Journalistenpreis „Gemeinsam gegen Lungenhochdruck“ für Volker Arend
Wie Hans-Dieter Kulla berichtete, betreibt ph e.v. nicht nur eine eigene Website, sondern ist auch in allen sozialen Medien vertreten. Der Verein wirkt überdies in der neuen europäischen Dachorganisation AfPH (Alliance for PH) mit, die der internationalen Vernetzung dient und eine allgemein zugängliche Wissensplattform aufbaut. Dies ist umso wichtiger, als es sich bei Lungenhochdruck, fachsprachlich als pulmonale Hypertonie (PH) bezeichnet, um eine schwerwiegende Erkrankung handelt, welche die Lunge und das Herz betrifft und wegen der unspezifischen Symptome häufig erst spät erkannt wird. Damit Betroffene eine möglichst frühzeitige Diagnose und eine angemessene Therapie erhalten, ist es wichtig, nicht nur die Ärzteschaft zu sensibilisieren, sondern auch die Öffentlichkeit aufzuklären. Die Medien tragen dazu entscheidend bei. Daher verleiht ph e.v. jedes Jahr den mit 3 000 Euro dotierten Journalistenpreis „Gemeinsam gegen Lungenhochdruck“. Für 2023 wählte die Jury mit Experten aus Medizin und Medien den Biologen und Wissenschaftsjournalisten Volker Arend als Preisträger aus. Er hat das TV-Format „Abenteuer Diagnose“ im NDR entwickelt und schildert in seinem am 14. Februar 2023 in der Sendung „Visite“ ausgestrahlten Beitrag „Lungenhochdruck belastet das Herz“ die Geschichte einer Patientin – informativ, berührend und spannend wie ein True-Crime-Film. Volker Arend steckt derzeit mitten in Dreharbeiten zur nächsten Staffel von „Abenteuer Diagnose“ und konnte den Preis daher leider nicht persönlich entgegennehmen, schickte aber eine Dankesbotschaft per Video an ph e.v.: Anliegen seiner Sendereihe sei, gerade schwer diagnostizierbare Erkrankungen in den Fokus zu rücken, daher freue er sich besonders über die Auszeichnung.
Bedeutung genetischer Untersuchungen
Professor Ekkehard Grünig aus Heidelberg und Professorin Silvia Ulrich aus Zürich moderierten den großen Vortragsblock am 21. Oktober, der inhaltlich von aktuellen Studien bis hin zu praktischen Tipps für den Umgang mit Lungenhochdruck reichte. Über die Bedeutung genetischer Untersuchungen sprach Professorin Christina A. Eichstaedt, Sprecherin des neu gegründeten Deutschen Zentrums für Genetik des Lungenhochdrucks am Universitätsklinikum Heidelberg. Die pulmonal arterielle Hypertonie (PAH) kann familiär, sporadisch, durch Medikamente verursacht oder im Zusammenhang mit anderen Erkrankungen auftreten. Bei der Mehrzahl der Patienten mit familiärer PAH sind Mutationen im BMPR2-Gen festzustellen. Dies ist das Gen mit den meisten für Lungenhochdruck relevanten Mutationen, obgleich auch andere Gene für die Erkrankung verantwortlich sein können. Um alle bekannten PAH-Gene zu untersuchen, hat das Heidelberger Forscherteam eigens ein Genpanel zur Diagnostik entwickelt. Längst nicht jeder, der die Veranlagung in sich trägt, erkrankt an Lungenhochdruck. Professorin Eichstaedt hält genetische Untersuchungen für sinnvoll bei Angehörigen von Betroffenen, um asymptomatische Mutationsträger zu identifizieren, sowie bei bestimmten Formen der PAH, wie der hereditären und der idiopathischen PAH, um Differentialdiagnosen abzuklären und Folgeuntersuchungen zu planen. Die Wissenschaftlerin betonte: „Genetische Testung nur mit genetischer Beratung!“
Wegweisender Wirkstoff vor der Zulassung
Von einem wegweisenden neuen Medikament berichtete Professor Ekkehard Grünig, Leiter des Zentrums für Pulmonale Hypertonie des Universitätsklinikums Heidelberg: Sotatercept ist der erste Wirkstoff überhaupt, der die genetischen Ursachen der PAH angeht. Noch laufen Studien; die Mediziner hoffen auf baldige Zulassung. Von Sotatercept können alle PAH-Patienten profitieren, auch diejenigen ohne Genmutation, weil der Wirkstoff die bei PAH verminderte schützende Wirkung des BMPR2-Gens wiederherstellt. „Wir hoffen, dass Sotatercept in einigen Jahren die Krankheit wesentlich bessern kann“, sagte Professor Grünig.
Komplexe Therapie bei chronisch thromboembolischer pulmonaler Hypertonie
Über Möglichkeiten der Therapie bei chronisch thromboembolischer pulmonaler Hypertonie (CTEPH) referierte PD Dr. Stefan Guth, Leiter der Abteilung für Thoraxchirurgie der Kerckhoff-Klinik in Bad Nauheim. Die CTEPH, eine spezielle Form der PH, kann nach einer Lungenembolie auftreten, wenn das Blutgerinnsel nicht aufgelöst wird, sodass Narbengewebe entsteht, das die Lungengefäße verengt. Inzwischen gilt die CTEPH als gut behandelbar. Standardtherapie bei allen operablen Patienten ist die pulmonale Endarteriektomie (PEA), eine aufwendige Operation im völligen Kreislaufstillstand, bei der die Lungenarterien ausgeschält werden. Veränderungen in ganz feinen Lungengefäßen lassen sich mithilfe der der pulmonalen Ballonangioplastie (BPA) behandeln. Bei dieser werden zunächst Führungsdrähte in die Gefäße eingeschoben, anschließend werden die Gefäße mit Ballons aufgedehnt. Die BPA eignet sich auch für nicht operable Patienten. Medikamente gegen die CTEPH sind ebenfalls verfügbar. Häufig ist eine Kombination verschiedener Therapien angezeigt. „Komplexe Möglichkeiten erfordern komplexe Entscheidungen“, resümierte PD Dr. Guth.
Körperliches Training auf individuellem Niveau
Professorin Silvia Ulrich, Direktorin der Klinik für Pneumologie des Universitätsspitals Zürich, widmete sich in ihrem Vortrag den Allgemeinmaßnahmen und unterstützenden Therapien bei Lungenhochdruck. Dazu gehören eine Beschränkung der Salz- und der Flüssigkeitsaufnahme, entwässernde Medikamente, bei Bedarf Mittel gegen Bluthochdruck, Eisensubstitution bei niedrigen Werten sowie blutverdünnende Mittel, die bei CTEPH lebenslang angezeigt sind. Nächtliche Sauerstofftherapie verbessert die Belastbarkeit bei Tag. Was Bewegung betrifft, ist die Auffassung, dass PH-Patienten sich unter allen Umständen körperlich schonen müssen, längst überholt. „Überwachtes Training, angepasst an das individuelle Niveau, ist sicher und effektiv, um die Muskeln zu stärken und die Hämodynamik zu verbessern“, betonte Professorin Ulrich.
Messung des Blutflusses – Einblick in die Medizingeschichte
Hämodynamik – das ist der Blutfluss in den Blutgefäßen, der von verschiedenen, sich wechselseitig beeinflussenden Faktoren abhängt, unter anderem Geometrie und Elastizität der Gefäße sowie Volumen und Zusammensetzung des Blutes. Wie sich die Hämodynamik bei pulmonaler Hypertonie messen lässt, erläuterte Professorin Heinrike Wilkens, Pneumologin am Universitätsklinikum des Saarlandes in Homburg/Saar: Trotz verschiedener neuerer Entwicklungen ist die Rechtsherzkatheteruntersuchung nach wie vor unentbehrlich. Dieses invasive, mittlerweile aber sehr sichere Verfahren liefert untersucherunabhängig eindeutige Ergebnisse in Zahlen. Professorin Wilkens gab in ihrem Vortrag auch Einblick in ein spannendes Stück Medizingeschichte, indem sie über die Entwicklung der Rechtsherzkatheteruntersuchung berichtete – beginnend mit dem späteren Nobelpreisträger Werner Forßmann, der 1929 als junger Assistenzarzt die allererste Herzkatheterisierung im nicht ganz ungefährlichen Selbstversuch vornahm.
Workshops und Ehrung
Das PH-Patiententreffen bot neben den Vorträgen zahlreiche Workshops zu verschiedenen Themen von Ernährung über Atemtherapie bis hin zum Reisen mit PH. Auch eine Ehrung stand auf dem Programm: Ralf Lissel erhielt vom ph e. v.-Vorsitzenden Hans-Dieter Kulla eine Urkunde für zehn Jahre Leitung des ph e.v.-Landesverbands Sachsen und ein besonderes Lob für sein nachahmenswertes Engagement.
Herzlichen Dank!
Für die freundliche Förderung des 24. PH-Patiententreffens dankt pulmonale hypertonie e.v. den Firmen AOP Orphan Pharmaceuticals Germany GmbH Ismaning, Janssen-Cilag GmbH Neuss, MSD Sharp & Dohme GmbH München und OMT GmbH & Co. KG Minden. Für die Unterstützung mit Sauerstoff bedankt sich der Verein bei den Firmen Linde Gas Therapeutics GmbH Oberschleißheim, Löwenstein Medical SE & Co. KG Bad Ems, VitalAire GmbH Dortmund und VIVISOL Deutschland GmbH Arnstadt. Ein besonderer Dank gilt Professor Ekkehard Grünig, Leiter des Zentrums für Pulmonale Hypertonie des Universitätsklinikums Heidelberg, der auch 2023 bei der Programmgestaltung mitwirkte.
Sibylle Orgeldinger
www.phev.de