Seit Monaten scheiden sich bei der Frage, ob die Jahresfrist des § 5a des Versicherungsvertragsgesetzes europarechtswidrig sei, nun schon die Geister. Dank des unermüdlichen Einsatzes des LV-Doktor-Teams, welches bereits seit der Projektgründung im Jahr 2005 auf die verbraucherfeindliche Jahresfrist und deren Unvereinbarkeit mit geltendem europäischen Recht hinweist, befassen sich seit geraumer Zeit sowohl die Bundesregierung als auch der Europäische Gerichtshof mit der brisanten Thematik - und das aus sehr unterschiedlichen Perspektiven.
Während die Europäische Kommission, welcher die Frage nach der Gemeinschaftskonformität bereits in fünf von LV-Doktor betreuten Verfahren zur Vorabentscheidung vorgelegt wurde, die Auffassung von LV-Doktor teilt, dass die Widerspruchsfrist nicht vor ihrem eigentlichen Beginn erlöschen könne, teilte die Bundesregierung in einer Stellungnahme vom 15.08.2012 mit, dass die Jahresfrist keiner nationalen Vorschrift entgegen stünde und das Erlöschen der Widerrufsfrist spätestens ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie durchaus vertretbar sei. Mit Eröffnung des Verfahrens gegen die Allianz am Europäischen Gerichtshof am 24. Januar 2013 und dem aktuellen Urteil des AG Biedenkopf vom 20. Februar 2013 kommt nun neuer Schwung in die Sache.
Gericht bezweifelt korrekte Berechnung des Rückkaufswertes durch Versicherung
"Wer Recht erkennen will, muss zuvor in richtiger Weise gezweifelt haben" - besagt eine aristotelische Weisheit und illustriert die LV-Doktor-Mission damit treffend. Denn an den Versicherungsgesetzen und an der fairen Behandlung von Verbrauchern zu zweifeln, gehört zum täglichen Geschäft des Teams um Jens Heidenreich. Und Zweifel gibt es viele - hinsichtlich der Jahresfrist im Allgemeinen aber auch in Bezug auf den überaus geringen Rückkaufswert einer ehemaligen Versicherungsnehmerin im Speziellen.
So hatte eine Kundin der Canada Life von August 2004 bis Oktober 2010 rund 4.900 € in eine fondsgebundene Lebensversicherung eingezahlt. Als sie diese im Oktober 2010 vorzeitig kündigte, errechnete die Versicherungsgesellschaft ein Guthaben von rund 2.200 €. Viel zu wenig befanden LV-Doktor und die Geschädigte. Und letztlich auch das Amtsgericht Biedenkopf, das die Klage der ehemaligen Versicherungsnehmerin als zulässig und in allen Punkten begründet erachtete.
Widerrufsbelehrung nicht regelkonform - Klägerin erhält alle eingezahlten Beiträge zuzüglich Zinsen zurück
Unter Berufung darauf, dass die Widerrufsbelehrung nicht den geltenden typographischen Erfordernissen entspreche wiesen die LV-Doktor-Anwälte darauf hin, dass die Widerrufsfrist für die Versicherungskundin überhaupt nicht zum Tragen gekommen sei. Als logische Konsequenz dessen müsse ein Widerspruch auch nach sechs Jahren noch möglich sein und sei eine Schadensersatzzahlung in Höhe aller eingezahlten Beiträge mit einer Verzinsung von 7,22 % mehr als angemessen.
Auch wenn die Canada Life den Vorwürfen vehement widersprach und nicht nur die verwendete Widerrufsbelehrung für ausreichend, sondern auch den Paragraphen zur Regelung der Jahresfrist als europarechtskonform erachtete, gab das Amtsgericht Biedenkopf der Argumentation der LV-Doktor-Anwälte in allen Punkten recht und verurteilte die Beklagte zu einer Zahlung von insgesamt 6.982,66 €.
Keine Sonderrechte für Versicherungsbranche
In Anlehnung an die Bedenken von LV-Doktor bestätigte auch das Gericht, dass die Widerrufsfrist bereits daran kranke, dass der Kunde in den meisten Fällen gar nicht bestimmen kann, wann ihm die entsprechenden Unterlagen überhaupt zugegangen sind. Markiert das Einwerfen in den Briefkasten oder das tatsächliche In-Händen-Halten den Beginn der Frist? Auch in Bezug darauf, dass die Beschränkung des Widerspruchsrechts auf einen bestimmten Zeitraum gegen europäisches Recht verstoße, ging das Gericht konform mit den Ansichten von LV-Doktor und bemerkte "Es sei nicht einzusehen, aus welchem Grunde in diesem Wirtschaftszweig eine derartige Befristung eine Berechtigung haben sollte."
Der Triumph gegen die Canada Life bringt das erfolgreiche Projekt der proConcept AG seinem Ziel wieder ein Stück näher. Ganz im aristotelischen Sinne wird LV-Doktor auch weiterhin zweifeln und Verbrauchern eine Stimme verleihen, damit Versicherungskunden endlich das bekommen, was ihnen zusteht: transparente, faire Versicherungsmodelle und alle eingezahlten Beiträge zuzüglich Zinsen, wenn sie ihre Lebensversicherung vorzeitig kündigen müssen.