Was war geschehen?
Die Generali ist, unter Obhut ihres italienischen Mutterkonzerns, einer der größten Anbieter für private Lebens- und Rentenversicherungsverträge auf dem deutschen Markt. Eine Versicherungsgesellschaft, die schon früh erkannt hat, dass man mit klassischen, kapitalgedeckten Lebensversicherungen keinen Preis mehr beim Kunden gewinnen kann und als einer der Ersten Altersvorsorgeverträge auf Fondsbasis angeboten hat. Nach den neusten Ereignissen darf man sich fragen, ob dieser damalige Schritt wirklich aus grundsätzlicher Überzeugung und reiner Wohltat dem Kunden gegenüber gemacht worden ist, oder es schlichtweg um die Tatsache ging, dass mit Fondsprodukten mehr Geld verdient werden kann.
Wie auch immer, es bleibt Spekulation. Fakt hingegen ist, dass in den letzten Jahrzehnten Abermillionen solcher fondsgedeckter Policen in Deutschland verkauft worden sind. Und das ist auch per se eine gute Sache. Denn so wurden die Sparer gezwungen Geld für das Alter auf die Seite zu legen, um so die aufkommende Rentenlücke, durch den immer fortwährenden Abstieg der gesetzlichen Rente, zumindest zu einem gewissen Teil, kompensieren zu können.
Die Problematik liegt jedoch ganz wo anders. Es ist nicht die Frage ob, oder dass diese Verträge an den Mann und an die Frau gebracht wurden, sondern vielmehr „wie“.
Das Problem der versteckten Provisionen
Ein Großteil der Generali Verträge wird über die DVAG, die deutsche Vermögensberatung verkauft. Dabei ist es nur nachvollziehbar, dass die dort tätigen Berater, ein gewisses Salär für Ihre Beratungen bekommen müssen. Das zahlt der Kunde. Und auch das ist noch lang nicht das Problem. Denn überall dort, wo Beratungsleistung in Anspruch genommen wird, gehen wir davon aus, dass diese Beratung Geld kostet. Egal ob ich zum Arzt gehe, einen Berater konsultiere oder meinen Hund zur Hundeschule schicke: Es kostet immer Geld. Nur bei Finanzen, da sind wir es nicht gewohnt, dass man für Beratungsleistung zahlen muss.
Denn in aller Regel werden sogenannte Bruttopolicen verkauft. Hier muss der Kunde für den Abschluss und die Beratung zu seiner „optimalen“ Versicherungslösung keine Rechnung begleichen und trotzdem verdient der Berater Geld. Das geschieht nicht durch wundersame Geldvermehrung, sondern dadurch, dass die Versicherungspolice mit Kosten belastet wird. Diese Kosten werden von den monatlichen Sparbeiträgen des Kunden in Abzug gebracht, und zwar solange, bis die Initialkosten, also die Kosten für den Abschluss der Versicherung, bezahlt sind. Das können schnell einige tausend Euro Kosten sein, allein für den Abschluss einer privaten Lebens- oder Rentenversicherung.
Doppelte Provision?
Es ist also Fakt, dass solche Versicherungsverträge, zu Recht, mit Kosten belastet sind. Und wie das so in der freien Wirtschaft ist, gibt es Verträge die teurer sind und es gibt Verträge die günstiger sind. Es ist immerhin die Entscheidung des Kunden, für welches Produkt er sich entscheidet.
Problematisch wird es nur, wenn aufgrund von mangelnder Transparenz doppelt vom Kunden abkassiert wird.
Und das ist im Fall der betreffenden Policen der Generali zwischen den Jahren 2021 und 2023 geschehen.
Auf der einen Seite hat die Versicherungsgesellschaft Ihre eigenen Kosten gegenüber dem Kunden angesetzt, auf der anderen Seite wurden dem Verbraucher aber auch noch Kosten für die Fondsverwaltung der Fondsanteile, die er in seinem privaten Altersvorsorgevertrag innehat, in Rechnung gestellt.
Erschwerend kommt hinzu, dass diese Fondskosten hintenrum wieder bei der Generali gelandet sind, als sogenannte Kickbags. Und genau hier schließt sich dann der Kreis.
Die Fondsgesellschaften zahlen Provisionen (sogenannte Kickbacks) an die Versicherungsgesellschaften, die wiederum diese speziellen Fonds für ihre Kunden ausgesucht haben.
Die Versicherungsgesellschaft, in dem Fall die Generali, verdient also doppelt. Einmal an der Vermittlung der Versicherung an sich und einmal an den Fonds, in die der Kunde, über den Mantel der Versicherungspolice, investiert ist. Der Sparer hat auf der anderen Seite eine doppelte Belastung zu beklagen.
Hinter uns die Sintflut
Es ist seit Jahren klar, dass solche Kickbacks bei fondsbasierten Produkten beim Kunden landen müssen. Auch den meisten Versicherungsgesellschaften war das klar. Bei Banken, die solche Fonds vermitteln, gibt es dazu sogar seit Jahren schon eine entsprechende Rechtsprechung, um die Verbraucherinteressen zu schützen.
Aber viele deutsche Lebensversicherer sehen das anscheinend anders.
Dies ging so weit, dass sich nun auch die BaFin, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistung, bemüßigt gefühlt hatte, einmal genauer hinzusehen. Es war ein offenes Geheimnis, dass viele Versicherer doppelt kassieren. Das nun die Generali die erste Versicherungsgesellschaft war die klein bei gibt, kann auch einfach nur Zufall sein.
Besserung in Sicht?
Fakt ist, dass sich viele Kunden der Generali Versicherung nun über höhere Werte in Ihren Versicherungsverträgen freuen dürfen, wenngleich dieser zusätzliche Rückkaufswert lediglich über höhere Überschussbeteiligungen ausgewiesen wird.
Gleichzeitig wird die BaFin nicht müde zu betonen, dass es noch weitere Versicherungsgesellschaften gibt, die Kosten zu Unrecht abziehen oder Kundengelder einbehalten. Die Sinnhaftigkeit und die Rentabilität solcher privater Altersvorsorgeverträge auf den Prüfstand zu stellen hat oberste Priorität.
Und doch: Die Generali möchte auch in Zukunft an diesen Kickbackvereinbarungen festhalten.
Ob eine solche Haltung dem Ethos und dem Vertrauen der Branche zu Gute kommen, darf bezweifelt werden.