Wichtigstes Ergebnis: Nahezu jedes zweites Kind (47,4 Prozent) wies zum Zeitpunkt der Untersuchung Auffälligkeiten beim Sprechen auf. Bei 15,9 Prozent der Kinder waren die Defizite sogar so stark ausgeprägt, dass sie sich bereits in logopädischer Behandlung befanden, für weitere 6,3 Prozent der Kinder wurde von den Schulärztinnen eine weitere ärztliche Abklärung empfohlen. Gegenüber den Untersuchungen zum Schuljahr 2012/13 haben sich die leichten Sprachauffälligkeiten, wie zum Beispiel Lispeln oder leichte grammatikalische Fehler, erhöht - von 20 Prozent auf 25,2 Prozent.
Wie schon bei den Schuleingangsuntersuchungen der Vorjahre zeigt sich ein klarer Zusammenhang zwischen dem Bildungsgrad der Eltern und dem Entwicklungsstand der Kinder: So diagnostizieren die Schulärztinnen bei Kindern aus bildungsfernen Elternhäusern deutlich häufiger Defizite oder Förderbedarf bei der Sprachentwicklung (61,5 Prozent) als bei Kindern aus bildungsnahen Familien (35,2 Prozent). Auch in den anderen Untersuchungsschwerpunkten wie Motorik, Verhalten oder Körpergewicht wirkt sich die Bildung im Elternhaus günstig auf die Entwicklung der Kinder aus.
Ebenfalls einen positiven Effekt hat der Besuch des Kindergartens: Je länger ein Kind in einer Einrichtung betreut wird, desto seltener werden Befunde bei der Sprachentwicklung diagnostiziert. Daher ist davon auszugehen, so schlussfolgert der Bericht, dass der Kitabesuch die Entwicklung der Kinder fördern kann, auch weil Erzieherinnen und Erzieher eher Defizite erkennen und dementsprechend gegensteuern können - durch pädagogische Arbeit oder durch Vermittlung in eine Behandlung.
"Die Ergebnisse führen deutlich vor Augen, dass die Gründe für geringere Bildungschancen von Kindern aus benachteiligten Familien oft schon vor der Schule zu suchen sind", sagte Sozial- und Jugenddezernent Erwin Jordan von der Region Hannover. "Wir müssen also unsere Unterstützungsangebote wie unser umfangreiches Sprachförderprogramm vorrangig in den Kitas platzieren, wo auch Kinder mit diesen strukturellen Nachteilen stärker vertreten sind. Wir wollen unsere jugendmedizinische Beratung künftig noch stärker in Kitas, aber auch in soziokulturellen Einrichtungen anbieten und dabei unterstützen, wenn es zum Beispiel um eine Therapieempfehlung geht. Wir müssen früher erkennen, welche Hilfen die Kinder brauchen und diese auch anbieten."
"Oft tragen viele Faktoren dazu bei, dass ein Kind nicht altersgemäß entwickelt ist", sagt Dr. Cornelia Ehrhardt, Leiterin des Teams Sozialpädiatrie und Jugendmedizin der Region Hannover. "Entscheidend ist, dass wir auch bildungsferne Eltern erreichen, ihnen ihre Verantwortung für die Förderung ihrer Kinder deutlich machen und ihr Bewusstsein dafür wecken, dass sich zum Beispiel übermäßiger Medienkonsum und Bewegungsarmut sich nicht nur negativ auf das Sprachvermögen, das Verhalten, die Motorik und das Körpergewicht ihrer Kinder auswirken, sondern die gesamte Persönlichkeitsentwicklung und letztendlich die Bildungschancen beeinträchtigen können."
Der Bericht über die Ergebnisse der Schuleingangsuntersuchungen wird alle zwei Jahre mit unterschiedlichen inhaltlichen Schwerpunkten vorgelegt. "Für diesen Bericht wurden Befunde von 40.000 Kindern aus vier Jahrgängen ausgewertet. Damit können wir gesicherte Aussagen über den Entwicklungsstand der Kinder machen", so Susanne Bantel vom Team Sozialpädiatrie und Jugendmedizin. Somit ermöglicht der Bericht, Leistungsträgern der Jugendhilfe und öffentlichen Verantwortungsträgern Förderbedarfe im eigenen Umfeld zu erkennen, Handlungsstrategien zu entwickeln und Handlungsgrundlagen zu überprüfen. "So können präventive Leistungen und Maßnahmen zur Entwicklungsförderung der Kinder vor Ort angeboten werden", sagt die Gesundheitswissenschaftlerin und Verfasserin des Berichts.
Für das Schuljahr 2013/14 hat das Team Sozialpädiatrie und Jugendmedizin 10.316 Kinder in der Region Hannover untersucht - davon 5.326 Jungs (51,6 Prozent) und 4.990 Mädchen (48,4 Prozent). Die Untersuchungen werden von 24 Teams aus Ärztinnen und Assistentinnen an 13 Standorten in der Region Hannover durchgeführt. Die detaillierten Ergebnisse werden auf Wunsch den regionsangehörigen Städten und Gemeinden vorgestellt und stehen auf www.hannover.de zum Download bereit.