dies würde unter anderem dazu führen, dass Ärzte künftig Arzneimittelpackungen verordnen könnten, die eventuell bis zu 1.200 Tabletten beinhalten - mit den entsprechenden Auswirkungen auf die Therapietreue und das ärztliche Monitoring, bis hin zu logistischen Konsequenzen für pharmazeutische Großhandlungen, Apotheken und Hersteller. "Die neue Verordnung würde nicht nur das bisherige bewährte System verwässern, sie böte auch weder für den Patienten noch für den Arzt einen wie auch immer erkennbaren Nutzen", kommentiert Prof. Morck die vorgeschlagenen Regelungen. "Dagegen würden sie mit Sicherheit die Patienten erheblich verunsichern und eine Fülle von zusätzlichen Beratungsgesprächen durch Ärzte und Apotheker erfordern." Prof. Morck empfiehlt daher, die entsprechende Regelung aus dem AMNOG herauszunehmen und sie zunächst mit Fachleuten im "pharmakologisch-medizinischen Rahmen zu diskutieren."
Vor diesem Hintergrund ist es besonders bemerkenswert, dass beide geplanten Änderungen nicht aus medizinischen oder pharmakologischen Gründen erfolgen, sondern ausschließlich dazu dienen sollen, die Arzneimittelrabattverträge ohne Rücksicht auf Sicherheitsrisiken durchzusetzen.
Pro Generika appelliert an die Koalition, die Gesetzesvorhaben noch einmal intensiv zu überdenken. Arzneimittelsicherheit und Patientenschutz müssen jederzeit Vorfahrt haben!