In einem aktuellen Fall hatte sich der Bundesgerichtshof mit der Klage von Berlins ehemaligem Bürgermeister Wowereit auseinanderzusetzen, der auf Unterlassung der Veröffentlichung von Bildern klagte, die am Vorabend des Misstrauensvotums gegen ihn im Berliner Nachtleben entstanden waren und die beispielhaft, so die verklagte BILD-Zeitung, "einen "Absturz in 11,5 Jahren" dokumentieren sollten.
Landgericht und OLG waren uneins, die Revision vor dem BGH erbrachte ein erstaunliches End-Ergebnis: Der Senat befand, dass das Berufungsgericht den zeitgeschichtlichen Kontext der BILD-Berichterstattung nicht ausreichend berücksichtigt und gewürdigt habe. Daher sei an der Veröffentlichung der Bilder juristisch nichts auszusetzen. Interessant ist die Logik der BGH-Entscheidung: Ja natürlich passt ein Bild Wowereits als Party-Gänger am Vorabend eines über die Karriere entscheidenden Ereignisses zur Geschichte, wenn die Geschichte den vermeintlichen Absturz eines Bürgermeisters erzählt. Ein entspannt am Cocktail nippender Bürgermeister ist 100 % stimmig zur Überschrift "Vom Partybürgermeister zum Bruchpiloten!"
Daher sei eine Veröffentlichung des Bildes im Kontext der Gesamt-Story als Dokumentation der Zeitgeschichte durchaus geeignet. Die Fotos verletzen - so der Kern des BGH-Beschlusses - auch keine Persönlichkeitsrechte, da Wowereit durchaus darauf hätte vorbereitet sein können, dass Bilder wie diese zum damaligen Zeitpunkt durchaus im Paparazzi-Fokus gelegen haben könnten. Heißt: Er hätte seine Persönlichkeit, wenn der Schutz wirklich im eigenen Interesse gelegen hätte, weitaus besser wahren können, wenn er zuhause geblieben wäre, statt im Nachgang die Gerichte zu bemühen.
Gerade dieser letzte Aspekt macht das Urteil mit dem Aktenzeichen VI ZR 310/14 noch über die nächsten Jahre zitierfähig, bedeutet es doch nach Meinung der Bundesrichter nichts weniger als: "Selber Schuld wenn dich die Paparazzi genau in dem Lichte treffen, in dem sie dich am liebsten darstellen möchten!" Wer als Promi Fotografen also eine steile Vorlage für sprechende Bilder liefert, der darf sich nach der zweifelhaften Auffassung des BGH nicht wundern, wenn die dankbar angenommen wird. Rechte am eigenen Bild sind dann schwerlich durchzusetzen.
Da mit dem Persönlichkeitsrecht von Wowereit ein Grundrecht betroffen ist, muss der Spruch des Bundesgerichtshofs nicht das letzte Wort bleiben. Angerufen werden können noch das Bundesverfassungsgericht und der europäische Gerichtshof für Menschenrechte
Bundesgerichtshof VI ZR 310/14
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