Zu den gefeierten Stars der Branche zählt Harrell nicht. Wohl auch, weil der Trompeter Harrell ein Meister der Zwischentöne ist, und nie mit seiner Virtuosität prahlt. Vielleicht liegt es aber auch an seiner Krankheit? Harrell leidet an Schizophrenie. Eine Krankheit, die sich nur mit schwersten Psychopharmaka und Nebenwirkungen auf das Nervensystem eindämmen lässt. Aber die Harrell, wie jeder bezeugen kann, der den 62-jährigen Trompeter einmal live erlebt hat, mit großer Bravour meistert. Wenn Harrell nicht in die Trompete bläst, dann steht er scheinbar teilnahmslos mit leerem Blick auf der Bühne und senkt den Blick. Nähert er sich aber wieder dem Mikrofon, wird der Hebel schlagartig umgelegt - ein Schwarm hauchzart intonierter Töne verlässt den Trichter, die sich zu mit beeindruckender Logik geformten Motivketten reihen.
"Tom Harrell ist einer der besten Trompeter aller Zeiten. Jede einzelne Note von ihm klingt, als würde sich das rote Meer auftun" schwärmt Kritiker Chris Miller. Harrell aber gibt sich bescheiden. "Ich spiele nicht für mich alleine, sondern für die Leute. Ich schätze die Live-Atmosphäre. Selbst im Studio stelle ich mir vor, ich würde vor einem richtigen Publikum spielen."
Mittlerweile hat sich Harrell, der als Kind des Hard-Bop-Sounds der 50er-Jahre gilt, neuen Einflüssen geöffnet. Auch Rock- und Latin-Einflüsse und der Sound des elektrischen Fender-Rhodes-Piano sind nun in seiner Musik präsent. "Das Fender Rhodes hat diese unterschiedlichen, wunderschönen Klangfarben", sagt Harrell und verweist in diesem Zusammenhang "auf den historischen Hintergrund" der 1960er- und 1970er-Jahre, als der Jazz sich Rock, Funk und Latin öffnete.
"Es war eine spannende Zeit. Ich lebte damals in San Francisco und die Bay Area war ein Schmelztiegel, in dem verschiedene Musikstile zusammenfanden. Diese Offenheit gefällt mir. Ich sehe meine Musik als Weiterentwicklung dieser Periode", erklärt Harrell. Neben Jobs bei Phil Woods, Woody Hermann, Horace Silver, Bill Evans, Gerry Mulligan und vielen andern Jazzgrößen, spielte Harrell auch in Latin- und Funk-Bands wie Santana, Azteca und Cold Blood. "Ich bin offen für alle Arten von Musik: Brasilianische Musik, Soul oder gar HipHop. Alle Musik hat ihren Wert, so lange sich dich inspiriert, " sagt Harrell.
Tom Harrell
Monntag, 11. Juli 2011, 20.30 Uhr
Eintritt: 20 Euro
20.00 Uhr Jazz-Club, Am Lindener Berg 38
Veranstalter: Jazz Club Hannover e.V.
Kartenvorverkauf: Laporte (Karmarschstr. 30) und im Kartenshop bei Kaufhof
Onlinereservierung: www.jazz-club.de