Das Urteil des Hamburger Landgerichtes wollen beide nicht akzeptieren, schließlich wurde die Veröffentlichung des Gedichtes nur in Teilen erlaubt, und damit auch nicht in Gänze verboten. Folgerichtig hatte Böhmermann schon früh Berufung eingelegt in der Hoffnung, die nächste Instanz möge sich doch etwas intensiver mit der Zulässigkeit des Schmähgedichts als untrennbares Gesamtwerk befassen.
Ähnlich mag es wohl dann – wenn auch verspätet – der türkische Präsident sehen: Auch er legte nun über seinen Anwalt Mustafa Kaplan eine sogenannte Anschlussberufung ein. Wann sich das OLG Hamburg damit befasst ist unklar. Medienrechtsexperten wie der Kölner Rechtsanwalt Dr. Niklas Haberkamm, LL.M. oec., Partner bei LHR – Kanzlei für Marken, Medien, Reputation, sind sich einig, dass es wohl noch dauern wird bis zur Verfahrensansetzung: „Gerade in Hamburg kommt es wegen Überlastung der Gerichte immer wieder zu Verzögerungen.“ Im Ergebnis erwartet der Medienrechtsexperte, dass das erstinstanzliche Urteil keinen Bestand haben wird: „Das Landgericht lag falsch, als es das Schmähgedicht künstlich in zulässige und unzulässige Teile zerlegt hat. Die Beurteilung muss sich auf das gesamte Gedicht und seine Inszenierung als einheitliches Werk beziehen. Meiner klaren Einschätzung nach, ist im ganz konkreten Kontext von einer Zulässigkeit des Gesamtwerks auszugehen.“
Für den Fall, dass das OLG Hamburg das Urteil doch bestätigen sollte, liegt die Hoffnung des Medienanwalts im Bundesgerichtshofs: „Letztlich wird sich mit großer Wahrscheinlichkeit auch der Bundesgerichtshof und dann wahrscheinlich auch noch das Bundesverfassungsgericht mit der Zulässigkeit des Schmähgedichts befassen, so dass wir alle noch lange mit der Causa Böhmermann beschäftigt sein werden.“
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